Medizinischer Notfall-Direktor: Zwei Millionen "sehr wahrscheinlich"
Genf. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) befürchtet, dass die Zahl der Todesopfer durch das Coronavirus ohne gemeinschaftliches internationales Handeln weiter dramatisch steigen könnte. Eine Ziffer von zwei Millionenoder gar mehr sei "sehr wahrscheinlich", wenn die Weltgemeinschaft einer Ausbreitung des Erregers Sars-CoV-2 nicht entschlossen entgegentrete, sagte der WHO-Direktor für medizinische Notfälle, Michael Ryan, am Freitag bei einer virtuellen Pressekonferenz.
Derzeit nähert sich die Zahl der weltweit nachgewiesenen Corona-Todesfälle der Eine-Millionen-Marke. "Eine Million ist eine fürchterliche Zahl, und damit müssen wir uns auseinandersetzen, bevor wir über die zweite Million nachdenken", sagte Ryan auf die Frage, ob ein Anstieg der Opferzahl auf zwei Millionen realistisch sei.
Um eine zweite Million Corona-Tote zu verhindern, müsse die Welt im Kampf gegen das Virus zusammenstehen, betonte Ryan. Geschähe dies nicht, "werden wir diese Todesfallzahl oder leider eine noch viel höhere sehen".
Zu den größten Herausforderungen im Kampf gegen das Coronavirus gehört laut Ryan nach wie vor die Entwicklung eines wirksamen Impfstoffs. Man müsse zur Kenntnis nehmen, dass innerhalb von nur neun Monaten fast eine Million Menschen an dem Virus gestorben sei. Es sei eine "riesige Aufgabe für alle Beteiligten, innerhalb der kommenden neun Monate einen Impfstoff zu finden".
Vergleichsweise glimpflich ist die Pandemie bisher in Afrika verlaufen. Dass der Kontinent einem exponentiellen Anstieg der Infektionszahlen entgangen sei, sei vermutlich auf die klimatischen Bedingungen und die vielerorts niedrige Bevölkerungsdichte zurückzuführen, erklärte das WHO-Büro in Brazzaville in der Hauptstadt der Republik Kongo am Freitag. Auch das niedrige Durchschnittsalter der afrikanischen Bevölkerung spiele vermutlich eine Rolle, hieß es weiter.
Im subsaharischen Afrika seien 91 Prozent aller Corona-Fälle bei Menschen unter 60 Jahren aufgetreten, erklärte das WHO-Büro. Mehr als 80 Prozent dieser Fälle seien asymptomatisch verlaufen.
Auf dem afrikanischen Kontinent ist Südafrika am schwersten von der Pandemie betroffen. Dort wurden mehr als 667.000 Infektionsfälle nachgewiesen, von denen mehr als 16.000 einen tödlichen Verlauf nahmen. In ganz Afrika wurden bisher rund 34.700 Corona-bedingte Todesfälle registriert und etwa 1,4 Millionen Infektionsfälle verzeichnet. Zum Vergleich: Allein in den USA wurden mehr als 202.800 Todesfälle und fast sieben Millionen Infektionsfälle gezählt. Allerdings wird dort auch mehr getestet als in den meisten anderen Ländern.