ORF-Direktionen müssen 77 Mio. sparen

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Dank einschneidender Maßnahmen wird der ORF 2010 ein knapp positives Konzern-Ergebnis (EGT) von 0,1 Mio. Euro erzielen, und das obwohl der ORF mit weiteren Werbe-Rückgängen rechnen muss. Laut Finanzplan von ORF-General Wrabetz wird die Werbung um 12,2 auf 208,2 Mio. Euro zurückgehen.

Den Vorgaben des Stiftungsrats entsprechend sind deshalb drastische Einsparungen in den Direktionsbereichen geplant. Diese sollen in Summe 77 Mio. Euro weniger ausgeben, 53,3 Mio. Euro stammen aus Einsparungen beim Personalaufwand.

Den Fernsehdirektionen stehen 2010 mit 424 Mio. Euro 15,5 Mio. Euro weniger zur Verfügung als heuer. Das Gesamtkostenbudget der Informationsdirektion beläuft sich auf 152,9 Mio. Euro, das sind rund 2 Mio. Euro mehr als 2009 vorgesehen wurden. Die Erhöhung ergibt sich vor allem aus den Großproduktionen im Sport. Für Olympia in Vancouver, die Fußball-WM in Südafrika oder die Handball-EM in Wien wird ein Sonderbudget in der Höhe von mehr als 23 Mio. Euro eingeplant.

Einsparungen gibt es hingegen beim aktuellen Dienst, der 3,6 Mio. Euro weniger ausgeben darf, sowie bei den Magazinen, die 4,5 Mio. Euro einsparen müssen. Das Budget für den Spartenkanal Sport Plus wird von 5,6 auf 4,1 Mio. Euro reduziert.

Die Programmdirektion muss ihr Budget um 12 Mio. Euro kürzen, von 187,6 auf 175,6 Mio. Euro. Der Großteil der Einsparungen geht auf das Konto des Bereichs Familie und Unterhaltung, wo durch Streichungen, Neuverhandlungen und Kürzungen von Sendungen 5,1 Mio. Euro eingespart werden sollen. So wird etwa das Format "Schöner Leben" aus dem Programm gestrichen, wie ORF-Kommunikationschef Pius Strobl bestätigte.

Sonderbudget für eine Eventshow

Die Finanzmittel für den Bereich Film und Serien sinken um 3,9 Mio. Euro - von 61 auf 57,1 Mio. Euro. Trotz Spardrucks dürfte es 2010 aber wieder eine Event-Show geben, für die ein Sonderbudget von 5,5 Mio. Euro vorgesehen ist. Kürzungen sind bei Eigen- und Koproduktionen geplant.

Der Hörfunkdirektion stehen mit 98,6 Mio. Euro 6,7 Mio. weniger zur Verfügung als 2009. Weiter im Finanzplan vorgesehen ist mit 8,7 Mio. Euro das Radio-Symphonieorchester (RSO).

Filmwirtschaft sieht drohenden "Zusammenbruch"

"Zusammenbruch der österreichischen Filmwirtschaft": Diese drastische Prognose gaben heimische Filmschaffende angesichts der Sparpläne des ORF beim Film/Fernseh-Abkommen. Ohne gesetzliche Festschreibung dieses Abkommens und einer Dotierung mit mindestens 10 Mio. Euro gebe es in Zukunft "keinen österreichischen Kinofilm mehr", sagt Regisseur Götz Spielmann. Die Filmschaffenden fordern, 25 % der ORF-Gebühreneinnahmen für die Produktion österreichischer Filme, Dokus und Serien zweckzubinden.

ORF-Generaldirektor Wrabetz hatte angekündigt, dass zur Erreichung eines ausgeglichenen Ergebnisses 2010 die Fortführung wichtiger Leistungen bei einer Konzentration auf das Kerngeschäft nicht mehr möglich sei. Genannt wurde u.a. die Fortführung der Kinofilmförderung und die Aufrechterhaltung der zur "Verösterreicherung" des Programms notwendigen fiktionalen Eigenproduktionen.

Für Regisseur Rupert Henning ist Sparen an der österreichischen Fiktion im ORF-Programm "in jeder Hinsicht falsch": Je weniger österreichisches Programm produziert würde, desto "verwechselbarer" werde der ORF. Der Österreich-Aspekt sei "das Einzige, das den ORF legitimiert, Gebühren einzuheben", sagt auch Produzent Kurt Stocker.

Mit dem Anteil österreichischer Fiktion von 2 % am Gesamtprogramm sei der ORF 2007/08 ohnehin bereits das Schlusslicht aller öffentlich-rechtlicher Sender in der EU gewesen. Der Schnitt liege bei 14 %, Frankreich weise sogar 28 % Anteil französischer Fiktion aus.

"Alle wollen österreichische Serien und österreichisches Programm", sagt Henning. Stocker betonte, dass österreichisches Programm im Durchschnitt eine um ein Drittel bis die Hälfte höhere Zuseherquote hat. Die Forderung nach 25 % der Gebühreneinnahmen bedeute nach derzeitigen Zahlen ein Produktionsvolumen von rund 134 Mio. Euro, rechnet Stocker.

Budgetiert seien für 2010 jedoch nur 65 Mio. Euro, das sei um ein Drittel weniger als noch 2007. Damit könnte ORF demnächst für "Ohne Regionales Film- und Fernsehschaffen" stehen, so die Filmschaffenden.

Dass die Verwendung der Gebühren-Einnahmen gesetzlich festgelegt werden soll, sei keine Einschränkung des ORF, sondern diene im Gegenteil "zum Wohl des ORF": Damit könne Wrabetz, der sich nach einem Vorschlag Nolls wie Odysseus "an den Mast festbinden soll, um den Sirenen zu entgehen", "den Verlockungen von Reichweite und Quote" entkommen. Stehe die Verwendung hingegen dem ORF frei, so wäre dies in der "politisch selbst gemachten Krise des ORF" (Stocker) "wie einen Leichnam zu behübschen - wir wollen aber, dass der ORF lebt".

Erneut verwiesen die Filmschaffenden auf die zahlreichen Erfolge des österreichischen Films. Es gebe "kein Land in dieser Größe, das Vergleichbares geschafft hat. Damit tragen wir die Selbsteinschätzung, eine Kulturnation zu sein, in die Gegenwart", so Spielmann. Ein Film wie sein Oscar-nominierter Streifen "Revanche" sei 2010 in Österreich "nicht finanzierbar". Damit hänge Spielmann "gedanklich in der Luft", ob er das Risiko eingehen soll, einen heimischen Film zu erarbeiten, der dann vielleicht nicht finanziert werden kann. "Oder gleich einen mehrheitlich deutsch finanzierten Film anvisieren? Das sind dann natürlich andere Geschichten."

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