Ein prominenter ÖVP-Mandatar stellt nun das ORF-Gesetz in Frage. Vor allem die 160 Millionen Euro Steuergeld, die innerhalb von vier Jahren zusätzlich an den Sender fließen könnten, solle man infrage stellen, meint der frühere Mediensprecher und Nationalratsabgeordnete Ferdinand Maier in der "Presse".
Am kommenden Mittwoch (7. April) bei der ÖVP-Klubklausur im steirischen Loipersdorf will der Raiffeisen-Generalsekretär seine Parteikollegen davon überzeugen, mit dem Gesetzesentwurf noch einmal "zurück an den Start" zu gehen. Es sei "ohnehin kein großer Wurf, man sollte neue Strukturen verhandeln".
Für Maier ist "fraglich, ob der Sender auch wirklich seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag erfüllt". Der ÖVP-Politiker bezieht sich hier auf die kürzlich ausgestrahlte Folge von "Am Schauplatz" über Skinheads ("Am rechten Rand"). FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache wirft dem Sender vor, zwei Jugendliche für die Reportage bezahlt, eingekleidet und zu Nazisprüchen verleitet zu haben. Der ORF hat alle Vorwürfe, unkorrekt gehandelt zu haben, mehrfach vehement zurückgewiesen.
Das neue ORF-Gesetz ist bereits durch den Ministerrat und soll nach bisherigen Planungen im Mai vom Nationalrat beschlossen werden.
Ostermayer will Klarstellung von Pröll
Nach dem Vorstoß des ehemaligen ÖVP-Mediensprechers Ferdinand Maier, der nach der Aufregung um die "Am Schauplatz"-Reportage über den rechten Rand das ORF-Gesetz wieder überdenken will, geht die SPÖ deutlich in die Offensive: Medienstaatssekretär Josef Ostermayer (S) verlangte in einer Aussendung eine Klarstellung von ÖVP-Obmann und Vizekanzler Josef Pröll. Sollte das Gesetz nicht beschlossen werden, "hätte das gravierende Folgen für das Unternehmen und den Medienstandort Österreich", so Ostermayer.
Das ORF-Gesetz sei über ein Jahr lang verhandelt und am 23. Februar einstimmig im Ministerrat als Regierungsvorlage beschlossen worden, betonte der Medienstaatssekretär. Er verwies darauf, dass im Vorfeld "intensive Gespräche" mit ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf und mit Pröll geführt worden seien. Außerdem sei der Parlaments-Fahrplan mit den Oppositionsparteien abgestimmt und vereinbart worden."Ich vermisse jetzt eine Klarstellung von Vizekanzler Josef Pröll", so Ostermayer.
Kein ORF-Gesetz zu beschließen hätte unmittelbare Konsequenzen, warnte der Staatssekretär: So würden unter anderem Arbeitsplätze gefährdet, die nunmehr verankerte verfassungsrechtliche Medienbehörde drohe zu kippen und dem Radio-Symphonieorchester, das aus Geldern der Gebührenrefundierung gerettet werden soll, werde erneut die finanzielle Grundlage entzogen.
Ostermayer sieht Österreich in punkto ORF-Gesetz außerdem in der Pflicht der EU: Die Republik habe sich gegenüber der Europäischen Kommission dazu verpflichtet, die Audiovisuelle Mediendienstrichtlinie sowie die Auflagen im Beihilfeverfahren rasch umzusetzen. Eine Verschiebung des ORF-Gesetzes hätte zwei Vertragsverletzungsverfahren und das Infragestellen der für Österreich positiven Verhandlungsergebnisse zur Folge, sagte der Staatssekretär.
Pröll-Sprecher: Keine Diskussion über Ostern
Der Sprecher von Vizekanzler Josef Pröll (V), Daniel Kapp, hat wenig Verständnis für die SPÖ-Forderung nach einer Klärung der ÖVP-Haltung zum ORF-Gesetz gezeigt. "Es ist nach Ostern genug Zeit, die Diskussion zu führen", sagte Kapp zur APA. Ob die Forderung von Ex-ÖVP-Mediensprecher Ferdinand Maier, das ORF-Gesetz noch einmal zu überdenken auch Parteilinie sei, wollte er ausdrücklich "weder bestätigen noch dementieren": "Die Diskussion wird von uns nicht über das Osterwochenende geführt werden."
Kapp verwies darauf, dass Pröll nach seiner Verletzung an der Achillessehne eben erst operiert worden sei und noch im Spital liege. "Nach Ostern wird es sicher auf parlamentarischer Ebene genug Gelegenheit geben, an einem zukunftsweisenden ORF-Gesetz weiter zu arbeiten, das die Interessen des Unternehmens ebenso im Auge hat, wie die berechtigten Ansprüche der gebühren-zahlenden Zuseher", sagte der Sprecher.