Vor einer Kreditklemme in Mittel- und Osteuropa durch die neuen schärferen Eigenkapital-Anforderungen für Banken haben Erste-Vorstandschef Andreas Treichl und der ÖVP-Europaabgeordnete Othmar Karas gewarnt. Vor allem in Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Rumänien lebe die klein- und mittelständische Wirtschaft von der direkten Kreditvergabe, da Zugänge zum Kapitalmarkt weitgehend fehlten.
Das sagte Treichl in Brüssel. Karas betonte, das Europaparlament wolle noch vor einer für Sommer erwarteten politischen Vorentscheidung des sogenannten Basel-Ausschusses Einfluss auf die künftigen Eigenkapitalvorschriften für Banken (CRD-4) nehmen. Er forderte ein Studie der EU-Kommission über die Auswirkungen der neuen Regeln auf die Realwirtschaft, bevor die Brüsseler Behörde voraussichtlich im Herbst einen Richtlinien-Vorschlag vorlege. Der EVP-Vizefraktionschef ist der federführende Verhandler des Europaparlaments für die neuen Eigenkapitalvorschriften für Kreditinstitute. Heikle Punkte seien die Definition von Kapital, die Frage von Minderheitenanteilen und die Rolle von Fremdkapital, so Karas.
Treichl verlangte, neben Stammkapital sollten noch zwei, drei oder vier andere Instrumente als Kernkapital gelten können. Im Verlustfall könnten Vorzugsaktien ohnehin nicht bedient werden. Nach den geplanten Verschärfungen der Eigenkapital-Auflagen müssten die Banken mehr Kapital und Liquiditätsmittel für Kredite an die klein- und mittelständische Wirtschaft vorhalten als etwa für Kredite an Griechenland. Er glaube nicht, dass sich die Politik derzeit über die Folgen der geplanten Regeln für die Kreditvergabe bewusst sei, setze aber große Hoffnungen ins Europaparlament, da hier eine größere Nähe zur klein- und mittelständischen Wirtschaft gegeben sei als im Basel-Ausschuss, im Finanzstabilitätsrat (FSB) oder in den G-20.