"Die Regelungswut ist ungebrochen ist", zieht der Vizepräsident der scheidenden EU-Kommission Bilanz.
Verheugen, der für ein Antibürokratie-Programm der EU verantwortlich zeichnet, machte keinen Hehl daraus, dass er die Hauptquelle ständig neuer Vorschriften nicht in Brüssel, sondern in den Mitgliedsstaaten ortet.
Diese sollten aufhören, "sich hinter den europäischen Regeln zu verstecken", meinte Verheugen, der eine vorläufige Schlussbilanz über das EU-Programm zog, mit dem die von der EU verursachten Bürokratiekosten für die Bürger/Unternehmen bis 2012 um 25 % gesenkt werden sollen.
Die Kommission hat bisher Vorschläge zur Kostenreduzierung im Ausmaß von mehr als 40 Mrd. Euro eingebracht, über 30,7 Mrd. davon haben Rat und Parlament noch nicht entschieden. Die größten Einsparungen soll die geplante elektronische Abrechnung der Mehrwertsteuer bringen.
124 Mrd. Euro jährliche Kosten
Die europäischen Regelungen verursachen aktuell 124 Mrd. Euro jährliche Kosten - noch einmal so viel muss für die Erfüllung der nationalstaatlichen Bürokratievorschriften ausgegeben werden. 80 % des "europäischen Anteils" gehen auf nur 72 Rechtsakte der Union zurück.
Die auf den Weg gebrachten Einsparungen von 40 Mrd. Euro sind laut Verheugen freilich "brutto" zu verstehen - wie viel davon schließlich durch neue Regelungen wieder egalisiert würden, darüber habe sich die Kommission noch kein Urteil bilden können, sagte Verheugen. Verwaltungsreformen "funktionieren jedenfalls nicht, wenn man die den Experten überlässt, Experten hätten immer gerne alles".
Bürokratieabbau sei eine "erstrangige politische Führungsaufgabe", ausschlaggebend sei, welche Verwaltungsvorgänge und Daten die Gesellschaft und die Politik benötigten. Aber nicht nur die Regierungen, auch die künftige Kommission müsse "strengste Maßstäbe anlagen, ob eine Regelung erforderlich ist oder nicht."