Momentan lasse sich nicht von Südafrika auf Österreich schließen.
Die Innsbrucker Virologin Dorothee von Laer empfiehlt, mit der Booster-Impfung "auf keinen Fall" bis zur Einführung eines Omikron-optimierten Impfstoffes zu warten. Möglicherweise müsse ein angepasster Impfstoff zu einer "weiteren Auffrischung" herangezogen werden, meinte von Laer im APA-Interview. Nun gelte es, die Situation zu beobachten, achtsam zu sein und "Typisierungsanstrengungen" wieder hochzufahren. Momentan könne man noch nicht "von Südafrika auf uns schließen".
Am Montag wurde der erste Omikron-Fall vonseiten des Gesundheitsministeriums "mit Sicherheit" bestätigt: ein im Tiroler Bezirk Schwaz aufhältiger Reiserückkehrer aus Südafrika. "Rund 30 Proben" seien bisher im Innsbrucker Institut für Virologie auf die Omikron-Mutante untersucht worden, berichtete von Laer. Sieben Ergebnisse seien noch ausständig. Verdachtsfällen wird auch in Vorarlberg, Oberösterreich und Salzburg nachgegangen.
Die WHO hat Omikron als "besorgniserregend" eingestuft. Daten aus Südafrika zu der Variante des Coronavirus mit der wissenschaftlichen Bezeichnung B.1.1.529 weisen "im Moment auf eine Vervierfachung der Infektionsfälle pro Woche" hin. In Südafrika war die Zahl der mit dem Coronavirus Infizierten jedoch vor wenigen Wochen noch gering, gab von Laer zu bedenken. Auch deshalb seien die Maßnahmen dort viel lockerer als hierzulande - "auch vor Erlass des Lockdowns", sagte von Laer. Dennoch müsse man "achtsam sein und die Situation beobachten".
"Wir müssen uns das Virus wieder ganz genau anschauen", unterstrich von Laer die Wichtigkeit des Vorselektionsverfahrens. Dieses würde "mit einer sehr hohen Treffsicherheit" zeigen, ob sich ein Virus von der vorherrschenden Delta-Variante unterscheidet. In solchen Fällen müsse eine komplette Sequenzierung durchgeführt werden, forderte die Leiterin des Instituts für Virologie der MedUni Innsbruck. Sie nehme an, dass diese Vorgehensweise innerhalb der kommenden Tagen auch "zentral verordnet" werde.
Generell mahnte die Virologin, erstmals abzuwarten. "Noch wissen wir viel zu wenig", so von Laer. Fest stehe allerdings, dass Geimpfte besser vor der neuen Mutante geschützt seien, als noch ungeimpfte Personen. Eine Anpassung des Vakzins sei indes "jedenfalls notwendig - ob jetzt schon mit Omikron, oder später", war sich von Laer sicher. Diverse Impfstoffhersteller - darunter Johnson & Johnson, AstraZeneca, BioNTech und Moderna - prüfen aktuell eine Anpassung ihrer Vakzine. Ein auf die neue Mutante optimierter Impfstoff könnte von Laer zufolge "schon in zwei bis drei Monaten" am Markt sein.
Von Laer hatte am Montag im Ö1 Morgenjournal gemeint, dass sie es für "extrem unwahrscheinlich" halte, dass Omikron stärker krank macht. "Das wäre ganz untypisch", begründete von Laer ihre Aussage gegenüber der APA, "denn durch eine höhere Pathogenität ergibt sich kein Selektionsvorteil für das Virus". Viren würden sich eher "dahin gehend entwickeln, dass sie ansteckender werden, und die Immunantwort besser umgehen können".
Erkenntnisse diesbezüglich erwartete von Laer "in ein bis zwei Wochen". Etwas länger, nämlich zwei bis drei Wochen, würde es dauern, bis Wissenschafter Aussagen zur Verbreitung der neuen Variante treffen können, schätzte von Laer. "Jetzt ist es wirklich wichtig, die Wissenschafter arbeiten zu lassen, um dann basierend auf fundierteren Aussagen Entscheidungen zu treffen", war die Expertin der Meinung.
Vorerst waren keine zusätzlichen Maßnahmen im betroffenen Bezirk Schwaz geplant. Stattdessen wolle man weiter auf die Impfung setzen, sagten die Verantwortlichen am Montag. "Sehr viel weiter als Lockdown kann man kaum gehen", kommentierte von Laer. Bezirke zusätzlich abzusperren hielt sie aktuell nicht für sinnvoll, zumal es "momentan auch andere Regionen in Tirol gibt, die wir uns genauer anschauen".
Verschärfte Einreiseregelungen, wie sie zuletzt etwa Israel und Großbritannien beschlossen hatten, würden zwar zu einer langsameren Ausbreitung beitragen. "Sollte Omikron aber genauso ansteckend wie Delta sein, oder sogar noch ansteckender, kann eine Verbreitung auch durch Einreisesperren nicht gestoppt werden", gab von Laer zu Bedenken. Man könne lediglich mehr Zeit für die Vorbereitungen gewinnen, so die Virologin.