G-20-Gipfel sucht nach Weltfinanzreform

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Während die Staats- und Regierungschefs aus den 20 stärksten Wirtschaftsnationen zusammen mit ihren Finanzministern in Pittsburgh eintrafen, wurden bereits vor der Eröffnung mit dem gemeinsamen Abendessen erste Entscheidungen bekannt.

So soll die G-20 künftig ein permanentes Forums der globalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit werden und damit zum Teil die G-8 ablösen. Die Gruppe der 8 wichtigsten Industriestaaten werde sich weiterhin treffen, um gemeinsame Probleme zu erörtern, erklärte ein ranghoher Vertreter der US-Regierung. Die historische Funktion eines Aufsichtsrats der Weltwirtschaft werde aber künftig nicht mehr von der G-8, sondern von der repräsentativeren G-20 wahrgenommen werden.

Zudem sollen aufstrebende Volkswirtschaften im IWF künftig ein stärkeres Mitspracherecht haben. Die G-20 verständigten sich laut EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso darauf, die Stimmrechte im IWF um 5 Prozentpunkte zugunsten der bisher unterrepräsentierten Länder zu verschieben. Eine entsprechende Reform sei vereinbart worden, sagte Barroso. Damit soll dem zunehmenden Einfluss, den diese Länder auf die Weltwirtschaft insgesamt inzwischen haben, Rechnung getragen werden, hieß es in Kreisen.

Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel und US-Finanzminister Timothy Geithner gingen zum Auftakt der Konferenz davon aus, dass eine Einigung in der Frage der Regeln für den Bankensektor möglich ist. "Wir haben die Chance, doch in allen wichtigen Fragen voranzukommen", sagte Merkel. Sie hatte sich nach der Ankunft in den USA umgehend mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy abgestimmt.

Laut US-Finanzminister Geithner haben sich die 20 führenden Wirtschaftsmächte bereits im Grundsatz auf eine Begrenzung der Boni für Bankmanager geeinigt. Jedes Land soll bis Ende 2009 eigene Regeln für die Entlohnung der Banker aufstellen, die anschließend von einem internationalem Gremium überwacht werden sollen, wie Geithner zu Beginn des G-20-Gipfels sagte. "Wir wollen sehr starke Regeln haben, um die von der Bezahlungsart motivierten Risiken zu begrenzen", sagte Geithner.

Banken rund um den Globus in Alarmstimmung

Die Aussicht auf schärfere Spielregeln versetzt die Banken rund um den Globus in Alarmstimmung: Sie könnten die in der Vergangenheit oft sagenhaften Gewinne und Gehälter deutlich drücken. Besonders die Banken in Europa fühlen sich bedroht. Ihnen dürften nicht stärkere Fesseln angelegt werden als der Konkurrenz in den USA und China, schrieb Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann in einem Beitrag für die "NZZ". Ackermann ist Chef des Internationalen Bankenverbandes IIF.

Bei Merkel und Sarkozy gab es offensichtlich Sorge, dass US-Präsident Barack Obama und sein enger Verbündeter, der britische Premier Gordon Brown, eine tiefgreifende Reform des Finanzsystems unterlaufen könnten. Die wichtigen Finanzmärkte in New York und London dringen auf möglichst wenige staatliche Regelungen. 

EU-Kommissionspräsident Barroso unterstrich die Bedeutung des Themas: "Europäer sind über Banken schockiert, von denen manche vom Geld der Steuerzahler abhängen, die erneut exorbitante Boni zahlen." Es gehe nicht darum, eine "Hexenjagd" auf Banker zu veranstalten, beteuerte Barroso. Es soll darum gehen, über neue Entlohnungsregeln die Anreizstruktur zu verändern und so für mehr Stabilität zu sorgen. Die übermäßigen Boni, die zur Aufnahme großer Risiken ermunterten, galten als Mitauslöser der Finanzkrise.

Am Rande des Gipfels kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei. Die Sicherheitskräfte trieben zunächst etwa 2.000 Gipfelgegner auseinander, die sich zur Mittagszeit im Stadtzentrum versammelten. Am Abend zog dann eine Gruppe von 300 Demonstranten randalierend durch einen Stadtteil etwa 1,5 km vom G-20-Tagungszentrum entfernt. Sie zerschlugen Schaufenster und warfen mit Steinen auf die Polizei, die Reizgas und Schlagstöcken einsetzte. Nach offiziellen Angaben wurden 15 Menschen festgenommen. Ein Sprecher der Gipfelgegner sagte, die Polizei habe auch Gummigeschosse eingesetzt.

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