Kleine Cluster seien derzeit "kein großes Risiko für die Bevölkerung"
Da in Österreich derzeit keine Covid-19-Cluster mit annähernd der Größe wie jener in Nordrhein-Westfalen auftreten, schätzt die Virologin Elisabeth Puchhammer-Stöckl von der Medizin-Universität Wien die Chance auf eine zweite Erkrankungswelle aktuell gering ein. "Wir sind davon ein Stück entfernt", sagte sie am Mittwoch zur APA. Kleinere Cluster wie in Salzburg zeigen aber: "Das Virus ist da."
Ein Szenario einer vielfach diskutierten zweiten Welle würde durch relativ viele Fälle, "die so im Untergrund laufen", verursacht. "An die Oberfläche kommt" dann eine gesteigerte Anzahl an symptomatischen Fällen. Übersteigt diese Anzahl wiederum etwa die Kapazitäten der Kontaktverfolgung "und man kommt mit den Cluster-Testungen nicht mehr nach", hätte man es tatsächlich mit einer zweiten Welle zu tun, so Puchhammer-Stöckl.
"Kein großes Risiko"
In Österreich brächte das Ausmaß der in letzter Zeit auftretenden kleineren Fall-Häufungen das aufgebaute Nachverfolgungs- und Testsystem nicht ins Wanken. Puchhammer: "Das sehe ich als kein großes Risiko für die Bevölkerung." Ganz anders sei die Situation offenbar in den vom massiven Corona-Ausbruch beim Fleischverarbeiter Tönnies betroffenen westfälischen Landkreisen Gütersloh und Warendorf. Hier scheint es nicht mehr möglich zu sein, allen Fällen auch nachzugehen.
Das Verhängen der Quarantäne über die Kreise war dort vermutlich "alternativlos". In Deutschland müsse nun alles daran gesetzt werden, damit der lokale Ausbruch nicht größere Landesteile erfasst, so die Wissenschafterin vom Zentrum für Virologie der MedUni Wien. Dass Österreich nun eine Reisewarnung für Nordrhein-Westfalen ausgegeben hat, sei "sinnvoll und absolut richtig".
Hitze offenbar keine Bremse
Am Dienstag hatte der deutsche Virologe Christian Drosten nach Corona-Ausbrüchen unter anderem in Nordrhein-Westfalen eine unbemerkte Ausbreitung des Coronavirus in die Bevölkerung befürchtet und vor einer zweiten Welle gewarnt.
Sehe man sich international das Bild der teils auch erneuten Krankheitsverbreitung an, scheinen höhere Temperaturen nicht unbedingt als Bremse für die Weitergabe zu fungieren. Im Raum standen vor allem am Anfang der Pandemie Annahmen, dass eher kühle Temperaturen die Ausbreitung fördern. "Das scheint so nicht zu stimmen und hilft uns auch über den Sommer nicht wirklich weiter", so die Wissenschafterin.
Die Experten blicken momentan aber auch bereits in Richtung Herbst, wenn sich das Leben hierzulande wieder stärker in die geschlossenen Räume mit vermehrten Übertragungsmöglichkeiten verlegt und die saisonalen Atemwegserkrankungen ihr jährliches Comeback geben. Hier stellen sich dann auch zusätzliche Fragen zum Umgang mit Covid-19-Verdachtsfällen etwa unter Schülern und zur Reaktion auf deren vermehrtes Auftreten, aufgrund mitunter sehr ähnlicher Symptome, wie etwa bei Rhinoviren-Infektionen. "Das sind große Herausforderungen, auch diagnostisch", sagte Puchhammer-Stöckl.