Wrabetz für Einheit, Unabhängigkeit, Refundierung

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Am Donnerstag (17. September) dürfen bei der parlamentarischen Enquete Politiker, Experten, Konkurrenten und Mitarbeiter ihre Meinung zum Thema ORF loswerden - am Dienstag meldete sich vorab ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz zu Wort. Er erwartet sich von der Enquete und der ORF-Gesetzesnovelle ein klares Bekenntnis zur Einheit des ORF, zur Unabhängigkeit des Senders und seiner Gremien sowie für klare finanzielle Rahmenbedingungen, das heißt, keine weiteren Werbebeschränkungen und eine Refundierung der Gebührenbefreiungen.

Die Diskussion um eine Teilprivatisierung des Senders dreht sich fast ausschließlich um ORF 1. Es müsse endlich außer Streit gestellt werden, dass zur Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrages zwei Vollprogramme notwendig sind, forderte Wrabetz bei einem Pressegespräch. ORF 1 sei ein wichtiger Träger für Österreichs Kreativwirtschaft. Sein Erhalt als Informations-, Sport-, Kinder- und Unterhaltungskanal sei nicht nur für die Zuseher sondern auch für die Werbewirtschaft von wesentlicher Bedeutung. Weiters dürfe der ORF nicht von der digitalen Zukunft abgeschnitten werden, daher müsse auch das Online-Angebot im Gesetz festgeschrieben werden.

Punkto Unabhängigkeit wünschte sich der Generaldirektor, "dass die Gremien nicht noch komplexer werden, aber dennoch die Vielfalt der gesellschaftlichen Kräfte widerspiegeln". Für die Finanzierung des Senders will Wrabetz klare Rahmenbedingungen. Er bekennt sich zur Mischfinanzierung und will keine weiteren Werbebeschränkungen in Kauf nehmen. "Am status quo soll sich hier nichts ändern."

"Eine Umstellung auf eine reine Gebührenfinanzierung wäre aus derzeitiger Sicht nicht machbar und für die Werbewirtschaft auch nicht zu wünschen", so der ORF-Chef. Lediglich punkto Online werde es wie von der EU gefordert Beschränkungen geben, die das aktuelle Angebot des ORF laut Wrabetz aber ohnehin nicht betreffen.

Refundierung der Gebührenbefreiungen

Nötig sei die Refundierung der Gebührenbefreiungen. Voraussetzung für eine finanzielle Zuwendung seitens der Politik war ja ein strikter Sparkurs - hier hat man laut Wrabetz "unsere Kosten in nie dagewesenem Ausmaß beschränkt". Die Einsparungen gelte es nun transparent zu machen, um dadurch den Weg für die Refundierung frei zu machen. Auch bei der Verwendung der refundierten Gebührenbefreiungsgelder will Wrabetz Transparenz walten und dieses Geld nachvollziehbar in die heimische Filmwirtschaft fließen lassen.

Beim Sparprogramm sei man dank Pensionierungen und Hand-Shakes "ein gutes Stück vorangekommen". Das Hand-Shake-Programm sei mittlerweile mit 160 Mitarbeitern fixiert worden, bis Jahresende will Wrabetz auf 200 Mitarbeiter kommen. Unter den Abgängen befänden sich auch zahlreiche Leistungsträger, durch deren Weggang eine Strukturstraffung möglich sei. Der Generaldirektor hält weiter am Plan fest, 25 Prozent der Führungsposten einzusparen.

Auf die Frage, ob er auch Änderungen in seinem Direktorium plant, meinte Wrabetz, es sei seine Aufgabe als Letztverantwortlicher des ORF, für Personalrochaden "offen zu sein" in Bereichen, in denen es besser laufen könnte. Zuletzt wurde in verschiedenen Medien kolportiert, dass ORF-Personalchef Reinhard Scolik als Programmdirektor und Landesstudio Niederösterreich-Chefredakteur Richard Grasl als Kaufmännischer Direktor in die ORF-Geschäftsführung aufrücken könnten. Bei der nächsten Stiftungsratssitzung am 24. September sei ein Wechsel im Direktorium jedenfalls kein Thema, so Wrabetz.

ORF-Gesetz muss auch Blinde berücksichtigen

Im Vorfeld der parlamentarischen Enquete zum Thema ORF platzieren derzeit verschiedene Interessensvertretungen ihre Wünsche an einen öffentlich-rechtlichen Sender. Der österreichische Blinden- und Sehbehindertenverband fordert etwa einen gesetzlichen Auftrag für den ORF, ein ausreichendes Angebot für blinde und hochgradig sehbehinderte Menschen bereitzustellen. "Derzeit zahlen wir für etwas, das wir gar nicht konsumieren können", ärgerte sich Verbandspräsident Gerhard Höllerer in einer Aussendung.

So werde bis Ende Oktober im ORF nur ein einziger Hörfilm, also ein Film mit Audiodeskription, gesendet, nämlich "Good Bye, Lenin!" Höllerer fordert daher, dass neben der gesetzlichen Verpflichtung zur Audiodeskription auch alle Filme, die vom ORF finanziert oder mitfinanziert werden, Hörfilme sein müssen. Solange diesen Forderungen nicht nachgekommen werde, müssten blinde und sehbehinderte Menschen - unabhängig von ihrem Einkommen - von der GIS-Gebühr befreit werden.

Fernsehen macht sich selbst zum Thema

Nicht nur die parlamentarische Enquete zum Thema ORF selbst ist diese Woche Teil des Fernsehprogramms - auch vorher und nachher diskutieren ORF und Puls 4 über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Den Auftakt macht der Privatsender Puls 4, der am Mittwoch um 20.15 Uhr in der "TV Arena" Politiker sowie Vertreter von Zeitungen und Privatsendern live diskutieren lässt. Um 23.00 Uhr bringt der ORF einen "Club 2" zum Thema und am Donnerstag gibt es nach der Enquete auf ORF 2 einen "Runden Tisch" mit den Mediensprechern der Parteien.

Bei Puls 4 finden sich SPÖ-Klubobmann Josef Cap sowie sein ÖVP-Pendant Karlheinz Kopf am Podium ein, weiters der Vertreter der EU-Kommission aus Brüssel Philip Lowe, der Präsident des Verbandes Österreichischer Zeitungen Horst Pirker, der Public Value Beauftragte vom ORF Klaus Unterberger sowie Puls 4-Geschäftsführer Markus Breitenecker.

Im Club 2 diskutieren ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz und ZDF-Intendant Markus Schächter sowie die Chefredakteurin des "Standard", Alexandra Föderl-Schmidt. Weiters mit dabei sind Helmut Thoma, langjähriger Geschäftsführer von RTL, Rudolf Bretschneider von der GfK Austria, Mediaplaner Paul Schauer sowie Medienexperte Michael Grabner. Erörtert wird unter anderem die Frage, ob Österreich einen starken Öffentlich-Rechtlichen braucht und die "duale Finanzierung" zeitgemäß ist. Ist Unterhaltung im ORF erforderlich und sind Qualität und Quote vereinbar?

Am Donnerstag überträgt ORF 2 die Parlamentsenquete live von 09.05 Uhr bis 13.00 Uhr. Anschließend übernimmt TW1 und überträgt die Diskussion bis zum Schluss um voraussichtlich 18.00 Uhr. Abrundend gibt es am Donnerstag um 22.30 Uhr auf ORF 2 einen "Runden Tisch", bei dem Ingrid Thurnher die Mediensprecher der Parlamentsparteien begrüßt, nämlich Josef Cap (S), Karlheinz Kopf (V), Harald Vilimsky (F), Stefan Petzner (B) und Dieter Brosz (Grüne).

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