Coronavirus

Wir brauchen dringend einen Pandemie-Tsar und wo ist Kurz?

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Viele bewundern derzeit Israel – übrigens zu Recht – für ihre fantastische Impfkampagne und damit verbundene niedrigen Infektionsziele.

Nicht ganz so viele wissen aber, dass Israel sich im Pandemiemanagement nicht nur auf die Politik verlässt. Nicht einmal Politiker selbst. Und das scheint klug.

Mit Ronni Gamzu wurde bereits vergangenen Sommer der Chef eines Krankenhauses zum Pandemie-„Tsar“ ernannt. Er koordiniert die diversen Maßnahmen. Und zwar zentral – ein klein-klein in einer Pandemie ist schließlich höchstens ein Gastgeschenk an das Coronavirus und seine diversen Mutanten.


Was sollten wir also daraus lernen? Auch wir brauchen dringend einen Pandemie-„Tsar“. Wir können ihn auch Pandemie-Kaiser nennen und an unsere historischen Traditionen anknüpfen. Aber – frei nach der Werbung eines Sportartikelherstellers – „just do it“. Macht es einfach. Ein Spirit, den man übrigens gerade neben Israel auch in den USA und Großbritannien bewundern kann.


Ganz anders schaut die Lage in Frankreich aus, wo sich der dortige Präsident offenbar für den Pandemie-Emperateur hält. Heute Abend wird Emmanuel Macron – der wochenlang den extrem kompetenten Wissenschaftern des conseil scientifique und des Louis Pasteur Institut widersprochen hat – eine mit Spannung erwartete Rede halten. In Frankreich – dort erhält man seit Monaten Gratis-PCR und Antigentests – haben sich die Infektionszahlen innerhalb einer Woche verdoppelt nachdem sie viele Wochen zwar zu hoch aber nicht explosionsartig gestiegen sind.


In mehreren Regionen – es betrifft 23 Millionen Franzosen – gibt es einen Lockdown. Entgegen der Warnungen der Experten ließ aber Macron die Schulen offen. Mittlerweile liegt die Siebentages-Inzidenz der 14-bis19-Jährigen in Paris bei über 800, jene der 6-14-Jährigen über 500. Die Intensivkapazitäten in Paris sind bei 1000 Patienten am Limit, es werden bereits 1500 Covid-Patienten auf ICUs versorgt. Die Triage ist im Gang.


Die Bürgermeisterin von Paris, Anne Hidalgo, selbst lange Verfechterin offener Schulen fordert heute: „Wir müssen die Schulen schließen. 20.000 Kinder sind bereits in Quarantäne – entweder, weil sie krank sind oder weil sie Kontaktpersonen sind. Die Lage ist sehr ernst“. Sie schließt sich damit der Mehrheit der Experten an. Erinnert sie an Wiens Bürgermeister Michael Ludwig? Ja, auch er verlängert auf Rat der Wissenschaft den Lockdown auch wenn es nicht populär ist. Nennt sich Verantwortung, wenn es um Menschenleben – egal, ob an oder ohne Covid erkrankt – geht.


Wir sollten uns also lieber an Israel – oder auch US-Präsident Biden, der sich an die Vorschläge von Pandemie-Papst Anthony Fauci hält – als an Frankreich orientieren.
Wir brauchen ein klares Ziel: Wir müssen jetzt – wie Experten egal, ob Pandemie-Tsar oder Papst genannt – das Infektionsgeschehen massiv drücken und zeitgleich impfen. Dann können wir auch einen relativ guten Sommer erwarten.


Die französische Titelseite „Libération“ titelte gestern übrigens mit einem einsamen Macron am Cover und den Worten „worauf wartet er?“.
Eine Frage, die man auch Kanzler Sebastian Kurz stellen könnte. Oder?

  

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