Spitzen-Wirte bieten Regierung Beratung für Hilfsmaßnahmen und bei Fahrplan für Wiedereröffnung an.
Wien. Es gärt gewaltig in Österreichs Gastroszene. Seit mehr als 35 Tagen haben die etwa 60.000 Betriebe in ganz Österreich geschlossen, der Umsatz ist von heute auf morgen eingebrochen. Wer kein Take-away anbieten kann, nimmt seit mehr als einem Monat keinen Cent ein. Die Hilfsmaßnahmen der Regierung greifen kaum, Überbrückungskredite sind schwer zu ergattern, die Auszahlungen für die Kurzarbeitsregelung dauern zu lange, die Wiedereröffnungsszenarien sind realitätsfremd, so die Liste an Kritikpunkten.
Prominentes Gastro-Komitee. Nun formierte sich um den Sprecher der Wiener Gastroszene, Stefan Ratzenberger, ein Personenkomitee, bestehend aus namhaften Gastronomen. Mit dabei ist etwa der Sterne-Koch Juan Amador, das Wiener Innenstadtgastronomenpaar Gabi und Robert Huth (Huth Gastwirtschaft), die Bermudadreieck-Legende Franz Aibler (Kaktus), die Konditoren- und Cafetier-Familie Prousek (Aida), Heinz Rüdiger Schimanko (Eden Bar), Heinz Pollischansky (Centimeter) und der Doyen der Wiener Biergärten, Karl Kolarik vom legendären Schweizerhaus.
Beratung für Regierung. Das Ziel des prominent besetzten Personenkomitees: Die Regierung bei der Umsetzung der Hilfsmaßnahmen für die Gastronomie zu beraten und gemeinsam einen Fahrplan für die Wiedereröffnung auszuarbeiten. Ratzenberger: „Es soll nicht mit erhobenem Zeigefinger kritisiert werden, sondern Know-how bereitgestellt werden.“
Praxisfern. Vor allem die für 18 Uhr festgelegte Sperrstunde bei der Wiedereröffnung der Gastronomie ab Mitte Mai sorgt für Unverständnis. Ratzenberger: „Das Hauptgeschäft läuft für die meisten Betriebe am Abend. Fällt das weg, rentiert es sich erst gar nicht, aufzusperren.“ Fraglich sei auch, wie Gastronomen die Maßnahme umsetzen sollen, pro Gast 20 m² zur Verfügung zu stellen.
Zuvor müssten aber schnelle Maßnahmen gesetzt werden, um der Gastroszene das Überleben zu sichern. Im Fokus: rasch und unbürokratisch abgewickelte Überbrückungskredite. „Passiert das nicht, stirbt jeder dritte Betrieb“, so Ratzenberger. (zac)
"Bieten Regierung Know-How der Gastronomen an"
PR-Experte Stefan Ratzenberger spricht für die Wiener Gastronomieszene und initiierte das prominent besetzte Personenkomitee.
ÖSTERREICH: Herr Ratzenberger, was bezweckt das Personenkomitee prominenter Gastronomen?
Stefan Ratzenberger: Wir befürworten die Maßnahmen der Regierung zur Virusbekämpfung voll und ganz. Wir sind keine Wut-Wirte. Aber einige Dinge sind definitiv verbesserungswürdig und da wollen wir unserer Regierung das Know-how eines Querschnitts der österreichischen Gastroszene zur Verfügung stellen. Vom Haubenkoch bis zum Konditor.
ÖSTERREICH: Woran krankt es vornehmlich?
Ratzenberger: Zum einen greift das Hilfspaket der Regierung zu spät. Weiters sind die Kriterien für die Wiedereröffnung im Mai nicht praxisgerecht. Hier braucht es Nachbesserungen.
Insider Rosam: Geheimplan für Gastro-Öffnung auch am Abend
© getty/twitter/erich reismann
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Falstaff-Herausgeber und PR-Guru Wolfgang Rosam twitterte am Sonntagabend eine erstaunliche „Meldung aus dem BKA (Anm.: Bundeskanzleramt) zur Gastronomie-Öffnng: Es wird – unter der Voraussetzung der Einhaltung von Sicherheitsabständen – sowohl mittags als auch abends (!!) in Restaurants und Cafés geöffnet werden dürfen. Voraussichtlich ab Mitte Mai. Das sind good news!“
Tatsächlich könnte damit Kanzler Sebastian Kurz dem Aufstand der Wirte in Österreich in letzter Sekunde den Wind aus den Segeln nehmen – denn die bisher kolportierte Sperrstunde um 18 Uhr wäre der finanzielle Ruin für die meisten Gastronomen gewesen.