Der 49-Jährige Wolfgang Viehauser wird neuer Privatkundenvorstand der Hypo NÖ.
Der gebürtige Niederösterreicher war seit 1. Dezember 2010 Leiter der Abteilung Public Finance sowie zuletzt Bereichsleiter Markt und Stv. Vorstand der HYPO NOE Gruppe. Viehauser (49) hat seine lange Banklaufbahn 1992 in der Österreichischen Kontrollbank in der Abteilung Projektanalysen begonnen. Von 1999 bis zu seinem Eintritt in die HYPO NOE war er als Geschäftsführer der Public Private Financial Consulting GmbH, der Kommunalkredit Beteiligungs- u. Immobilien GmbH sowie als Abteilungsdirektor der Abteilung Finanzierung der Kommunalkredit Austria AG und Dexia Kommunalkredit Central & Eastern European Bank tätig. Wolfgang Viehauser studierte an der Montanuniversität Leoben Hüttenwesen, Betriebs- und Energiewirtschaft sowie Management Systems Engineering an der Virginia Tech in Blacksburg (USA). Darüber hinaus absolvierte er ein Leadership Development-Programm an der Harvard Business School (USA).
Interview Wolfgang Viehauser, Vorstand HYPO NOE Gruppe (geführt von Herta Scheidinger)
Vor kurzem wurden Sie zum Privatkunden-Vorstand in der HYPO NOE bestellt. Was sind Ihre künftigen Aufgaben?
Meine Aufgaben bestehen im Wesentlichen darin, die Vertriebsaktivitäten in Österreich zu steuern. Neben den Privat- und Firmenkunden werde ich auch für das Geschäft mit der öffentlichen Hand zuständig sein. Zudem gibt es einen Sonderbereich, der sich mit Kirchen und Interessensvertretungen beschäftigt. Wenn ich Österreich sage, dann liegt der Schwerpunkt natürlich auf Niederösterreich und Wien. Das sind die Regionen, in denen wir ganz stark tätig sind.
Welchen Anreiz kann man den privaten Kunden, trotz extrem niedriger Zinsen, bieten, damit sie ihr Geld zur Bank tragen?
Die aktuellen Negativ-Zinsen sind für die Banken und alle Sparer ein großes Problem. Wie soll man beispielsweise einem Kind erklären, dass es sparen soll, wenn es am Ende der Sparperiode kaum mehr herausbekommt, als es am Anfang reingelegt hat. Wir haben im Moment eine prognostizierte Inflationsrate von 1,7 Prozent. Da die Banken den Kunden keine Negativzinsen verrechnen, bekommt man trotzdem immer noch bis zu einem Prozent Zinsen. Würden sie es zu Hause in den Safe legen, dann bekommen sie das nicht und die Inflation haben sie trotzdem. Heute ist es also wichtiger geworden, sich zu überlegen, wieviel Geld in nächster Zeit benötigt wird und wieviel für die Zukunft angespart werden soll. Diesen Teil, den ich ansparen möchte, den muss ich klüger veranlagen, als ihn nur auf ein Sparbuch zu legen. Insofern macht es natürlich Sinn, Geld zur Bank zu bringen und sich dort gemeinsam mit seinem Betreuer zu überlegen, wie es am besten veranlagt werden soll.
Das zur Verfügung stehende Geld also splitten und dann anlegen?
Ich merke das sehr oft im Freundes- und Bekanntenkreis. Da gibt es Leute, die 10.000 oder 20.000 Euro haben und fragen, was sie damit machen sollen. Meine ersten Fragen sind dann immer: „Wann wirst Du das Geld brauchen und was willst Du damit machen?“ Es ist interessant, wie wenig Menschen sich über genau diese Fragen Gedanken machen. Brauche ich das Geld für meine Pension? Brauche ich es in 15 oder 20 Jahren oder ist es für mich ein Notgroschen, wenn die Waschmaschine eingeht? Für den Notgroschen muss das Geld natürlich kurzfristig zur Verfügung stehen. Hier bietet sich die klassische Sparvariante an. Aber auch hier kann ich unterscheiden. Wenn ich weiß, ich brauche es sicher zwei Jahre lang nicht, dann binde ich es auf zwei Jahre und kann damit deutlich höhere Zinsen lukrieren. Wenn ich das Geld aber erst in 20 Jahren brauche, dann kann ich die Veranlagung natürlich ganz anders gestalten.
Der Beratungsaufwand für die Kunden ist also gestiegen, weil man sein Geld nicht automatisch auf ein Sparbuch legt.
Vor 10 oder 15 Jahren hat man sich überlegt, ob man einen Bausparer auf sechs Jahre oder ein Sparbuch auf drei bzw. fünf Jahre abschließt. Oder sein Geld einfach auf dem Konto liegen lässt. Heute ist es deutlich wichtiger geworden, sich hierüber Gedanken zu machen, weil Sie sonst Geld verlieren. Das steigert natürlich den Beratungsaufwand. Es steigt aber auch die Herausforderung an den Kunden, sich über die eigene finanzielle Situation Gedanken zu machen und festzulegen, wann welche Geldmittel benötigen werden.
Welche Produkte werden hier gerne genommen?
Wir haben da ganz attraktive Produkte, insbesondere das Twinset. Dabei hat man ein Wertpapierdepot gemeinsam mit einem Sparbuch. Das beinhaltet also eine längerfristige und eine kürzere Komponente. Das wird von den Kunden gerne angenommen. Der Kunde kann zwischen diesen zwei Varianten umschichten und so auf seine Bedürfnisse abstimmen. Allerdings ist in Österreich der Sicherheitsgedanke sehr groß. Deswegen sind immer noch viele Kunden reine Sparkunden und gehen in keine Wertpapierveranlagung. Das ist schade, weil man dann letztendlich Geld in diesem Bereich verliert. Wenn sie die Inflation schnell durchrechnen: Bei 20.000 Euro Veranlagung auf fünf Jahre und ein Prozent Inflation verlieren Sie in dem Zeitraum knapp 1.000 Euro aufgrund der Inflation.
Haben die Kunden am Anfang nicht eher abgewartet, ob sich die Zinssituation nicht doch schnell wieder ändert?
Dieses Abwarten merkt man auch daran, dass die Kunden sehr kurzfristig veranlagen. Es liegt viel Geld auf „täglich-fällig-Konten“. Obwohl es von Anfang an länger veranlagt hätte werden können. Natürlich wollten Kunden an möglicherweise steigenden Zinsen schnell mitnaschen. Die Entwicklung ging aber in die andere Richtung, die Zinsen sind weiter gesunken. Hätte man gleich etwas länger veranlagt, dann hätte man auch länger die höheren Zinsen lukrieren können. Aufgrund der Notenbankpolitik und jetzt auch aufgrund des Brexit ist davon auszugehen, dass diese Niedrigzinsphase noch länger andauert und das Abwarten für die nächsten Jahre auch ein Abwarten bleibt.
Das Problem ist, dass man nicht sieht, dass das Geld weniger wird. Alleine von der Zahl her, wird es sogar eine Spur mehr, weil Sie ja Zinsen bekommen. Erst wenn man die Inflation gegenrechnet, wird es weniger. Das ist dann in der Kaufkraft merkbar.
Ist die von Ihnen forcierte Regionalität nicht durch die Online-Strategie in Gefahr?
Wir sehen die Regionalität eher im Kommen. Natürlich kann man mittlerweile schon sehr viel online abwickeln. Das wird von unseren Kunden auch sehr intensiv genutzt. Aber für wesentliche Themen wie die Vorsorge, die Eigenheimfinanzierung oder größere Kredite suchen die Kunden doch das Gespräch mit ihren Bankbetreuern. Da ist es doch sehr angenehm, wenn es Betreuer gibt, zu denen eine Vertrauensbasis besteht. Unsere Mitarbeiter kommen aus der Region, kennen die Situation vor Ort und auch die die Kunden. Da führt man so ein Gespräch anders, denn das sind große und wichtige Lebensentscheidungen. In jungen Jahren interessieren sich viele für die Eigenheimfinanzierung. Die wenigsten wollen das online machen. Auch nicht mit einer Bank, die sie gar nicht kennen oder die ihren Sitz nicht in Österreich hat. Wir wissen nicht, welche Zeiten noch kommen. Da ist es wichtig, dass die Bank auch dann an der Seite ihrer Kunden steht. Deshalb suchen viele das Gespräch mit einer regionalen Bank.
Also das Alltagsgeschäft passiert online, aber wenn es um große Entscheidungen geht, dann braucht es einen Berater?
Wir sind dieser Meinung. Ein Beratungsgespräch ist oft sehr wertvoll. Was wir sehen ist, dass sich die Kunden via Internet oft wirklich gut vorbereitet kommen, aber letztendlich suchen sie doch das Gespräch. Diese persönliche Kompetenz bieten unsere Mitarbeiter vor Ort an. Deswegen erleben wir eine Symbiose: Auf der einen Seite die Digitalisierung und auf der anderen Seite die Regionalität für diese wichtigen, einschneidenden Schritte im Leben.