San Francisco

Twitter sorgt für Chaos an Wall Street

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Zahlen durch Leck zu früh veröffentlicht - Aktie bricht bis zu 24 Prozent ein.

Twitter hat mit seiner jüngsten Quartalsbilanz für Chaos an der Wall Street gesorgt. Die Zahlen wurden nach einen Leck anders als geplant schon vor US-Börsenschluss am Dienstagabend veröffentlicht und führten zu einem Kurseinbruch von bis zu 24 Prozent. Anleger störten sich vor allem daran, dass der Kurznachrichtendienst seine Umsatzprognose senkte und zudem weiterhin rote Zahlen schreibt.

Auch Facebook mit Problemen
Es wird befürchtet, dass Twitter den Anschluss an die Konkurrenz verlieren könnte. Ein neues Anzeigenformat brachte bisher nicht die erhofften Erlöse. Allerdings überzeugte auch Facebook - das weltgrößte Internet-Netzwerk - zuletzt nicht.

Unter den Erwartungen
Im Gesamtjahr rechnet Twitter nur noch mit Einnahmen von 2,17 bis 2,27 Mrd. Dollar (bis zu 2 Mrd. Euro). Das sind in etwa fünf Prozent weniger als bisher angepeilt. Analysten hatten zuletzt 2,37 Mrd. Dollar prognostiziert, werden ihre Schätzungen nun aber vermutlich nach unten anpassen.

Twitter verwies auf die schwache Entwicklung bei den neuen "Direct Response"-Produkten. Sie sollen Nutzer auf die Internetseite von Werbekunden umleiten. Hier seien nicht die erhofften Umsätze erzielt worden. Werbekunden hätten ihre Ausgaben begrenzt, weil die Anklick-Raten nicht stimmten. Im zweiten Halbjahr sei aber mit Fortschritten zu rechnen, sagte Finanzchef Anthony Noto. Um das "Direct Response"-Geschäft in Schwung zu bringen, hat Twitter gerade mit TellApart eine auf Marketing-Technologien spezialisierte Firma übernommen.

Insgesamt kam Twitter im ersten Quartal auf Erlöse von 436 Mio. Dollar, um drei Viertel mehr als im Vorjahreszeitraum. Analysten hatten dem US-Unternehmen allerdings noch mehr zugetraut. Der Nettoverlust fiel um gut ein Fünftel höher aus und summierte sich auf 162,4 Mio. Dollar.

"Das sieht alles schlechter als erwartet aus", sagte Analyst Arvind Bhatia vom Finanzdienstleister SterneAgee. "Das sind definitiv schlechte Nachrichten, das kann man nicht schönreden", ergänzte sein Kollege Victor Anthony von der Finanzberatung Axiom Capital. Irgendetwas müsse sich verändert haben, seit Twitter im Februar die Jahresprognose vorgelegt habe. "Das setzt das Management nun unter immensen Druck, in diesem Jahr mehr Geld aus den Plattformen herauszuholen."

Zahlen zu früh veröffentlicht

Unternehmen veröffentlichen ihre für Investoren sehr wichtigen Quartalsbilanzen in der Regel vor oder nach Börsenschluss, um Anlegern mehr Zeit zu geben, sich ein genaues Bild zu machen, bevor sie Milliarden abziehen oder nachschießen. Dieses Mal waren die Zahlen allerdings bereits 45 Minuten vor US-Börsenschluss am Dienstag von Selerity - einer auf Marktdaten spezialisierten Firma - verbreitet worden, ausgerechnet über einen Twitter-Account.

Selerity teilte mit, die Daten auf der für Investoren gedachten Internetseite von Twitter gefunden zu haben. Der Kurznachrichtendienst wiederum machte dafür die US-Technologiebörse Nasdaq verantwortlich, die für die Kalifornier die Website betreibt. Das werfe Fragen nach der Qualität der internen Kontrollen von Twitter auf, sagte Brian Jacobsen vom Fondsmanager der US-Großbank Wells Fargo. Twitter bestätigte die Zahlen letztlich noch im laufenden Handel. Die Aktien schlossen gut 18 Prozent niedriger. Nachbörslich ging es weiter bergab.

Auch Facebook hatte zuletzt Schwierigkeiten, seine Aktionäre bei Laune zu halten. Das Internet-Netzwerk bekommt immer mehr ein Kostenproblem, weil viel Geld in den Ausbau des Messaging-Anbieters WhatsApp, des Fotodienstes Instagram und des Datenbrillen-Herstellers Oculus Rift gesteckt wird. Deswegen brach der Gewinn im vergangenen Quartal um ein Fünftel auf 509 Mio. Dollar ein. Facebook hat mittlerweile 1,44 Mrd. Nutzer. Bei Twitter stieg die Zahl der aktiven User um 18 Prozent auf 302 Millionen.
 

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