Das deutsche Bundeskartellamt hat einem Zeitungsbericht zufolge gegen die Deutsche Telekom ein Verfahren wegen des Verdachts auf Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung eingeleitet. Nach Informationen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" soll der Bonner Konzern ein wichtiges DSL-Vorleistungsprodukt unter den tatsächlichen Kosten anbieten, um sich Vorteile bei seinen Großkunden zu verschaffen. Die Behörde frage nun zunächst in der Branche Preise und andere Marktdaten ab.
Mehrere Wettbewerber der Telekom hatten sich zuvor bei der Bundesnetzagentur und dem Kartellamt über die Preisgestaltung des Konzerns beschwert. Sollten sich die Vorwürfe erhärten, könnte das Kartellamt ein Bußgeld gegen die Telekom verhängen, hieß es. Ein Konzernsprecher wies die Beschuldigungen zurück. Der Wettbewerb sei durch die Preisgestaltung der Telekom nicht beeinträchtigt.
Hintergrund des Verfahrens ist der harte Kampf um Marktanteile zwischen der Telekom und Konkurrenten wie Telefonica, Vodafone oder QSC, die ihre Netze ebenfalls an Großkunden ohne eigene Infrastruktur vermieten.
EU-Richter kippen Ausnahme
Schwere Schlappe für die deutsche Regierung und die Deutsche Telekom vor Europas höchstem Gericht: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat den zeitweisen Schutz der Telekom beim Aufbau eines schnelleren Datennetzes vor anderen Konkurrenten gekippt (Rechtssache C-424/07).
Der Bund ist größter Anteilseigner an dem Ex-Monopolisten. Nach Firmenangaben kostet der Ausbau der "Datenautobahn" in den kommenden zehn bis 15 Jahren bis zu 50 Mrd. Euro. Für die Verbraucher ändert sich zunächst dennoch nichts beim Angebot für schnelle Internetzugänge.
Der EuGH kann Deutschland nicht zu direkten Änderungen an nationalen Gesetzen zwingen. Sollte Deutschland jedoch nicht auf das Urteil reagieren, kann die EU-Kommission erneut Klage erheben. Am Ende eines zweiten Prozesses drohen Deutschland horrende Straf- oder Zwangsgelder in Millionenhöhe.
Die EU-Kommission hatte 2007 in Luxemburg vor dem EuGH gegen diese sogenannten Regulierungsferien im Telekommunikationsgesetz (TKG) geklagt. Die Richter gaben den europäischen Wettbewerbshütern nun Recht. Das von der Bundesregierung geänderte TKG schränke den deutschen Wettbewerbshüter, die Bundesnetzagentur, bei der Aufsicht über den neuen Markt ein. Das sei unzulässig.
Kein Öffnungs-Zwang
In ihrer Begründung stellten die Richter weiter fest, die seit Februar 2007 gültige Gesetzesänderungen schreiben der Bundesnetzagentur vor, den Breitbandsektor grundsätzlich erst einmal nicht zu regulieren. Die Deutsche Telekom kann also nicht gezwungen werden, ihre Netze für die Konkurrenz zu öffnen.
Einen solchen "Grundsatz der Nichtregulierung" sehe die entsprechende EU-Rahmenrichtlinie aber nicht vor. Diese Richtlinie gilt in allen 27 EU-Staaten und schreibt fest, dass die Aufsicht in den Händen nationaler Regulierungsbehörden liegt und nicht beim Gesetzgeber.
Außerdem schreibe das TKG der Bundesnetzagentur vor, bei ihren Entscheidungen in erster Linie die Förderung von Investitionen und Innovationen in die Infrastruktur zu berücksichtigen. Das Ziel, Verbrauchern größtmögliche Vorteile in Bezug auf Auswahl, Preise und Qualität erhalten, trete so in den Hintergrund, bemängelten die Richter. Damit nehme das TKG eine Abwägung dieser Ziele vor - das stehe der Regulierungsbehörde aber nach den EU-Richtlinien zu.