300 neue Züge

Deutsche Bahn vergibt Milliarden-Auftrag

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Die neuen Siemens-Züge sollen die Deutsche Bahn wetterfest machen.

Die Deutsche Bahn will ihre Fernflotte mit bis zu 300 neuen Siemens-Zügen nahezu komplett erneuern und damit auch ihre Expansion ins Ausland vorantreiben. Zugleich sollen die Triebzüge nun gegen extreme Witterung wie Eis, Hitze und Platzregen gewappnet sein. Die Deutsche Bahn verabschiedet sich aber vom Wettlauf um immer höhere Geschwindigkeiten: Die 130 Fahrzeuge der ersten Tranche sollen maximal Tempo 230 fahren, wie Bahn-Papiere zeigen. Die jetzigen ICE-3 erreichen über 300 Kilometer pro Stunde, was wegen des immensen Energieverbrauchs kaum wirtschaftlich ist. Zudem bringt die Spitzengeschwindigkeit wegen Bahnhofshalten oder Baustellen kaum Reisezeitgewinn.

Erst in fünf Jahren auf Schiene
Bahnkunden werden die neuen ICx-Züge wegen der kompletten Neukonstruktion allerdings erst in fünf Jahren testen können. Ende 2016 sollen sie in den regulären Einsatz kommen. Die Lücke wird ab 2013 zunächst durch Doppelstock-Züge gefüllt werden, die bisher nur im Regionalverkehr unterwegs waren. Die Wagen werden aufgerüstet und auf IC-Strecken eingesetzt.

Äußere Ähnlichkeit mit bisherigen ICE-Zügen
Rein äußerlich werden die ICx den bisherigen ICE-3 stark ähneln und auch weiter weiß mit rotem Band lackiert sein. ICx werde sie jedoch nicht heißen, die Bahn denkt noch über einen neuen Namen nach.

Bahn verspricht mehr Komfort für Fahrgäste
Insgesamt werden die Züge den Unterlagen zufolge bis zu 200.000 Sitzplätze mit hohem Komfort und größerer Kniefreiheit als im ICE-3 bieten. Sonderbereiche soll es für die Familien, Behinderte und Fahrräder geben. Größere Bordrestaurants und Info-Schirme sind ebenfalls vorgesehen. Für ältere Menschen soll vor allem der Einstieg mit einem neuen Türsystem erleichtert werden.

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Größter Auftrag in der Bahngeschichte
Der Zugauftrag ist der größte in der Geschichte der Deutschen Bahn und wird ein Volumen nach Angaben aus dem Umfeld des Aufsichtsrats von deutlich über sechs Mrd. Euro haben. Die Verhandlungen mit Siemens hatten sich über ein Jahr hingezogen, vor allem weil sich die Bahn gegen technische Pannen absichern wollte, die das Unternehmen in vergangenen Jahren immer wieder Negativ-Schlagzeilen eingebracht hatten. Der Vertrag soll im Mai unterzeichnet werden und in der Bahnindustrie auf Jahrzehnte Arbeitsplätze sichern, etwa im Siemens-Werk Krefeld aber auch in Hennigsdorf bei Berlin. Dort produziert der kanadische Bombardier-Konzern, der etwa ein Drittel des Zuges zuliefern soll.

Bahn fordert umfassende Herstellergarantie
Nach den Erfahrungen mit störanfälligen Neu-Zügen sichert sich die Bahn nun umfassend bei den Herstellern ab: Eine Anzahlung für die Züge gibt es nicht, Siemens muss die Entwicklung also vorfinanzieren. Erst bei Bereitstellung eines Zuges sind 60 Prozent des Kaufpreises fällig. Für die Achsen garantiert Siemens eine Laufleistung von vier Millionen Kilometern. Bei Riss oder Bruch muss Siemens beweisen, dass die Bahn verantwortlich ist. Ultraschall-Untersuchungen sollen alle 240.000 Kilometer ausreichen. Derzeit werden sie zehnmal so häufig geprüft.

Besondere Wetterfestigkeit, umfangreiche Testfahrten
Besonderen Wert legte die Bahn offenkundig auch auf die Wetterfestigkeit der Züge: Schneestürme und Platzregen sollen den Zug ebenso wenig stören wie Hitze. Die Klimaanlagen, die im Sommer 2010 reihenweise versagten, sollen bis 40 Grad einwandfrei arbeiten und auch bei 45 Grad ihren Dienst noch nicht quittieren. Auch bei den Toiletten wurden detaillierte Vorgaben gemacht, um das häufige Versagen in Zukunft auszuschließen. Zwei Monate lang sollen zwei Triebzüge ohne Fahrgäste und ein Jahr mit Passagieren getestet werden, bevor die Serienproduktion beginnt.

Ersatz für 40 Jahre alte IC-Flotte und ICE der ersten beiden Generationen
Zunächst sollen die teils über 40 Jahre alten IC bis 2020 ersetzt, dann in einer Tranche von 90 Zügen die ICE-1 und ICE-2. Bis 2025 wird dies abgeschlossen sein. Auch hier sollen die ICx nicht mehr als 250 Stundenkilometer fahren. Als letztes könnten im Rahmen des Vertrags die neueren ICE-3 von 80 sogenannten ICx verdrängt werden.

Einsatz auch in Österreich geplant
Bereits die IC-Nachfolger sollen in Österreich, der Schweiz und den Niederlanden fahren können. Die Züge der zweiten Tranche können auch für Frankreich, Italien, Polen und Tschechien eingesetzt werden. Bisher können diese Länder aus technischen Gründen von Konkurrenzbahnen anderer Länder nur eingeschränkt befahren werden.

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