Coronavirus

Omikron: Forscher warnen vor "gefährlichem Fatalismus"

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Zuletzt sei vielfach der Eindruck entstanden, dass es sich hier um eine "milde" Variante handle, deren Eindämmung keinen Sinn mehr macht.  

Im Angesicht der Omikronwelle mahnen mehr als 30 Wissenschafter im Fachmagazin "British Medical Journal (BMJ)" ein europaweites Vorgehen zur Eindämmung der Verbreitung der neuen Variante ein. Zuletzt sei vielfach der Eindruck entstanden, dass es sich hier um eine "milde" Variante handle, deren Eindämmung keinen Sinn mehr macht. Der an dem Aufruf beteiligte IHS-Forscher Thomas Czypionka warnt in dem Zusammenhang vor einem "unangebrachten und sogar gefährlichen" Fatalismus.

 Der am Donnerstag veröffentlichte Beitrag vereint Forscher aus verschiedensten Wissenschaftsbereichen. Aus Österreich ist neben dem am Institut für Höhere Studien (IHS) in Wien tätigen Czypionka auch die Politikwissenschafterin Barbara Prainsack von der Universität Wien beteiligt. Beide Forscher hatten sich im Verlauf der Pandemie mehrfach dahingehen engagiert, dass Covid-19-Fallzahlen möglichst niedrig gehalten und es grenzüberschreitende Koordination brauche.

Entschlossenes Handeln

Spätestens jetzt gelte es, entschlossen und europäisch abgestimmt dem fortschreitenden massiven Fallzahlenanstieg in Europa gemeinschaftlich entgegenzutreten. "Es ist an der Zeit, die europäische und auch die globale Dimension dieser Pandemie endlich auch in der Politikgestaltung ernst zu nehmen. Das Problem kann nicht auf nationaler Ebene gelöst werden", so Prainsack in einer Aussendung des IHS. "Nach zwei Jahren Pandemie sollten die Gefahren von verzögerten, ineffektiven und unkoordinierten Eindämmungsmaßnahmen bekannt sein", heißt es in dem Aufruf.

Zuletzt habe sich hingegen aber vielfach eine Haltung dahin gehend etabliert, dass Versuche, der Verbreitung der deutlich ansteckenderen SARS-CoV-2-Variante möglichst Einhalt zu gebieten, kaum sinnvoll seien, weil sich so und so nahezu jeder mit Omikron infizieren werde. "Dieser Fatalismus ist nach unseren Erkenntnissen unangebracht und sogar gefährlich", so Czypionka: "Bewährte evidenzbasierte Maßnahmen sind immer noch wirksam, um Infektionen zu reduzieren und damit kritische Infrastruktur und Gesundheitsversorgung nicht zu überlasten."

Die Forscher weisen in dem Papier konkret auf drei Handlungsfelder hin: Den weiter entscheidenden Zusammenhang zwischen hohen Infektionszahlen und drohenden hohen Belastungen im Gesundheitssystem, den besonderen Schutz der weiter europaweit großteils ungeimpften Kindern sowie das Hintanhalten der Welle, um Zeit für das Vorantreiben der Drittimpfungen zu schaffen, die laut aktuellen Studien vor allem vor schweren Erkrankung schützt.

Niedrige Zahlen

Möglichst niedrige Fallzahlen würden nicht zuletzt auch die kritischen Infrastrukturen schützen, die durch besonders viele gleichzeitig in Quarantäne befindliche Personen unter Druck zu geraten drohen. Außerdem weisen die Wissenschafter darauf hin, dass Krankenhauskapazitäten für Kinder begrenzt sind. Die Auslastungsgrenzen könnten bei einer unkontrolliert durch Europa schwappenden Infektionswelle rasch erreicht werden. "Daher ist es wichtig, Infektionen zu reduzieren und die pädiatrischen Kapazitäten besser zu überwachen", so Emil Iftekhar vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen (Deutschland). Schulen und Kindergärten sollten mit möglichst dichten Sicherheitsnetzen möglichst offen gehalten werden. Erneute Schließungen sollten als letztes Mittel angesehen werden.

Wie auch viele andere Experten, verweist die Gruppe auf die Wichtigkeit der Boosterimpfungen, um etwa den Anteil an schweren Krankheitsverläufen unter den zahlreichen Omikron-Infektionen gering zu halten. "Die Immunisierung mit nur zwei Dosen bringt nur einen geringen Schutz gegenüber Infektion, aber der Schutz erhöht sich markant durch die dritte Dosis", schreiben die Forscher. Es gelte so auch das Übergreifen der Welle in für schwere Verläufe gefährdete höhere Altersgruppen möglichst zu verhindern bzw. hinauszuzögern, um die Booster-Raten dort und in der Gesamtbevölkerung weiter zu erhöhen.

Die Politik und die Behörden müssten sich darum bemühen, in Zeiten von Falschinformationen und Co das Vertrauen der Bevölkerung aufrechtzuerhalten bzw. wieder zurückzugewinnen. Letztlich bleibe es auch unter Omikron-Bedingungen dabei, dass die Umsetzung bekannter wirksamer Maßnahmen, wie Homeoffice, Maskentragen und Einschränkungen bei Versammlungen in Innenräumen rasch Effekte zeitigen. Das nehme Druck aus der Situation und verringere die Wahrscheinlichkeit, dass es zu strengeren Maßnahmen wie Schließungen, Ausgangssperren oder Lockdowns komm, so die Wissenschafter.
 

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