Mit Informationsaustausch will man Steuerschlupflöcher leichter feststellen.
Die EU-Kommission drückt nach den Enthüllungen über Steuerprivilegien für große Unternehmen in zahlreichen Staaten (Lux Leaks) beim Kampf gegen Steuervermeidung aufs Tempo. Am Mittwoch präsentierte der Vizepräsident der Kommission Valdis Dombrovskis ein Paket von Vorschlägen, das auch einen automatischen Informationsaustausch (AIA) über Steuervorbescheide enthält.
Dombrovskis erklärte, jeder müsse seinen gerechten Anteil an Steuern zahlen. Dies gelte für multinationale Unternehmen ebenso wie für jeden anderen Steuerzahler. Mit dem AIA "sollen die Steuerbehörden Steuerschlupflöcher oder eine doppelte Steuererhebung in den EU-Staaten leichter feststellen können." Konkrete Maßnahmen sollen in den kommenden Monaten folgen. Das Steuertransparenz-Paket werde an das EU-Parlament weitergeleitet, der Rat sollte bis Ende 2015 eine Einigung erzielen, damit die Bestimmungen Anfang 2016 in Kraft treten können.
EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici sagte, Unternehmen, die ihren gerechten Anteil an Steuern nicht zahlten, und "Steuerregelungen, die ihnen dies ermöglichen, werden wir nicht länger tolerieren". Die EU-Länder müssten deshalb "offener miteinander umgehen und zusammenarbeiten".
Die EU-Staaten tauschen derzeit nur in sehr begrenztem Umfang Informationen über Steuervorbescheide aus. Jedes Land entscheidet nach eigenem Ermessen, ob ein Steuervorbescheid von Belang ist. Da andere Staaten davon oft nichts wüssten, machten sich manche Unternehmen diesen Mangel an Transparenz zunutze, um ihren Steueranteil zu kürzen. Die EU-Kommission schlägt vor, den Ermessens- und Auslegungsspielraum hier zu beseitigen. Alle Staaten sollen verpflichtet werden, Informationen über ihre Steuervorbescheide systematisch auszutauschen. Dabei sind auch feste Zeitvorgaben geplant: Alle drei Monate sollen die nationalen Steuerbehörden den anderen Ländern einen Kurzbericht über alle von ihnen erteilten Steuervorbescheide mit grenzübergreifender Wirkung übermitteln, heißt es in dem Vorschlag der Brüsseler Behörde.
Außerdem ist eine Prüfung allfälliger neuer Transparenzanforderungen an multinationale Unternehmen geplant. Dabei schränkt die Kommission aber ein, dass die Vorteile und Risiken einer solchen Initiative auch sorgfältig abgewogen werden müssten. Darüber hinaus soll eine Reform des Verhaltenskodex für die Unternehmerbesteuerung stattfinden. Laut dem Kodex müssen die Länder schädliche Steuermaßnahmen aufheben. Allerdings habe der Kodex in den vergangenen Jahren an Wirksamkeit eingebüßt, weil seine Kriterien für schädliche Steuerregelungen "ausgefeiltere Formen missbräuchlicher Steuergestaltung auf Unternehmensebene nicht erfassen".
Schließlich geht es um die Quantifizierung des Ausmaßes von Steuerhinterziehung und Steuervermeidung. Die Kommission schlägt dann auch die Aufhebung der Zinsbesteuerungsrichtlinie vor, da ihre Bestimmungen inzwischen in weiterreichenden EU-Vorschriften aufgegangen seien, die einen umfassenden automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten, einschließlich Einkünften aus Sparguthaben, vorschreiben. Damit werde ein einheitlicher Rahen für den AIA von Finanzinformationen geschaffen, mit dem Rechtsunsicherheit und zusätzlicher Aufwand für Steuerbehörden und Unternehmen vermieden würden, betont die Kommission.
Noch vor dem Sommer plant die Brüsseler Behörde die Vorlage eines Aktionsplans zur Unternehmensbesteuerung. Dabei werde auch eine gemeinsame konsolidierte Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage überlegt.