Die Wasserkraft ist in Österreich von allen Formen der Energiegewinnung die beliebteste. Das geht einer Umfrage hervor, die die Arbeitsgemeinschaft für wissenschaftliche Wirtschaftspolitik (WIWIPOL) in Kooperation mit der Sozialwissenschaftlichen Studiengesellschaft (SWS) im März 2009 durchgeführt haben. Demnach stimmten 86 Prozent der 763 Befragten der Nutzung von Wasserkraft zu, wie Patrick Horvath von der WIWIPOL bei der Präsentation der Studie in Wien erklärte.
Wind- und Sonnenenergie erhielten 78 Prozent Zustimmung, Gas 30 Prozent und Kohle nur 18 Prozent. Das Meinungsklima sei für den Ausbau der Wasserkraft derzeit sehr günstig, meinte Horvath. So scheine es auch eine Neubewertung des Projekts Hainburg zu geben: 23 Prozent würden der Verwirklichung des Projekts ohne Vorbehalte zustimmen; 47 Prozent, wenn der Umweltschutz berücksichtigt wird und 27 Prozent lehnen das Projekt Hainburg in jedem Fall ab. Es gebe "keine Hegemonie der Gegner in diesem Bereich" mehr, sagte Horvath.
Was sich nicht geändert hat, ist die ablehnende Haltung der Österreicher zur Atomkraft. Drei Viertel lehnten Atomkraftwerke in Österreich auch für den Fall ab, dass Österreich das Öl und Gas ausgehen sollte. Die Errichtung eines Atomkraftwerks gemeinsam mit und in der Slowakei lehnten sogar 81 Prozent ab.
69 Prozent der Befragten waren der Ansicht, dass in Österreich neue Kraftwerke gebaut werden müssen, gut ein Viertel verneinte dies. Dass man durch Stromsparen auf neue Kraftwerke verzichten kann, glaubten 56 Prozent, 39 Prozent glaubten es nicht.
"Wir haben diese Studie weder bestellt noch bezahlt, fühlen uns aber durch sie sehr bestätigt", sagte Verbund-Vorstand Christian Kern bei der Veranstaltung. Der Verbund habe derzeit 25 Kraftwerke im Bau oder im sehr fortgeschrittenen Planungsstadium. Der World Energy Council gehe von einer Zunahme des Energieverbrauchs um 50 Prozent bis zum Jahr 2030 aus, selbst unter der Annahme einer deutlich verbesserten Energieeffizienz. Einer der Gründe dafür sei die sehr dynamische Wirtschaftsentwicklung der Emerging Markets, vor allem von China und Indien.
Anstieg der Energiepreise erwartet
Für die Zukunft rechnet Kern mit einem signifikanten Anstieg der Energiepreise. Außerdem werde die Preisvolatilität zunehmen. Unterdessen würden sich Gazprom und chinesische Staatsfonds aggressiv um die Sicherung von Ressourcen in Afrika bemühen und hätten dort bereits einen Vorsprung gegenüber Westeuropa. Die Gasabhängigkeit Europas wird nach Ansicht des Verbund-Vorstands in den nächsten 15 Jahren zunehmen, auch, weil derzeit bevorzugt Gaskraftwerke gebaut würden. "Wir müssen heute eine Strategie entwickeln, wie wir Gasressourcen sichern können. Diversifizierung ist das Schlagwort der Stunde", sagte Kern und verwies auf das Nabucco-Projekt. LNG sei im Moment "ganz eindeutig nicht konkurrenzfähig gegenüber Pipeline-Lieferungen, aber ein Weg zur Diversifizierung".
Kritik übte Kern am derzeitigen System der EU-Förderungen für alternative Energien. "Wir erleben derzeit Exzesse, die irrational, teuer und schädlich sind", sagte Kern und führte als Beispiel die Förderung der Solarenergie in Deutschland an. "Auf Dauer muss das Geschäft aus Deutschland abwandern, weil der Standort dafür nicht geeignet ist." Die EU-Förderungen sollten künftig Standort-spezifisch vergeben werden, so Kern. Künftig werde es wohl zu einer Spezialisierung kommen: Wind im Norden, Solar im Süden, und in der Mitte in den Alpen die Wasserkraft.
Androsch für den Ausbau der Wasserkraft
Ex-Finanzminister Hannes Androsch zeigte sich verärgert darüber, dass die UVP-Novelle "auf dem Weg zur Gesetzwerdung weitgehend zerstört" worden sei, obwohl die Wasserkraft in Österreich zu einem Drittel nicht genützt werde. "Paradox" findet er, dass man sich gegen Zwentendorf und Hainburg entschieden und sich dafür eine höhere Abhängigkeit von Gas eingehandelt habe. Androsch sprach sich für den Ausbau der Wasserkraft auch zur Konjunkturstützung aus. Das könnten die EVUs selbst finanzieren und bräuchten nicht die öffentliche Hand. "Wenn man die Umweltgesetze im 19. Jahrhundert gehabt hätte, wäre nie ein Eisenbahnnetz entstanden", spitzte Androsch seine Argumentation zu.
Ähnlich sieht es auch ÖBB-Aufsichtsratspräsident Horst Pöchhacker. "Investitionen in Energie-Infrastruktur sind ein absolut geeignetes Konjunkturbelebungsmittel." Bei der UVP wolle man nicht an den Zielen rütteln, "aber die Abwicklungslänge ist irre". Die Genehmigungsverfahren "sind Verhinderungsverfahren geworden", meinte Pöchhacker.
Nach Ansicht von Christian Wojta, seit Anfang März Geschäftsführer der Energie Allianz Austria (EAA) und der Wien Energie Vertrieb GmbH, wird der verpflichtende Erwerb von CO2-Zertifikaten ab 2013 die österreichische Industrie zusätzlich mit 400 bis 600 Mio. Euro belasten - bei einem angenommenen Preis von 30 bis 40 Euro pro Tonne CO2. In Wien habe man daher das Ziel, mit der Fernwärme bis 2020 am Raumwärme-Markt einen Anteil von 50 Prozent zu erreichen.