Microsoft spielt den Windows-Trumpf aus

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Der weltgrößte Softwarekonzern bringt am 22. 10. eine Neuauflage seines Betriebssystems Windows in den Handel. Mit "Windows 7" will der Branchenriese - trotz der aktuellen Wirtschaftskrise und zurückhaltender Investitionsbereitschaft - wieder auf den bisherigen Erfolgskurs einschwenken. Im vergangen Geschäftsjahr wurde erstmals seit dem Börsengang 1986 ein Minus beim Umsatz verbucht.

Wie wichtig dabei der Bereich Betriebssysteme ist, zeigen die Bilanzen: Windows und Co. machen rund ein Drittel des Umsatzes und mehr als die Hälfte des Gewinns von Microsoft aus. Nach dem eher mäßigen Abschneiden des Vorgängers "Vista" und dem Eingeständnis von Fehlern soll nun der nächste Anlauf genommen werden, die immer noch große - vor allem Linux- und Apple-Anhänger meinen zu große - Marktmacht abzusichern.

Erfolg oder Misserfolg schlagen auch direkt auf die heimische Niederlassung durch: Hier dürften laut Branchenkennern ebenfalls rund 70 der kolportierten 200 Mio. Euro Umsatz auf Windows entfallen.

Die österreichischen Microsoft-Führungskräfte geben sich jedenfalls optimistisch. "Ich erwarte, dass in den kommenden drei Jahren etwa zwei Drittel der heimischen Betriebe auf Windows 7 wechseln", so Robert Lampl, zuständig für die Geschäftsbereiche Online Services und Windows bei Microsoft Österreich.

Weltweit würden mehr als 80 Prozent der IT-Entscheider in Unternehmen planen, innerhalb von 36 Monaten auf die neue Plattform umzusteigen. Zwar halte die Nachfrage nach Windows XP - dem Vorgänger von Vista - noch an, er gehe aber davon aus, "dass wir die Kurve zu Windows 7 schnell kriegen".

Deutlich höhere Kompatibilität erwartet

Mit Windows Vista hatte der Softwareriese zwar gravierende Änderungen in der Systemarchitektur vorgenommen, etliche Programme oder externe Geräte wie Drucker liefen aber zunächst nicht auf dem neuen System. "Mehr als 99 Prozent werden funktionieren", gab sich Lampl überzeugt, dieses Mal eine deutlich höhere Kompatibilität zu erreichen. Die Analysten von IDC schätzen jedenfalls, dass bis Ende 2010 weltweit rund 177 Mio. Lizenzen von Windows 7 verkauft werden.

Man habe aus der Einführung von Vista gelernt und die Partnerunternehmen früher eingebunden. Diese seien nun ungleich aktiver und würden an einen deutlichen Impuls für die Branche glauben. Die PC-Hersteller hätten auch einige Modelle für den Windows 7-Start zurückgehalten, so Nicolas Sorger, Leiter des OEM Geschäftsbereichs. "Da werden wir noch einiges zu sehen bekommen", verwies Sorger auf neue, sehr dünne Notebooks oder Geräte mit Touchscreen.

Hierzulande dürfte laut Expertenschätzung auf 80 bis 90 Prozent der PCs das Microsoft-Betriebssystem installiert sein. Der Apple-Marktanteil liegt laut Lampl konstant im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Das Unternehmen ist erst vor wenigen Tagen mit seinem neuen Betriebssystem Mac OS X "Snow Leopard" gestartet.

Windows 7 soll "Standard für Netbooks" werden

Auch bei Netbooks, ein relativ neues Gerätesegment, will Microsoft weiter zulegen. Nachdem anfangs jedes zweite abgespeckte Mini-Notebook mit dem frei verfügbaren Betriebssystem Linux ausgestattet gewesen sei, betrage der Microsoft-Marktanteil derzeit zwischen 80 und 90 Prozent - weltweit wie auch in Österreich, so Robert Lampl, zuständig für die Geschäftsbereiche Online Services und Windows bei Microsoft Österreich. Dazu beigetragen haben dürften die Partnerschaften mit Mobilfunkbetreibern, Stichwort "Null-Euro-Netbook".

Welche Auswirkungen der Start von "Chrome OS", dem Betriebssystem für Netbooks von Internetprimus Google, haben könnte, sei "nicht vorhersagbar". Bis jetzt habe es "nur große Ankündigungen gegeben", sagte Lampl. Er ist überzeugt, dass "Windows 7 sehr schnell das Standard-Betriebssystem für Netbooks wird". Generell bestehe weiterhin eine hohe Nachfrage nach Mini-Notebooks, die Wachstumsraten hätten sich aber eingebremst. Vor wenigen Tagen kündigte Nokia an, in den heiß umkämpften Markt einzusteigen.

Die aktuelle "Piraterierate" - also der Anteil an Raubkopien - soll sich bei Windows-Betriebssystemen in Österreich dem Vernehmen nach "im sehr niedrigen zweistelligen Bereich" bewegen. Große Unterschiede zwischen den Privat- und den Geschäftskunden gebe es dabei nicht. Der Anteil bewege sich aber durch Aufklärungskampagnen, die Online-Aktivierung und Zusatzangebote bei Verwendung von Originalsoftware "ständig nach unten".

Internet Explorer bleibt an Bord

Im Streit mit der Europäischen Kommission sei der aktuelle Status, dass Windows 7 zwar mit dem Internet Explorer ausgeliefert werde, allerdings hätten die Nutzer die Wahlmöglichkeit, welchen Browser sie benützen. Der Explorer sei standardmäßig installiert, aber beim ersten Öffnen des Programms gebe es ein Auswahlmenü, das es erlaubt, andere Programme zum Betrachten von Webseiten zu installieren.

Zuvor hatte Microsoft angekündigt, Windows 7 ohne Browser auszuliefern. Die Kommission erklärte daraufhin, dass ihr daran gelegen sei, dem Konsumenten mehr Auswahl zu bieten und nicht, dass Windows ganz ohne Browser ausgeliefert wird.

Microsoft bietet das neue Betriebssystem in mehreren Ausführungen an, die sich im Funktionsumfang unterscheiden. Die vor allem für private Zwecke gedachte Version "Home Premium" kostet zur Einführung 119,99 Euro, die Professional-Version ist ab 285 Euro zu haben. Wer alle Möglichkeiten des Systems ausschöpfen will, zahlt für die Version Ultimate 299 Euro. Der "Family Pack" umfasst drei Lizenzen für einen Haushalt um 149,90.

Das Interesse am neuen Betriebssystem scheint jedenfalls groß: Mehrere Millionen Menschen haben an der Testphase von Windows 7 teilgenommen. Das Urteil vieler Nutzer zeigt, dass es wenig Revolutionäres gibt, aber einige Verbesserungen das Arbeiten am PC erleichtern. Genannt werden etwa ein schnellerer Start, geringerer Ressourcenverbrauch oder Erleichterungen bei der Einrichtung eines Heimnetzwerks. Auch die Anzahl der Warnhinweise soll sich vermindert haben.

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