Die am 7. April angekündigte Schließung des Schweizer Kartonwerks Deisswil AG hat nun mehr als 100 betroffene Schweizer Kartonarbeiter bewogen, nach Wien zu reisen, um mit dem Mutterkonzern über Alternativlösungen und die Rücknahme des Schließungsentscheides zu verhandeln. MM-Chef Wilhelm Hörmanseder hat der Gewerkschaft Unia die Zusage gegeben, persönlich an Verhandlungen über "Alternativszenarien" zur Schließung teilzunehmen.
Bereits heute Nachmittag soll ein erstes Treffen zwischen Hörmanseder, der Unia und Belegschaftsvertretern stattfinden. Vertiefte Gespräche seien nach Abschluss der Konsultationsfrist im Mai vorgesehen, teilte die Schweizer Gewerkschaft mit. Bei MM war vorerst niemand erreichbar.
Ursprünglich wollten heute rund 130 der insgesamt 255 betroffenen Beschäftigten in Wien am Kärntner Ring vor dem Grand Hotel, in dem die MM-Hauptversammlung tagte, gegen die Schließung der Fabrik in Stettlen (Bern) demonstrieren. Nachdem Hörmanseder bekanntgab, in die Verhandlungen einsteigen zu wollen, sagten die Beschäftigten ihre Protestkundgebung ab.
MM hat die Schließung ihres Schweizer Werks mit einer "deutlichen Verschlechterung der industriellen Rahmenbedingungen in der Schweiz" begründet. Ein drastischer Anstieg der Schweizer Emissionssteuern habe bereits zum Jahresende 2009 infolge der massiven künftigen Ertragsbelastung eine Wertberichtigung von 14,2 Mio. Euro notwendig gemacht, teilte das Unternehmen damals mit.
Das Eidgenössische Department für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation widersprach dem heftig: Die Kartonfabrik Deisswil müsse die CO2-Abgabe gar nicht zahlen. Sie habe sich 2008 verpflichtet, den CO2-Ausstoß mit verschiedenen Maßnahmen - etwa der teilweisen Umstellung von Schweröl auf Erdgas - zu senken und sei deshalb von der CO2-Abgabe befreit worden.