Verbänden geht Novelle zu den Pensionskassen zu wenig weit

Teilen

Der Seniorenbund und der Pensionistenverband fordern nach dem gestern (28.7.) im Ministerrat verabschiedeten Vorhabensbericht der Bundesregierung zur geplanten Pensionskassennovelle weitere Maßnahmen für die bereits bestehenden 60.000 Pensionskassen-Berechtigten, die bereits Kürzungen ihrer Zusatz-Renten erlitten haben.

Im Ministerratsvortrag werde zwar das erste Mal die gesamte Problematik richtig erkannt und beschrieben, die vorgelegten Lösungsvorschläge reichten aber auch für die künftige Gestaltung der 2. Säule als attraktive Altersvorsorge bei weitem noch nicht aus, so Andreas Khol, Bundesobmann des Österreichischen Seniorenbundes. Vor allem das Pauschalsteuermodell fehlt ihm noch."Die im Seniorenrat erarbeiteten Sanierungsvorschläge zur zumindest teilweisen sofortigen Abgeltung der bereits eingetretenen massiven Verluste von bis zu 45 Prozent fanden keine Beachtung", stellte Karl Blecha, Präsident des Pensionistenverbandes Österreichs, fest.

Die geplanten Änderungen stoßen auch auf Kritik beim Schutzverband der Pensionskassenberechtigten (PekaBe) sowie bei bei Gewerkschaft und Arbeiterkammer. Die Vertreter der Firmenpensionisten sprechen von einer "Pseudosanierung des Pensionskassensystems". Die Hoffnungen, dass Sofortmaßnahmen gegen die massiven Pensionskürzungen um bis zu 25 Prozent allein heuer und zur Abfederung der Verluste der Vergangenheit gesetzt würden, seien nicht erfüllt worden. Bisher hätten "hunderttausende Leistungsträger der Wirtschaft" im Pensionskassensystem Kapital- und Pensionsverluste von bis zu 45 Prozent erlitten und hätten auch in Zukunft keine Chance, diese Verluste aufzuholen. Die Pensionskassen setzten zudem ihre "fatale Veranlagungsstrategie" weiter fort, die auch ohne Finanzkrise bereits zu sinkenden Pensionsauszahlungen geführt habe.

Die Ermöglichung eines Wechsels in Veranlagungen mit weniger Ertrag und dafür geringerem Risiko würde die Pensionskassen-Berechtigten noch einmal bis zu 30 Prozent ihrer bereits "massiv gekürzten" Pensionen kosten, "was endgültig einer Bankrotterklärung des Systems gleichkommt". Die im PeKaBe-Forderungskatalog und im Papier des Seniorenrates enthaltenen "wirkungsvollen Sanierungsvorschläge" seien unberücksichtigt geblieben. Ohne Hilfe von der Reformkommission und der Regierung habe man daher "keine andere Wahl, als die Auszahlung des verbliebenen Deckungskapitals mit maximaler Steuerbegünstigung zu fordern".

Der ÖGB sieht als großes Manko aber, dass die derzeitigen Bezieher von der Neuregelung "rein gar nichts" hätten und die Verluste ganz alleine schlucken müssten. Bei einem Umstieg in eine sogenannte "Sicherheits-Veranlagungs- und Risikogemeinschaft" müsse festgelegt werden, dass die Kosten für diese Garantie ausschließlich von den Pensionskassen bzw. deren Eigentümern getragen werden.

Die Arbeiterkammer (AK) kritisiert ebenfalls, dass nicht einmal erwähnt sei, wie die Bezieher von Zusatzrenten entschädigt werden sollen. Die Misere sei nicht zuletzt durch den Staat verursacht worden, so die AK. Es seien viel zu hohe Rechnungszinsen und viel zu riskante Anlagestrategien genehmigt und die ehemalige Mindestgarantie völlig verwässert worden.

DIE DETAILS ZUM ENTWURF:
Der Entwurf zur Pensionskassennovelle soll im Herbst zur Begutachtung zu schicken. In Kraft treten könnte die Neuerung zu Jahreswechsel. Kernpunkt ist ein "Lebensphasenmodell", das bei der Veranlagung eine Art Sicherheitsnetz ermöglicht. Innerhalb der "zweiten Säule", der betrieblichen Altersvorsorge, soll künftig ein Wechsel von einer Pensionskasse in die betriebliche Kollektivversicherung - und umgekehrt - erleichtert werden. Einer der Eckpunkte ist auch eine garantierte Anfangspension.

Das "Lebensphasenmodell" zielt auf individuelle Wahlmöglichkeiten zwischen verschiedenen Veranlagungen ab. Es sei sicherlich sinnvoll, in der Pensionsphase eine Wahlmöglichkeit für eine konservativere Veranlagung zu haben, so Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka (V). Die Pensionskassen sollen daher künftig eine "Sicherheits-Veranlagungs- und Risikogemeinschaft" (Sicherheit-VRG) führen. Diese wird mit einer Mindestgarantie ausgestattet. Hat man in einem Zeitraum vor Pensionsbeginn in eine solche VRG gewechselt, wird eine Antrittspension durch die Pensionskasse garantiert.

Personen, die bereits jetzt eine Zusatzrente von der Pensionskasse erhalten, sollen einmalig 2010 in eine solche Sicherheits-VRG übertreten können. Laut Sozialminister Rudolf Hundstorfer(S) wird für Leistungsberechtigte, die von Kürzungen massiv betroffen sind, eine Austrittsmöglichkeit mit adäquaten steuerlichen Rahmenbedingungen geprüft. Eine Valorisierung soll nach einem mehrjährigen Zeitraum erfolgen. Die für die Bedeckung der Garantie erforderlichen Leistungen müssen dem im Ministerrat verabschiedeten Vorhabensbericht zufolge durch die Pensionskassen bzw. deren Eigentümer aufgebracht werden.

Rechnungszinssatz von rund 2,5 Prozent

Durch eine Verordnung der Finanzmarktaufsicht (FMA) sollen der höchstzulässige rechnungsmäßige Überschuss für die Sicherheits-VRG festgesetzt werden. Angedacht ist ein Rechnungszinssatz, der sich um 2,5 Prozent bewegt. Für neu eintretende Personen in bestehende Pensionskassenverträge wird künftig ein niedrigerer Rechnungszinssatz zur Anwendung kommen, heißt es in einer Pressemitteilung des Finanzministeriums. Die Dotierung von Schwankungsrückstellungen zur Abfederung von Pensionskürzungen soll künftig durch Verordnung der FMA festgelegt werden. Die Unverfallsbarkeitsfrist bei Pensionskassenzusagen soll von fünf auf drei Jahre herabgesetzt werden. Deutlich ausgeweitet werden sollen auch die Informationen an die Anwartschafts- und Leistungsberechtigten.

In Österreich gibt es derzeit 19 Pensionskassen, davon 6 überbetriebliche und 13 Betriebspensionskassen. Rund 560.000 Personen haben Anspruch auf eine zusätzliche Firmenpension, das ist in etwa jeder fünfte Beschäftigte. Verwaltet wurde Ende 2008 ein Vermögen von 11,5 Mrd. Euro. Aufgrund der schlechten Veranlagungsergebnisse 2008 mussten heuer etwa zwei Drittel - rund 42.000 der 63.000 - der Bezieher von Zusatzrenten aus den Pensionskassen eine Kürzung hinnehmen.

2008 gab es bei der Performance der Pensionskassen durchschnittlich ein Minus von 12,94 Prozent. Im ersten Halbjahr 2009 ging es wieder etwas aufwärts, die Performance wies seit Jahresbeginn ein Plus von 2,77 Prozent auf. Im Einjahresvergleich (Juni 2008/Juni 2009) wird nach Daten der Oesterreichischen Kontrollbank aber ein Minus von 5,87 Prozent ausgewiesen, im Dreijahresvergleich sind es minus 0,86 Prozent pro Jahr und im Fünfjahresvergleich plus 2,18 Prozent.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.
OE24 Logo
Es gibt neue Nachrichten