Gabriel macht Atomkraft zum Wahlkampfthema

Teilen

Nach dem schweren Störfall im AKW Krümmel bei Hamburg will Umweltminister Sigmar Gabriel die Zukunft der Kernkraft zum Wahlkampfthema machen. "Am 27. September entscheiden die Deutschen darüber, ob dieser Reaktor und sieben weitere länger betrieben werden, wie es CDU/CSU und Kanzlerin Merkel vorgeschlagen haben. Oder ob wir in der nächsten Periode insgesamt acht dieser schwierigen Reaktoren endlich abschalten können", so der SPD-Politiker im ARD-Morgenmagazin.

Gabriel forderte eine Verschärfung des Atomausstiegsgesetzes. Dazu müssten die Laufzeiten der ältesten Kraftwerke verbindlich auf jüngere Anlagen übertragen werden, mit denen es weniger Probleme gebe. Bisher ist die Übertragung möglich, aber nicht vorgeschrieben.

Forderung nach Bundesaufsicht

Zudem sollte der Bund eine Bundesaufsicht einführen, die alle 17 Atomkraftwerke umfasst. "Das Gezerre zwischen Bund und Ländern gibt es nirgendwo auf der Welt. Es muss eine einheitliche Atomverwaltung geben", sagte der Minister. Zudem müsse die Atomwirtschaft für ihre alten Endlager bezahlen: "Es kann nicht sein, dass der Steuerzahler vier, fünf, sechs Mrd. Euro zu bezahlen hat, dafür, dass wie die Asse und Morsleben zu sanieren haben", sagte er.

Gabriel äußerte insgesamt erhebliche Zweifel an der Sicherheit deutscher Kernkraftwerke. "Der Störfall ist der Normalfall", sagte er dem "Hamburger Abendblatt". Die Behauptung der Atomindustrie, in Deutschland stünden die sichersten Kraftwerke, sei falsch. "Auch deutsche Reaktoren sind anfällig", betonte der Minister. In den vergangenen Jahren habe es eine ganze Reihe von Schwierigkeiten gegeben.

Neue Störfälle

Nur zwei Wochen nach der Inbetriebnahme des zwei Jahre abgeschalteten Reaktors Krümmel hatten am Wochenende neue Störfälle das Atomkraftwerk lahmgelegt und für erhebliche Behinderungen in der Stromversorgung etwa im benachbarten Hamburg geführt. Gabriel hatte das weitere Verfahren in Krümmel an sich gezogen. Für die Atomaufsicht sind in Deutschland in erster Linie die Länder zuständig.

Ein Unfall oder ein Terroranschlag auf ein Atomkraftwerk könne in einem dicht besiedelten Industrieland wie Deutschland "eine Katastrophe auslösen", betonte der Minister. Zu Problemen bei der Stromversorgung würde es nach der Abschaltung der Atomanlagen nicht kommen, versicherte Gabriel. Deutschland produziere derzeit mehr Strom als es selbst verbrauche.

Sicherheit und nicht Alter entscheidend

Bayerns Umweltminister Markus Söder (CSU) hält dagegen weiter eine Verlängerung der Laufzeiten für geboten. "Wir können die 60 oder 70 Prozent Strom in Bayern, die wir durch Kernkraft bekommen, nicht einfach von heute auf morgen ersetzen durch andere Werke, vor allem nicht durch Kohlekraftwerke wie es Gabriel will", sagte er. Es gehe zudem nicht "immer um die Frage neu oder alt, sondern um die Frage sicher oder nicht sicher".

Im Bayerischen Rundfunk wies Söder darauf hin, dass es für die Sicherheit eindeutige Standards gebe. "Und das wird eigentlich auch in jedem Atomkraftwerk in Deutschland erfüllt, dafür sind auch die zuständigen Behörden da." Söder wandte sich dagegen, dass der Bund die Atomaufsicht übernehmen sollte. In den Ländern hätten sich die Behörden über 30, 40 Jahre die Kompetenz erworben. "Dabei soll es auch bleiben", sagte er.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.