Croitoru zum neuen Regierungschef Rumäniens ernannt

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Lucian Croitoru, ein bisher unbekannter parteiloser Wirtschaftsexperte, ist zum neuen Regierungschef in Rumänien ernannt worden.

Croitoru hat laut Verfassung 10 Tage Zeit, ein Kabinett zusammenzustellen und sich mit einem Regierungsprogramm dem Vertrauensvotum des Parlaments zu stellen. Eine Bestätigung durch das Parlament ist jedoch äußerst unwahrscheinlich. Die Opposition, die bereits am 14.10. in der Person von Klaus Johannis, dem Bürgermeister der zentralrumänischen Stadt Sibiu (Hermannstadt), einen eigenen unabhängigen Kandidaten nominiert hatte, bezeichnet die Ernennung als "Farce" und "politischen Bluff" des Präsidenten. Dieser würde damit die Regierungskrise auf unverantwortliche Weise verlängern.

Die neu gruppierten Oppositionsparteien, die National-Liberalen (PNL), die Sozialdemokraten (PSD) und die Ungarnpartei (UDMR), die mit den Minderheitenvertretern eine 65-prozentige Mehrheit im Parlament bilden, kündigten die Anfechtung der Nominierung Croitorus vor dem Verfassungsgerichtshof an. Basescu übergehe mit seiner Weigerung, die Nominierung von Johannis anzunehmen, die neue parlamentarische Mehrheit.

Erfahrener Verhandlungsführer

Croitoru entspricht laut Basescu einerseits dem Wunsch der meisten parlamentarischen Parteien, einen politisch unabhängigen Premier zu finden. Andererseits sei er ein Kandidat, der "die Sprache des Internationalen Währungsfonds" spricht, um angesichts der Auswirkungen der Finanzkrise in Rumänien und den laufenden Abkommen des Landes mit den internationalen Finanzinstitutionen einen erfahrenen Verhandlungsführer zu haben.

Als kurzfristige Prioritäten seines Regierungsprogramms nannte Croitoru neben der Sicherung der ordnungsgemäßen Abwicklung der Präsidentschaftswahl und die Weiterführung der Abkommen mit den internationalen Finanzinstitutionen. Langfristig sprach Croitoru von der "imperativen Notwendigkeit", eine makroökonomische Stabilität zu erreichen, um den Lebensstandard der Rumänen an jenen der EU angleichen zu können und 2014 der Euro-Zone beitreten zu können.

Der 52-jährige Croitoru ist studierter Wirtschaftskybernetiker und Professor für internationale Makroökonomie an der Wirtschaftsuniversität Bukarest, der bisher als Berater des Gouverneurs der rumänischen Nationalbank, Mugur Isarescu, tätig war. Er hatte nach einer Forschungstätigkeit im akademischen Bereich ab 2003 vier Jahre lang Rumänien beim Internationalen Währungsfonds vertreten. Auch während Isarescus einjähriger Amtszeit als Ministerpräsident im Jahr 2000 blieb Croitoru dessen Berater.

PSD bietet Finanzminister-Posten

PSD-Chef Mircea Geoana betonte, es sei unmöglich, ohne eine Unterstützung der parlamentarischen Mehrheit als Premier bestätigt zu werden, lud Croitoru aber ein, als Finanzminister in der Expertenregierung von Johannis mitzuwirken. Die bisherige Regierung der Liberaldemokraten (PDL) von Premier Emil Boc war am 13. Oktober einem Misstrauensvotum erlegen.

Dieser jüngste Konflikt ist die letzte Entwicklung einer langen Reihe von Streitigkeiten zwischen den parlamentarischen Parteien, deren führende Persönlichkeiten sich bei den Präsidentschaftswahlen am 22. November gegenüberstehen und aus den spektakulären politischen Umwälzungen Imagekapital zu gewinnen versuchen. Der scheidende Premier Boc hatte als letzte Amtshandlung versucht, durch eine umfassende Pensionsreform die "unverschämten Luxuspensionen" abzuschaffen, von denen auch Parlamentarier profitieren. Er behauptete, darauf "stolz" zu sein, dass seine Absetzung auf den mutigsten Reformkurs im postkommunistischen Rumänien zurückzuführen sei.

"Versuchter Wahlbetrug" Basescus

Die Oppositionsparteien hatten jedoch immer wieder von einem versuchten Wahlbetrug Basescus gesprochen und Boc als "Lakai" des PDL-nahen Präsidenten bezeichnet. Anfang Oktober, als Boc noch einem Regierungsbündnis aus PDL und PSD vorstand, hatte er den PSD-Innenminister Dan Nica wegen "Inkompetenz" entlassen - laut PSD mit der Absicht, mit dem Innenministerium auch die Kontrolle über die Organisation der Wahlen an sich zu reißen. Nica hatte öffentlich darauf angespielt, dass der Koalitionspartner PDL durch Anmietung von Reisebussen seine Wähler landesweit zu einer mehrfachen Stimmabgabe veranlassen wollte.

Die hohe politische Instabilität in Rumänien - allein im letzten Monat erlebte das Land drei Regierungswechsel, zwei Misstrauensanträge, Proteste der Beamten und sogar einen Generalstreik der öffentlich Bediensteten - veranlasste den IWF, das Evaluationsverfahren, von dem die Weiterführung des Darlehens an Rumänien abhängt, zu verschieben. Rumänien erwartet infolge seines Abkommens mit dem IWF weitere Auszahlungen von insgesamt 2,5 Mrd. Euro durch IWF, Weltbank und die EU.

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