Richter sagen "Ja"

Sieg über die Euro-Gegner

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Richter für Rettungsschirm „ESM“ 
- 700 Milliarden sind ab Oktober frei. 

Mittwoch um 10 Uhr war das wochenlange Zittern um den 700-Mrd.-Euro-Rettungschirm ESM vorbei: Andreas Voßkuhle (48), Chef des deutschen Verfassungsgerichtshofes, genehmigte als Sprecher eines achtköpfigen Richtersenats Deutschlands Teilnahme am ESM (Euro-Stabilitäts-Mechanismus): „Es muss aber sichergestellt werden, dass die Haftung Deutschlands auf die vereinbarten 190 Milliarden Euro beschränkt bleibt“, warnte Voßkuhle. Deutschland bürgt für 27 Prozent des Schutzschirms.

Europa kann nach diesem Urteil aufatmen, das Horror-Szenario tritt nicht ein. Jetzt kann der Schutzschirm (geplant) am 8. Oktober in Kraft treten. Ohne Berlin wäre dies nicht möglich gewesen.

Kanzlerin Angela Merkel, die wesentlich am ESM mitgearbeitet hat, jubelte: „Ein guter Tag für Deutschland und ein guter Tag für Europa“, sagte sie.

Die Börsen reagierten sofort positiv (siehe Kasten), ebenso die Politik, auch in Österreich: „Das Urteil ist wichtig für Europa und die Rechtssicherheit“, argumentierte Bundespräsident Heinz Fischer. Finanzministerin Maria Fekter meinte zu ÖSTERREICH: „Das ist eine ganz deutliche Aussage für den ESM.“

Kläger Gauweiler: „Jetzt
kein Fass ohne Boden“
Naturgemäß anders die Reaktion der ESM-Kritiker, allen voran CSU-Politiker Peter Gauweiler. Er hatte gemeinsam mit vier Initiativen und 37.000 deutschen Bürgern geklagt. Nun meinte er in einer Mail an ÖSTERREICH: „Zumindest erschwert dieses Urteil, dass der ESM zum Fass ohne Boden wird. Insofern ist das Urteil ein riesiger ­Erfolg.“

Als „bedauerlich“ und „schwarzen Tag für Europa“ haben FPÖ und BZÖ die Entscheidung des Gerichts bezeichnet. FPÖ-Chef Strache kündigte weiteren Widerstand an. Kärntens FPK-Landeschef Dörfler bekräftige im ÖSTERREICH-Interview: „Wir werden gegen den ESM klagen.“

Österreich (17 Mrd. Haftung, zwei Mrd. in bar) hat schon im Juli dem ESM zugestimmt. Eine Anfechtung kann erst nach der Kundmachung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt erfolgen. Das wird Anfang Oktober der Fall sein. Verfassungsexperte Heinz Mayer gibt der Kärntner Klage aber wenig Chancen: „Das Gesetz in Österreich wird halten.“

Dörfler: „Unsere Klage jetzt noch wichtiger“
ÖSTERREICH:
Warum wollen Sie trotzdem klagen?
Gerhard Dörfler:
Weil unsere Klage jetzt noch wichtiger ist. Das Urteil von Karlsruhe ist politisch motiviert. Wir werden auf jeden Fall eine Verfassungsklage einbringen, denn wir geben das Geld aus, das morgen unseren Kindern fehlen wird.

ÖSTERREICH: Warum sind Sie so überzeugt davon, dass ESM nicht funktionieren kann?
Dörfler:
Weil das gesamte 700-Milliarden-ESM-Konstrukt absurd ist: Jene, die pleite sind, haften nun mit Milliarden für einen Schutzschirm, der sie vor der Pleite retten soll. So haftet Griechenland mit 17,5 Milliarden, Italien mit 111 Milliarden, Spanien mit 73,8 Milliarden, Slowenien mit 2,5 Milliarden. Wie können Länder, haften, die kurz vor dem Abgrund stehen? Am Ende werden wieder die Netto-Zahler zahlen müssen.

ÖSTERREICH: Wann wird die Klage eingereicht?
Dörfler:
Nach Kundmachung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt. Früher geht’s leider nicht.

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