Smart meter werden in der EU kräftig wachsen

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Schweden wird das erste Land Europas sein, in dem "smart meters" (intelligente, zeitnahe Energiezähler) flächendeckend zum Einsatz kommen. Italien, Irland, Norwegen und Finnland werden laut dem schwedischen Marktanalysten Berg Insight bald folgen. Aber das Thema ist in vielen Ländern noch nicht durch. In Deutschland und Holland werden bereits streckenweise intensive Datenschutzdiskussionen geführt. In Österreich ist man noch nicht ganz so weit. Von Hermann Mörwald

Einige Versorger haben bereits Versuchsballone steigen lassen und wollen in ihrem Einzugsbereich Roll-outs durchführen. Bundesweit halten sich viele EVUs aber noch zurück. Man sollte auf ein EU-weit einheitliches System warten, heißt es dazu. Die Regulierungsbehörde E-Control verhandelt derzeit mit den Energielieferanten über die weitere Vorgehensweise.

Die E-Control in Person ihres Chefs Walter Boltz will bis spätestens 2015 die flächendeckende Installation von intelligenten Zählern. Die E-Wirtschaft hält die Kosten dagegen. "Für rund fünf Mio. Zähler und die dazugehörige Dateninfrastruktur sind Investitionen von rund 1,6 Mrd. Euro notwendig", argumentiert der VEÖ. Diese Investitionen seien mit dem aktuellen Messentgelt von 2,4 Euro pro Zählstelle aber nicht finanzierbar.

Die E-Control lässt das so nicht stehen und bezifferte ihrerseits das Investitionsvolumen allein für den Strombereich mit 800 Mio. bis 1 Mrd. Euro. Nach Rechnung der Behörde wäre das dann "im Wesentlichen" ohne Erhöhung des Messentgelts finanzierbar, würde dem Kunden also keine Zusatzkosten bescheren.

Kostenfrage

In Deutschland gehen Berechnungen für eine flächendeckende Installation von etwa fünf Milliarden Euro aus. Zugrundegelegt sind dabei 49 Mio. Stromzähler. Damit würde ein intelligenter Stromzähler mit allem Drum und Dran rund 100 Euro kosten, in Österreich wäre er je nach Berechnung rund zwei (E-Control) bis drei Mal (VEÖ) so teuer. Ein österreichisches Stadtwerk, dass bereits seit längerem mit intelligenten Zählern arbeitet, bezifferte im vergangenen Jahr die Kosten für ein derartiges Gerät mir dem drei- bis vierfachen eines konventionellen (rund 40 Euro).

Bei den Kosten müsse man neben dem Gerät noch die Entwicklung, Personal und die reine Umrüstung selbst dazu rechnen, erläutert E-Control-Chef Boltz gegenüber der APA. Zudem glaubt er, dass man bezüglich der unterschiedlichen Kosten mit den Versorgern eine Lösung finden wird. "Wir stehen in ständigen Verhandlungen."

An einem Strang ziehen

Zusammenarbeit, Synergien schaffen, heißt dabei die Zauberformel. "Entwickelt jedes Unternehmen solo, wird das natürlich teurer", plädiert Boltz dafür, dass sich die Versorger bei der Entwicklung der Software- und der Kommunikationsinfrastruktur sich zusammen tun. Er kann sich vorstellen, dass es in ganz Österreich dafür vielleicht zwei Dienstleister geben könnte. Damit würden die Infrastrukturkosten möglichst tief gehalten.

Zudem sollte es nicht für die diversen Energieformen (Strom, Gas, Fernwärme etc) eigene Systeme geben. Vorstellbar müsste sein, dass etwa der Gaszähler die Werte an den Stromzähler sende und dieser weiter an die Zentrale leite.

Datenschutz, ...

Kritik kommt vor allem auch wegen des Datenschutzes. Der Konsument werde noch transparenter. Die Daten könnten auf Freizeit- und Lebensgewohnheiten schließen lassen, was Missbrauchspotenzial in sich berge. Zudem könne nicht ausgeräumt werden, dass die Abwicklung der Datenströme im Internet Ziel von Hackern werden könnte.

Die Wissenschafter von Berg Insight halten die Datenschutzbedenken für übertrieben. Sie schreiben das dem menschlichen Misstrauen gegenüber jeder neuen Technologie zu. Letztlich sei es im Interesse der Versorger selbst, mit den Daten korrekt umzugehen. Alles andere würde zu einem extremen Vertrauensverlust plus rechtlicher Konsequenzen führen, heißt es in einem Statement. Schließlich sei es aber die vordringlichste Aufgabe der Energiewirtschaft, eine sichere, stabile und preiswerte Versorgung auch künftig zu gewährleisten. Und dafür stelle eben "smart metering" ein zentrales Instrument dar.

Ähnlich sieht man das bei der E-Control. Schon jetzt unterliegen Energielieferanten dem Datenschutzgesetz. Daran werde sich auch nichts ändern. Man müsse das Verfahren natürlich auch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) abbilden. Schon jetzt verfüge der Netzbetreiber über alle relevanten Daten. Künftig sollte der Lieferant (Strom, Gas etc.) vom Netzbetreiber nur die notwendigen Werte erhalten. Für die Abrechnung reiche schließlich die rein verbrauchte Menge, die dann monatlich genauer ausfalle. "Das ist dann auch ein Vorteil für den Kunden. Lästige Nachzahlungen oder jahrelange zu hohe Einstufungen, die oft auch für den Einzelnen nicht mehr rekonstruierbar sind, fallen dann weg", erläutert Boltz.

... gesetzliche Lösung gefordert

Hans G. Zeger von der ARGE Daten sieht zwei Problemfelder: Eingriff in die Privatsphäre und in Zukunft extrem komplexe Tarifmodelle. Für beides kann es seiner Meinung nach nur eine Lösung über den Gesetzesweg geben, wobei ihm klar ist, dass das nicht auf ungeteilte Gegenliebe stoßen wird: "Dann bin ich halt der Spielverderber."

Die Energieunternehmen müssten dazu verpflichtet werden, dass die Daten sofort anonymisiert werden. Bezüglich Tarifmodelle verweist er auf andere Branchen, in denen es deswegen Probleme gegeben habe und weiterhin gebe. So würden etwa die Beschwerden bezüglich Internettelefonie derzeit regelrecht anschwellen. Der Konsument könne zumeist die unterschiedlichen Modell bewerten und die Fallen erkennen, "oft kann das der Verkäufer selbst nicht, weil er sie gar nicht kennt." Er schlägt vor, dass diverse Verbrauchsprofile (Singlewohnung, vierköpfige Familie mit Haus etc.) gesetzlich festgelegt werden, nach denen die Versorger ihre Preise bilden müssen.

Das AGB alleine reiche nicht aus. Dafür gebe es mittlerweile zu viele Anbieter am Rande, schwarze Schafe, "die jede Lücke nützen werden."

"Smartes" Geschäft

"Smart metering" wird laut der Analyse von Berg Insight aber ein Geschäft. Dafür sorge schon alleine die EU-Vorgabe, laut der bis 2020 EU-weit 80 Prozent der Haushalte mit intelligenten Zählern ausgestattet sein sollen. Das jährliche Wachstum bis 2014 wird demnach bei über 16 Prozent liegen. Das bedeute, dass dann bereits 96,3 Mio. Haushalte über ein derartiges Gerät verfügen werden.

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