Tschechien will die Ratifizierung des EU-Reformvertrags noch heuer abschließen.
Mit Blick auf die noch ausständige Prüfung durch das Brünner Verfassungsgericht sagte der tschechische Ministerpräsident Jan Fischer, "dass alle Voraussetzungen gegeben sind, dass die Ratifizierung bis Jahresende abgeschlossen ist". Fischer äußerte sich in einer Videokonferenz mit EU-Spitzenvertretern aus Prag, nachdem er einen Flug nach Brüssel kurzfristig aus "technischen Gründen" absagen musste.
Im Gespräch mit dem schwedischen EU-Ratsvorsitzenden Fredrik Reinfeldt, EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso und EU-Parlamentspräsident Jerzy Buzek versicherte Fischer, er sei "überzeugt" davon, dass der tschechische Staatspräsident Vaclav Klaus nach einem Urteil des Prager Verfassungsgerichts die Ratifizierung abschließt, "indem er den Vertrag unterzeichnet". "In der Tschechischen Republik stellt sich nicht die Frage Ja oder Nein, sondern lediglich nach dem Wann."
"Kein Grund zum Aufschub"
Das tschechische Verfassungsgericht prüft derzeit auf Antrag von Klaus nahestehenden europaskeptischen Senatoren, ob der Lissabon-Vertrag in Einklang mit der tschechischen Verfassung steht. Fischer betonte, dass er in regelmäßigem Kontakt mit Klaus stehe. "Alle Signale, die ich erhalten habe, deuten darauf hin, dass es für den Präsidenten keinen Grund zum Aufschub gibt, sobald das Verfassungsgericht bestätigt, dass der Lissabon-Vertrag im Einklang steht mit der Verfassung."
Reinfeldt betonte, es sei "noch nicht alles geklärt". Er werde mit den Gesprächen mit den Staaten über die Nominierungen für einen EU-Ratspräsidenten und den EU-Außenbeauftragten ("Hohen Repräsentanten") beginnen, sobald klar sei, wann der Lissabon-Vertrag in Kraft trete.
Am 7.10. habe er den scheidenden EU-Außenbeauftragten Javier Solana gebeten, bis Ende Oktober im Amt zu bleiben. Vor dem Gespräch hatte der schwedische Ministerpräsident die Erwartung geäußert, dass sich das Verfassungsgericht innerhalb von zwei bis drei Wochen mit der Klage gegen den Lissabon-Vertrag befassen werde. "Die Botschaft lautet: Wir brauchen den Lissabon-Vertrag. Er sollte in Kraft sein vor Ende der schwedischen EU-Präsidentschaft" - am Jahresende.
Versprechen aus Polen
Barroso sagte, es gebe ein Versprechen des polnischen Präsidenten Lech Kaczynski, den Vertrag noch diese Woche zu unterzeichnen. Über seinen Kanzleichef ließ Kaczynski am 7. Oktober mitteilen, dass in den kommenden Tagen eine offizielle Feier stattfinden soll, in deren Rahmen der Präsident das Ratifizierungsgesetz unterzeichnen wolle. Barroso rief die EU-Staaten dazu auf, bis Monatsende die Rechtsgrundlage zu klären, damit er seine künftige EU-Kommission bilden könne. Fischers "klares Engagement" begrüßte Barroso.
Buzek betonte, er werde am 9.10. nach Prag reisen, um Regierung und Abgeordneten seine Position zu erläutern. Er erwarte auch ein Treffen mit Klaus, bestätigt sei dies aber noch nicht. Reinfeldt kündigte an, Europaministerin Cecilia Malmström werde bereits am 8.10. in der Angelegenheit nach Prag reisen. Es gehe nicht darum, Druck auf Tschechien auszuüben. Man müsse aber zeigen, welche Kosten den anderen EU-Staaten durch eine Verzögerung des Lissabon-Vertrags entstünden, sagte Buzek.