Gewalt am Arbeitsplatz: Gewerkschaft sieht Handlungsbedarf

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Gewalt am Arbeitsplatz ist auch in Österreich ein Thema: Zwar würden meist nur die "Spitzen des Eisberges" der Allgemeinheit bekannt, die alltägliche Form reiche aber von Belästigungen, Hänseleien und Mobbing durch Kollegen oder Vorgesetze bis hin zu Beschimpfungen und körperlichen Attacken durch Externe, sagt Renate Lehner von der Gewerkschaft Vida.

"Eine Schnell-Umfrage von Vida unter Betriebsräten hat ergeben, dass bei 39 % Gewalt am Arbeitsplatz bereits einmal Thema war", so die stv. Vida-Bundesgeschäftsführerin. Eine weitere Umfrage soll genauere Daten zur Situation in Österreich bringen.

Die Gewerkschaft bezieht sich auf eine 2007 von den Europäischen Sozialpartnern abgeschlossene freiwillige Rahmenvereinbarung gegen Belästigung und Gewalt, die bis nächsten April in Österreich umgesetzt sein soll: "Wir hoffen, dass sich ÖGB und WKÖ auf möglichst weitgehende Maßnahmen einigen", so Lehner.

Der OGH zu den Pflichten des Dienstgebers bei Mobbing:

Bei "Mobbing" handelt es sich um eine konfliktbelastete Kommunikation am Dienstplatz unter Kollegen oder zwischen Vorgesetzten und Untergebenen, bei der die angegriffene Person von einer oder einigen Personen systematisch, oft und während längerer Zeit direkt oder indirekt angegriffen wird und dies als Diskriminierung empfindet.

Für Mobbing ist das systematische und ausgrenzende Geschehen über einen längeren Zeitraum typisch, etwa durch Verweigerung jeder Anerkennung, Ausgrenzung, Zurückhaltung von Informationen, Übergehen bei Beförderungen, Rufschädigung etc.

Einige Mobbinghandlungen sind explezit gesetzlich untersagt, wei etwa sexuelle oder auch andere Formen der Belästigung sowie die Beeinträchtigung der Würde (§§ 6,7,21 GIBG). Der Begriff des "Mobbing" fand jedoch weder Eingang in ein Gesetz, noch stellt er per se eine eigenständige Ansprungsgrundlage dar. Dennoch begründet Mobbing verschiedene Ansprüche für den betroffenen Dienstnehmer.

Der OGH judizierte, dass der Dienstgeber aufgrund der ihn gemäß § 1157 ABGB sowie § 18 AngG treffenden, allgemeinen Fürsorgepflicht verpflichtet ist, dafür zu sorgen, dass die Persönlichkeitssphäre der in seinem Betrieb tätigen Dienstnehmer nicht durch unsachliche Belästigungen anderer Dienstnehmer beeinträchtigt wird. Er hat aktiv gegen Mobbinghandlungen einzuschreiten. Unterlässt er dies, wäre der Dienstnehmer unter Wahrung aller Ansprüche zum vorzeitigen Austritt berechtigt.
Er kann seinen Dienstgeber auch auf Unterlassung in Anspruch nehmen und Schadenersatzansprüche erheben, sofern ihm durch das Mobbing ein Schaden erwachsen ist.
Resultieren aus dem Mobbing Krankenstände, kann dies vom Dienstgeber nicht zu Kündigung wegen Dienstunfähigkeit herangezogen werden. (OGH 4.8.2009, 9 Ob A 86/O8z)

Die Gewerkschaft fordert etwa, dass im Strafrecht jede Körperverletzung, die an einem Menschen in Ausübung seines Berufes begangen wird, automatisch als schwere Körperverletzung gilt. Weiters sollen Arbeitspsychologen als verpflichtende Präventivkräfte in Betrieben vorgesehen sein und das Arbeitsinspektorat auch als Kontrollorgan für Gewalt dienen.

Vida hat auch eine Musterbetriebsvereinbarung mit einem Bekenntnis zum wertschätzenden Umgang mit Mitarbeitern sowie Leitlinien für den Umgang mit Gewalt ausgearbeitet und bietet ab 2010 Kurse für Betriebsräte in Konfliktmanagement an. Weitere Infos: tatortarbeitsplatz.com

Die Mobbing-Checkliste der Arbeiterkammer

Anhand einer Mobbing-Checkliste können Sie klären, ob Sie ein alltäglicher Konflikt am Arbeitsplatz belastet oder ob Sie gemobbt werden. Halten Sie die Vorfälle detailliert in einem Mobbing-Tagebuch fest!

- Schweigen ist Silber, Reden ist Gold - zumindest was Konflikte betrifft. Mit dem Ansprechen des Problems, mit dem Artikulieren des eigenen Unbehagens ist immerhin ein erster Schritt getan. Bei Konflikten gilt immer: Aufschieben heißt verschärfen.

- "Mir geht es rein um die Sache." Dieser Satz ist in Konflikten immer wieder zu hören. Wer immer diesen Satz ausspricht, sollte sich fragen: "Bin ich wirklich in der Lage, meine Gefühle völlig auszublenden?" Die Sache, um die es angeblich geht, ist meist nur die Spitze des Eisbergs.

- Auch große Veränderungen beginnen mit kleinen Schritten. Wenn Sie alles auf einmal wollen, werden Sie letztlich gar nichts bekommen - außer Ärger. Überlegen Sie daher, was der Konfliktpartner Ihnen in einem überschaubaren Zeitraum zugestehen könnte. Eine kleine Bitte, die wirklich als Bitte und nicht als Forderung ausgesprochen und gemeint wird, spricht Menschen an und bewegt sie.

- Wenn Sie am Ende eines Streits endlich eine für alle Beteiligten akzeptable Lösung gefunden haben, dann teilen Sie einem Kollegen oder dem Betriebsrat das Ergebnis mit. Noch besser: Schreiben Sie es auf! Denn schon nach ein paar Tagen haben Sie die Sache vielleicht anders in Erinnerung als Ihr Konfliktpartner. Und noch etwas: Machen Sie gleich einen Termin aus, an dem Sie gemeinsam prüfen, ob die gefundene Lösung auch tatsächlich trägt

- "Da kann man ohnehin nichts machen." "Bei dem Kerl ist Hopfen und Malz verloren." "Es hat keinen Sinn, mit ihr zu reden." Kommen Ihnen diese Sätze bekannt vor? Oder gehören sie sogar zu Ihrem eigenen Standard-Repertoire? Dann stellen Sie sich die Frage: Was kann ich selbst zu einer Lösung beitragen?

- Wenn der Konfliktgegner einen entscheidenden Fehler macht, ist die Versuchung natürlich groß: Mit einer einzigen Bemerkung bei der nächsten Arbeitsbesprechung könnten Sie ihn zum Gespött der ganzen Firma machen. Tun Sie's nicht! Denn der Gegenschlag würde nicht lange auf sich warten lassen. Eine Eskalation des Konflikts wäre unvermeidlich. Probieren Sie es einmal mit dem Gegenteil: Zollen Sie dem Gegner Anerkennung dort, wo Sie diese Anerkennung ehrlich geben können.

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