Sobald Peak bei Infektionen überschritten ist, braucht es Perspektive in Richtung Normalisierung.
Mit scharfen Worten hat Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer die Abschaffung der Sperrstunde um 22.00 Uhr gefordert. Diese "Schnapsidee" sei zu überdenken, sagte er im Gespräch mit der APA. Wäre ein so frühes Schließen der Gastronomie und von Veranstaltungen ein "geniales Instrumentarium", dann hätten das wohl auch andere Länder eingeführt. "Aber wir sind da anscheinend die Einzigen, die zum Kontroll- und Einsperrterror neigen", so Mahrer.
Bei "ganz normalen Veranstaltungen", von Kulturevents bis zur Gastronomie, "spricht nichts gegen eine Öffnung bis Mitternacht", ist Mahrer überzeugt. Eine Öffnung der Nachtgastronomie fordert er nicht, "das fordert ja niemand, das will ja nicht einmal die Nachtgastronomie selber", denn Diskotheken etwa hätten sich schon darauf eingestellt, erst im Frühjahr wieder aufzusperren. Aber bei der Verlängerung der Sperrstunde bis Mitternacht "wäre die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern gut beraten, sofort etwas zu machen, auch vor dem Hintergrund der beginnenden Semesterferien", weist der Wirtschaftskammerchef auf die Urlaubssaison im Februar hin..
Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen
Wenn nun der Lockdown für Ungeimpfte auslaufe, dann müsse man auch die Verhältnismäßigkeit anderer Maßnahmen überdenken, fordert Mahrer. Wenn im Handel alle FFP2-Masken tragen, dann liege nach einer Max-Plank-Studie die Ansteckungsgefahr beim Einkauf nur bei 0,1 Prozent, rechnet er vor. "Also verstehe ich nicht, warum man, wenn es eine Impfpflicht gibt, dort den Kontrollwahn aufrechterhält", so Mahrer. Er verstehe da den Unmut der Beschäftigten, die die Einhaltung der 2G-Regeln kontrollieren müssen. Die Beratungsgruppe der Regierung, Gecko, sollte sich dazu rasch äußern und Entscheidungen dazu nicht in den März verschieben. Der WKÖ-Präsident zweifelt an der Verfassungsmäßigkeit der Maßnahme.
Außerdem kritisiert Mahrer die verkürzte Gültigkeit der zweiten Corona-Impfung für den 2G-Nachweis von nur mehr sechs statt früher neun Monaten. Dass diese Maßnahme "ruckizucki" knapp vor Beginn der Semester-Ferienwochen eingeführt werde, stößt Mahrer besonders sauer auf. Zwar sei die Maßnahme schon länger angekündigt, aber noch nicht formell in einer Verordnung festgehalten, die Mitgliedsbetriebe könnten aber nicht "auf Verdacht" ihre Mitarbeiter informieren. "Ich bin nicht gegen die Maßnahme", betont Mahrer. Aber wenn die Bundesregierung diese Verkürzung einführe, dann müsse das rechtzeitig geschehen, sodass alle offiziell informiert werden können. "Niemand wird in der Wirtschaft jemanden auf Verdacht informieren, denn wie wir in den letzten 22 Monaten gesehen haben, ist schon viel gesagt worden und dann ganz anderes passiert." Abgesehen von der Information der Menschen in Österreich müsse man auch die Ausländer, die nach Österreich kommen, informieren - gerade vor einer Urlaubszeit.
Abschaffung aller Maßnahmen
Neben den ganz kurzfristigen Änderungen bei den Corona-Maßnahmen fordert Mahrer "nach Überschreiten des Peaks" bei den Corona-Infektionen auch eine Perspektive in Richtung Abschaffung aller Maßnahmen und Öffnung der Nachtgastronomie. Wobei Mahrer den Peak schon kommende Woche erwartet. "Möglichst zeitnah" sollten die Verantwortlichen klarmachen, welche Maßnahmen im März oder zu Ostern noch gelten werden - "damit man sich darauf einstellen kann".
Aus Sicht des WKÖ-Chefs sollte man mit Einführung der Impfpflicht "davon weggehen, dass man die Wirtschaftssubjekte als Kontrollinstitutionen missbraucht". Dann müsse es die Aufgabe der Behörden sein, Stichprobenkontrollen zu machen. Veranstaltungen müssten wieder ohne Kapazitätsbeschränkungen und ohne Anzeige- und Bewilligungspflicht möglich sein, denn "wenn sich keine neue Bedrohungslage einstellt, muss ich auch diese unfassbare Bürokratie reduzieren". Über die Sperrstunde müsse man generell reden und Großveranstaltungen und der Nachtgastronomie eine Perspektive geben. "Da braucht es einfach einen Riesenschritt in Richtung Normalität", so Mahrer.
Um die Firmen in der Pandemie zu unterstützen, laufen derzeit auch Verhandlungen mit dem Finanzministerium über einen leichteren Zugang zu Corona-Hilfen. Konkret will Mahrer, dass Ausfallsbonus und Verlustersatz schon bei einem Umsatzrückgang von 30 Prozent gewährt werden, statt wie bisher ab 40 Prozent. Auch soll der Deckel beim Ausfallsbonus für die Hilfe von derzeit 80.000 Euro "so viel wie möglich" erhöht werden. Innerhalb der kommenden 14 Tage hofft der WKÖ-Chef auf grünes Licht dafür. Die aktuellen Bestimmungen seien nicht mehr haltbar, so Mahrer, da angesichts des fortgesetzten Lockdowns für Ungeimpfte und der Kontrollen in den Betrieben, ein Drittel der Kunden ausgefallen sei. "Sie darben weiter dahin", sagt Mahrer zur Geschäftslage, insbesondere in der Gastronomie und im Tourismus.