Die deutsche Bundesregierung und die deutschen Bundesländer mit Opel-Standorten gehen mit einer klaren Präferenz für den österreichisch-kanadischen Zulieferer Magna in die Übernahmeverhandlungen für den angeschlagenen Autobauer Opel. Das bekräftigte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm kurz vor einem Treffen mit Vertretern des Opel-Mutterkonzerns General Motors (GM) im Berliner Kanzleramt.
Die Einschätzung habe sich in einer ersten Bewertung der drei eingereichten Übernahmeangebote für Opel weiter verfestigt. Auch die Länder sprachen sich für Magna aus.
Am Montag (20. Juli) war eine Frist abgelaufen, bis zu der Opel-Interessenten unterschriftsreife Vertragsentwürfe bei GM einreichen konnten. Im Rennen sind neben Magna der Finanzinvestor RHJ International mit Sitz in Belgien und der chinesische Hersteller BAIC. Magna und RHJI gelten als Favoriten.
Auch der US-Konzern will nach eigenen Angaben bei dem Treffen im Kanzleramt seine Präferenz bekanntgeben. Gerüchten zufolge tendiert GM eher zum Finanzinvestor RHJ. Hier scheinen für die Detroiter in fünf Jahren die Möglichkeiten eines Rückkaufes besser zu sein.
Wilhelm betonte, dass man nur mit einer gemeinsamen Einschätzung zum Erfolg kommen könne. Verkäufer von Opel sei GM, bekräftigte er. Jedoch könne ein Verkauf "nicht tragfähig" gelingen, wenn GM sich nicht einig sei mit den europäischen Regierungen. "Wir werden uns hier miteinander verständigen müssen", sagte Wilhelm. Er sprach von "möglicherweise kontroversen Verhandlungen", die noch anstehen. Alle drei Opel-Interessenten kalkulieren in ihren Konzepten mit Staatshilfen.
Wie Wilhelm sagte, soll es bei dem Gespräch im Kanzleramt einen ersten Austausch über die vorliegenden Angebote geben. Das Ziel bestehe darin, im Verlauf der nächsten Woche zu einer gemeinsamen Einschätzung und einer gemeinsamen Empfehlung zum weiteren Vorgehen zu kommen.
Vertrag soll im Sommer unterzeichnet werden
Laut Wilhelm will GM in der kommenden Woche auch seine Gremien mit dem Thema Opel befassen. Hier ist die US-Regierung als Großaktionär vertreten. Der Vertrag mit einem Opel-Käufer solle im Sommer unterzeichnet werden. Der formale Vertragsabschluss folge dann endgültig im Herbst, sagte der Regierungssprecher.
Wilhelm nannte noch einmal die zentralen Kriterien der deutschen Bundesregierung: Der Käufer müsse ein nachhaltiges und tragfähiges Konzept haben. Dabei spiele auch die Höhe und die Risiken für den Einsatz der staatlichen Mittel eine Rolle.
Der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Hendrik Hering (SPD) erklärte, die vier Bundesländer mit Opel-Standorten hätten sich eindeutig für Magna entschieden. Die Opel-Übernahme müsse zügig mit Magna zu Ende verhandelt werden, um klare Zielvorgaben zu erhalten und die Verunsicherung der Belegschaft zu beenden. "Magna hat ein strategisches Konzept, eigenes Management und mit seinen Partnern die Perspektive des Wachstumsmarktes Russland", sagte Hering. Auch der Opel-Betriebsrat hat sich für ein Zusammengehen mit Magna ausgesprochen.
Bis Ende der Woche sollen die Verträge dem Opel-Aufsichtsrat sowie den Regierungen der anderen europäischen Länder mit Opel-Standorten vorgestellt werden.
Länder gegen Magna-Förderungen für Russland
Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) verwies auf die Forderung von vier deutschen Bundesländern, wonach die austrokanadische Magna beim Bieterkampf um Opel an zwei Punkten nachbessern müsse: So müsse Magna sicherstellen, dass - abgesehen von einer GM-Fabrik in Sankt Petersburg - kein Geld von Opel nach Russland abfließt. Zum anderen müsse die Opel-Konzernmutter GM klarstellen, dass Opel künftig eigene Produkte in Europa entwickeln und auf GM-Technik verzichten dürfe, ohne dass dafür Strafzahlungen an General Motors fällig werden.
Magna veröffentlichte Einzelheiten seines Angebots. Demnach will Magna gemeinsam mit dem russischen Partner Sberbank 55 Prozent der Adam Opel GmbH erwerben und "im Laufe der Zeit" insgesamt 500 Mio. Euro investieren. 35 Prozent an Opel sollen bei General Motors bleiben, zehn Prozent sollen an die Opel-Mitarbeiter gehen.
Merkel stellt sich hinter Magna
Im Bieterkampf um Opel gibt die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel dem Konzept des Autozulieferers Magna die größten Erfolgsaussichten. Die am Mittwoch (22. Juli) begonnenen Gespräche mit dem früheren Opel-Mutterkonzern GM würden voraussichtlich noch einige Tage dauern. Deshalb könne noch nicht gesagt werden, wann und wie die Entscheidung fallen werde. "Aber wir haben zu erkennen gegeben, dass wir das Magna-Konzept, bei allen Fragen die sich sicherlich auch noch stellen, doch als ein tragfähiges ansehen", sagte Merkel im schleswig-holsteinischen Trappenkamp.
Zuvor hatten bereits die vier Bundesländer mit Opel-Standorten bekräftigt, dass sie Magna vorziehen. Der austrokanadische Zulieferer will Opel zusammen mit Partnern übernehmen und den russischen Markt erobern. GM liebäugelt dagegen mit dem belgischen Finanzinvestor RHJ. Von dem könnte der angeschlagene US-Konzern seine ehemalige Tochter in einigen Jahren saniert wieder zurückkaufen.
GM wollte am Nachmittag in Berlin der Bundesregierung die nachgebesserten Angebote von Magna, RHJ und dem chinesischen Autobauer BAIC präsentieren. Ziel der Regierung ist es, in den Gesprächen mit General Motors zu einer gemeinsamen Empfehlung zu kommen. Dies soll möglichst nächste Woche geschehen.