Smartphones und Mini-Computer bedrohen Kindle & Co

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Der Kindle bekommt Konkurrenz: Auf der Consumer Electronics Show versuchen etliche Hersteller, mit Lesegeräten für digitale Bücher gegen Amazons Verkaufsschlager zu punkten. Doch der Boom der E-Reader könnte bald vorbei sein. Ein Schwung neuer Alleskönner soll nicht nur Bücher und Zeitungen, sondern auch Filme, Websites und Spiele auf die Displays bringen. Sobald die Hardware-Preise auf ein Massenmarkt-taugliches Niveau sinken, könnten Kindle und Co. den Kürzeren ziehen.

Derzeit ist keine der Gattungen vom Aussterben bedroht - im Gegenteil. Zur Gadget-Parade CES präsentieren die Hersteller mehr Varianten denn je. Lesegeräte gibt es jetzt in Taschenbuchgröße oder Magazinformat, in Schwarz-Weiß oder Farbe, mit Tastatur und Touch-Display oder ganz schlicht. Neben Spezialisten aus der Nische haben auch längst die großen Konzerne das Geschäft entdeckt. Samsung etwa zeigte zwei Reader, mit denen Nutzer direkt auf Googles gigantische digitale Bibliothek zugreifen können.

Doch die Hersteller werfen auch immer mehr Lifestyle-Objekte auf die Markt, die ebenso handlich sind wie E-Reader, aber deutlich mehr können. "Die Lücke zwischen klassischen Handys und klassischen Computern wird über die nächsten Jahre mit einer riesigen Anzahl neuer Geräte gefüllt", sagt Rüdiger Spies, Analyst beim Marktforscher IDC. Besonders die Tablet-Computer verzücken Technik-Fans: Flache Flundern, die ähnlich wie Multimedia-Handys per Fingerzeig auf dem berührungsempfindlichen Bildschirm gesteuert werden. Mit ihnen kann man im Internet surfen, Filme gucken, spielen - oder bequem lesen.

In der Spielerstadt Las Vegas übertreffen sich die Aussteller mit derartigen Spielereien. Microsoft-Chef Steve Ballmer machte mit einem Windows-7-Rechner von HP den Auftakt. LG Electronics und Dell zeigten Hybrid-Geräte, deren Form modernen Smartphones ähnelt, die aber mit 13 cm Bildschirm-Diagonale deutlich mehr Platz bieten.

Wer auf dem iPhone Nachrichten liest - und das tun viele Apple-Jünger - wird das sicher komfortabel finden. Das wohl am meisten erwartete Gerät aus diesem Segment gibt es offiziell noch gar nicht: Sollte Apple - wie hartnäckig kolportiert - Ende Jänner seinen Tablet-Computer vorstellen, könnten die treuen Fans des Konzerns dafür sorgen, dass die Gattung endgültig die digitale Welt erobert.

Ein Ersatz für die Lesegeräte sind die Tablets - noch - nicht. Dank sparsamer Technologie hält der Akku der E-Reader tagelang. Die elektronische Tinte unterscheidet sich nur wenig vom bedruckten Papier und schont somit das Auge. Und zumindest die Einstiegsmodelle sind mit 250 bis 300 Euro deutlich billiger.

Doch die Nachteile der Sofa-Surfbretter schrumpfen im Takt der Ghz-Prozessoren. Im Vergleich zu früheren Versionen hat die neue Tablet-Generation ein starkes Rechen-Herz und kinderleicht bedienbare Touch-Displays. Und dank Breitband-Internet laden die Nutzer binnen Sekunden Bücher und Filme herunter. Mit den Preisen halten sich die Hersteller noch zurück. "Aber die Hardware wird kontinuierlich billiger", sagt der Medienberater Joachim Blum.

E-Reader sind ein "vorübergehendes Phänomen"

Blum sieht Kindle, Txtr und Co. daher in der Nische feststecken: "In einer Übergangszeit wird es noch reine Lesegeräte geben. Ich glaube aber, dass sie langfristig mit anderen Geräten verschmelzen." Nur als Billigteil für Lesepuristen werde der reine E-Reader noch eine Zukunft haben.

Den Kompaktcomputern gehöre die Zukunft. Rüdiger Spies pflichtet bei: "E-Reader in der heutigen Form sind ein vorübergehendes Phänomen, wie früher die PDAs." Die digitalen Assistenten waren in den 90er Jahren höchst populär - bis die Handys ihre Funktion übernahmen und den Markt pulverisierten. Allenfalls als billiges Einstiegsgerät könnten die E-Reader in ein paar Jahren noch attraktiv sein. Die Gerätehersteller sehen das naturgemäß anders. Sie führen nicht nur den niedrigeren Preis, sondern auch ein angenehmeres Lesegefühl ins Feld.

Zwei große Gewinner dieser Entwicklung zeichnen sich jetzt schon ab: Apple und Amazon. Apple, inzwischen der weltgrößte Musikverkäufer, hat mit mit seinem iTunes Store eine boomende Vertriebsplattform für digitale Inhalte. Und Amazon bemüht sich, seinen großen Bücherfundus auch auf anderen Geräten als dem Kindle anzubieten - etwa mit spezieller Software für PC und iPhone. Sollten Lesegeräte einmal verschwinden - der Handelsriese würde es, anders als die reinen Hardware-Anbieter, locker verschmerzen.

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