Richard Grasl, der neue ORF-Finanzchef, über seine Pläne für den öffentlich-rechtlichen Sender im Jahr 2010. Der Sparkurs geht weiter.
ÖSTERREICH: Herr Grasl, Sie sind seit 1. Jänner Finanzdirektor des ORF,
was sind die Herausforderungen in dieser Position?
Der ORF hat
wirtschaftlich wahrscheinlich seine herausforderndsten Jahre vor sich.
Insofern ist es eine spannende Aufgabe, in dieser schwierigen Phase für die
wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens die Verantwortung zu tragen.
Ich habe schon bei meiner Bestellung angekündigt, dass ich ein umfassendes
Struktur- und Reformpaket umsetzen möchte, um die Zukunft des ORF und seiner
Programme zu sichern.
ÖSTERREICH: Wie viel mehr als geplant müssen Sie pro Jahr einsparen?
Durch
das von Generaldirektor Wrabetz umgesetzte Sparpaket wird der ORF 2010
ausgeglichen bilanzieren, aber die Kostenschere geht weiter auf. Insofern
wird es sicher ein zweistelliger Millionenbetrag sein, den wir in den
kommenden Jahren durch Restrukturierungen noch einsparen müssen.
ÖSTERREICH: Wie sehr behindert es Ihre Planungen, dass Sie die aus der
Gebührenrefundierung versprochenen 50 Mio. Euro noch nicht wirklich haben?
Es
erschwert unsere tägliche Arbeit, denn wenn wir auf diese 50 Mio. bereits
zugreifen könnten, könnten wir Budgetposten, die noch offen sind, dotieren.
Das ist vor allem für die Filmwirtschaft, die Vorlaufzeiten von mehreren
Monaten hat, und damit auch für unser Programm, ein Problem.
ÖSTERREICH: Wie viel von diesen 50 Millionen fließen tatsächlich ins
Programm?
Ein großer Teil wird ins Programm im weitesten Sinne
fließen, den Rest werden wir verwenden, um Restrukturierungsmaßnahmen
einzuleiten.
ÖSTERREICH: Heißt Restrukturierung auch weiterer Personalabbau?
Ich
halte nichts von der ständigen Debatte, dass der ORF Personal abbauen muss.
Restrukturierung heißt auch, bei Strukturen und in der Organisation zu
sparen und mit den vorhandenen Mitarbeitern mehr Programm zu schaffen.
ÖSTERREICH: Wie sehr schmerzt es den Ex-Journalisten, auf Programmseite
Budgets kürzen zu müssen?
Gar nicht, wenn es sinnvolle und
gemeinsam erarbeitete Einsparungen sind. Aber ich bin nicht der klassische
industrielle Sanierer. Ich kenne die Bedürfnisse und Probleme der
Programmmacher, aber auch die Einsparungspotenziale. Ich glaube, dass es in
einem Unternehmen wie dem ORF besser ist, wenn den Programmmachern auf der
Finanzseite jemand gegenübersitzt, der auch die journalistische und
Programmseite kennt und nicht nur auf betriebswirtschaftliche Zahlen schaut.
ÖSTERREICH: Wird der ORF 2010 die im Finanzplan vorgegebenen 136 Mio.
Euro TV-Werbeerlöse erreichen?
Den Plan sollten wir erreichen.
Und mit etwas Glück und dem Können des neuen Werbechefs Franz Prenner können
wir vielleicht sogar eine kleine Trendwende schaffen.
ÖSTERREICH: Sie haben angekündigt, auf 60 % Ihres Ablöseanspruchs zu
verzichten ...
Seit 1. Jänner bin ich nicht mehr Angestellter des
ORF, sondern habe einen Direktorenvertrag, der im Gegensatz zu den anderen
Direktoren nur 40 % Laufzeit hat. Die Geschäftsführung ist für 5 Jahre
bestellt, ich für 2 Jahre, daher war für mich klar, dass ich auf 60 % meines
Abfertigungsanspruchs verzichte.