Verband nehme "ausschließlich Interessen" der ProSiebenSat.1 Puls 4-Gruppe wahr.
ATV tritt aus dem Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) aus. Dies erfolge "mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund", wie es in einem offenen Brief an den VÖP heißt. Konkret werden "gravierende Missstände und Unvereinbarkeiten" beklagt, die "trotz massiver Urgenz unsererseits nicht beseitigt" worden seien.
ATV-Chef Martin Gastinger sieht den VÖP "immer mehr von seinem Zweck entfernt, Privatfernsehen aus Österreich zu unterstützen", wie er in einer Stellungnahme gegenüber der APA festhält. "Weil wir uns vom Verband nicht mehr vertreten fühlen, ziehen wir die Konsequenz und treten aus." Aus seiner Sicht verliere der VÖP "seine Existenzberechtigung, wenn er die Interessen der österreichischen Privatsender gegenüber der Politik nicht vertritt".
Im Austrittsschreiben beanstandet ATV, dass der VÖP "offenkundig ausschließlich die Interessen" der ProSiebenSat.1 Puls 4-Gruppe vertrete. Konkret habe sich dies hinsichtlich der Forderung nach einer gesetzlichen, plattformunabhängigen Must-Carry-Regelung gezeigt. Der Privatsenderverband habe sich für eine entsprechende Gesetzesnovelle, "die sämtlichen privaten Rundfunkveranstaltern zugutegekommen wäre und damit dem Vereinszweck entsprochen hätte", unter anderem auf Drängen der Puls 4-Sendergruppe nicht eingesetzt.
Schwelender Konflikt
Der Konflikt zwischen ATV und VÖP hat sich bereits im Vorjahr abgezeichnet, als Gastinger das Fehlen des Themas Must Carry in der vom Privatsenderverband präsentierten "Agenda 2014" heftig kritisierte. Schon damals hatte ATV-Eigentümer Herbert Kloiber einen möglichen Austritt seines Senders aus dem Verband in Aussicht gestellt. Zuletzt habe sich die Vereinstätigkeit "auf mediale Auseinandersetzungen mit dem ORF reduziert", wird nun nachgelegt. Der letzte Jour-Fixe zwischen VÖP und der Medienbehörde RTR sei etwa "für die Puls 4-Beschwerde bei der KommAustria missbraucht" worden, die den Erwerb der UEFA Champions League-Rechte durch den ORF zum Inhalt hat.
Die "tendenziöse Haltung" des VÖP äußerte sich außerdem in dessen Personalpolitik, da ein Mitarbeiter Gutachten für die ProSiebenSat.1 Puls 4-Gruppe erstellt habe und ein "anwaltlicher Vertreter des VÖP für TV Belange zugleich deren Vertreter" sei, was für ATV einen Interessenskonflikt darstelle. Der Verband sei aber nicht bereit, "seinen derzeit eingeschlagenen Weg zu korrigieren".
VÖP: Austritt "bedauerlich"
Corinna Drumm, Geschäftsführerin des Verbands Österreichischer Privatsender (VÖP), bezeichnete den Ausstieg von ATV aus dem Verband als "bedauerlich". "Es ist immer schade, wenn ein Mitglied nicht mehr dabei sein möchte", erklärte sie. "Wir werden uns in unserer nächsten Vorstandssitzung ernsthaft mit diesem Thema auseinandersetzen." Auf die konkreten Vorwürfe wollte sie nicht eingehen.
"Wir werden ATV natürlich antworten, aber nicht in einer öffentlichen Form via Aussendung", hielt Drumm fest. "Wie in unserem Verband üblich, machen wir das in direktem Kontakt." Schließlich mache es "wenig Sinn", die offenbar "unterschiedlichen Sichtweisen" über Presseaussendungen oder Stellungnahmen in Medien ausdiskutieren zu wollen. "Das ist nicht zielführend und es lässt sich dadurch keinerlei Differenz beseitigen."