Coronavirus

Spitäler: Situation am Limit

Teilen

Alarm: Sowohl Intensiv- wie auch Normalstationen stoßen an die Kapazitätsgrenzen.

Wien. Der Salzburger Onkologe Richard Greil warnt sogar: „Die Bevölkerung muss wissen, dass die Grenzen der Behandelbarkeit gegeben sind. Und, dass ein Kollateralschaden für andere Patienten entsteht.“ Längst müssen wieder landesweit Operationen verschoben werden, die Covid-Doppel­belastung des Personals ist enorm: „Pflegerinnen arbeiten wieder am Limit“, sagt Mediziner Walter Hasibeder zu ÖSTERREICH

Außerdem zeigt die vierte Welle, die uns nun mit voller Wucht trifft, ein „völlig anderes Bild“ als die Wellen davor. Standen in den vergangenen Monaten vor allem die Intensiveinheiten im Fokus, so trifft es jetzt auch die Normalstationen. 1.865 Erkrankte müssen derzeit in Österreichs Spitälern behandelt werden, 362 davon liegen auf Intensivstationen (Stand Samstagmittag)

Überfüllt. Im Wiener AKH sind drei Intensivstationen für Corona-Patienten reserviert. Die meisten Patienten seien nicht geimpft, sagt Intensivmediziner Thomas Staudinger zu ÖSTERREICH: „Kommen sechs, sieben Patienten im AKH dazu“, erklärt er, „dann ist eine Station voll“ (s. Interview).

Alarmierend ist auch, dass das Durchschnittsalter eklatant nach unten geht: Im AKH sind die Intensiv-Patienten im Schnitt 45 Jahre. Die jüngste Patientin ist 26 Jahre, war schwanger, liegt seit drei Monaten in der Klinik. Ihr Baby wurde per Kaiserschnitt geholt. Karl Wendl

"Sieben Patienten mehr und eine Station kippt"

Intensivmediziner Staudinger über Lage in den Spitälern:

ÖSTERREICH: Fast 10.000 Neuinfektionen/Tag. Wie schlimm ist die Situation tatsächlich?

Thomas Staudinger: Natürlich dramatisch. Was wir nicht wissen, ist, wie sehr sich diese Infektionszahlen in Intensivstationsbedarf umsetzen werden. Im Vergleich zum Herbst 2020 und zum Frühjahr haben wir doch eine relativ große Zahl Geimpfter, die geschützter sind. Die wahren Auswirkungen erwarten wir ab nächster Woche. Im AKH sind drei Intensivstationen für Covid-Patienten reserviert. Noch können wir aber die Versorgung aufrecht erhalten.

ÖSTERREICH: Wie sieht das Verhältnis geimpfter und ungeimpfter Patienten aus?

Staudinger: Geimpfte Patienten auf Intensivstationen sind die Ausnahme, eine Rarität. 90 Prozent der schwerkranken Covid-Intensivpatienten sind nicht geimpft. Es gibt natürlich Patienten, bei denen die Impfung nicht so gut funktioniert hat. Etwa 10–15 % der geimpften Patienten können trotzdem erkranken. Solche Patienten sehen wir aber sehr selten.

ÖSTERREICH: Auf Ihrer Station liegt auch eine 26-jährige, junge Mutter. Was ist ihr passiert?

Staudinger: In diesem Fall ist die Konstellation geradezu dramatisch. Schwangerschaft ist ein bekannter Risikofaktor für schwere Verläufe. Hier musste das Baby per Kaiserschnitt entbunden werden. Danach wurde die Patientin an die Herz- Lungen-Maschine angeschlossen. Gott sei Dank sieht es im Moment so aus, als würde sie überleben. Dem Baby geht’s gut.

ÖSTERREICH: War die Frau geimpft?

Staudinger: Nein. Mit einer Impfung wäre der Verlauf wohl vermeidbar gewesen.

ÖSTERREICH: Wann stoßen die Intensivkapazitäten ans Limit?

Staudinger: Ich kann’s nicht sagen. Sechs, sieben Intensivpatienten pro Station mehr, und eine gesamte Intensivstation kippt, geht für den Rou­tinebetrieb verloren. Dann können wir das, was wir sonst leisten, nicht mehr tun. Wir müssen priorisieren.

ÖSTERREICH: Was bedeutet das? Triage?

Staudinger: Nein, das bedeutet, dass wir Operationen verschieben müssen.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.