Trotz erster Aufschwungsignale in der Euro-Zone wird die EZB voraussichtlich an ihrem historisch niedrigen Leitzins festhalten.
Experten rechnen damit, dass die Währungshüter den Schlüsselzins am 8.10. bei ihrer auswärtigen Sitzung in Venedig bei 1,0 % belassen werden. Einige Fachleute erhoffen sich allerdings erste Hinweise darauf, wann die EZB damit beginnen wird, ihre Politik des billigen Geldes ein wenig zurückzufahren.
Die Zentralbanker in Frankfurt dürften mit Interesse verfolgt haben, dass der Dienstleistungssektor in der Euro-Zone seine Schrumpfkur offenbar beendet und die rezessionsgeplagte Industrie wieder Wachstum vor Augen hat. "Das weckt Hoffnungen, dass wir einen selbsttragenden Aufschwung sehen", sagt der Volkswirt des Londoner Umfrageinstituts Markit, Chris Williamson. Der niederländische Notenbankchef Nout Wellink ist allerdings skeptischer und erwartet, dass die Konjunktur erst im zweiten Halbjahr 2010 richtig anspringen wird.
Auch EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hat zuletzt betont, dass der Weg aus der Krise holprig ausfallen könnte. Bundesbankchef Axel Weber rechnet dabei auch mit Rückschlägen bei der Bewältigung der Finanzkrise. Analysten erwarten daher, dass die EZB auf Nummer sicher geht und erst im Sommer 2010 an der Zinsschraube drehen wird: Dann steht nach Expertenansicht eine Erhöhung auf 1,25 % an. Ende kommenden Jahres dürfte ein weiterer Trippelschritt auf 1,5 % folgen.
Zugleich halten es Ökonomen für wahrscheinlich, dass die Währungshüter zuerst aus der Politik der großzügigen Liquiditätsspritzen aussteigen werden, ehe sie an die Zinsen herangehen werden. Die Experten erhoffen sich von der Pressekonferenz mit Trichet nach der Zinssitzung erste Hinweise auf die künftige Exitstrategie der EZB. "Die EZB wird dem Markt womöglich einen ersten Fingerzeig für den Beginn einer Ausstiegsstrategie im Dezember geben", sagte Jürgen Michels von der Citigroup. Sie könne bei dem für Ende 2009 anstehenden Jahrestender einen kleinen Aufschlag auf das Zinsniveau von einem Prozent nehmen und damit die Schleusen für die freizügige Geldvergabe an die Banken etwas schließen.
Bei dem jüngsten 12-Monatstender hatten die Banken mit rund 75 Mrd. Euro nur rund 1/6 der Summe abgerufen, mit der sie sich bei dem ersten Tender im Sommer noch vollgesogen hatten. Dass die Institute bei dem Jahresgeld der EZB nicht so kräftig zulangten wie im Juni, führten Finanzexperten auf die deutlich entspanntere Lage am Geldmarkt zurück. Zuletzt waren die Zinssätze dort so weit gesunken, dass Zinsdifferenz-Geschäfte mit dem EZB-Geld nicht mehr lukrativ erscheinen.
Trichet hatte jüngst vor dem Parlament in Brüssel betont, die EZB werde umgehend ihre Politik des billigen Geldes beenden und die Liquidität aus dem Finanzsystem wieder abziehen, sobald sie dafür Anlass habe. Die EZB verfüge über ein ausreichendes Instrumentarium, um zu verhindern, dass das viele im System umlaufende Geld zu einer Gefahr werde.