Tag der offenen Tür

Ein Jahr Wiener "Games College"

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Die einzige österreichische Ausbildungsstätte für Computerspiel-Entwickler lädt zum ersten Geburtstag.

Peter muss nicht lange nachdenken: "Ich bin einfach süchtig". Der 19-Jährige lehnt an der Wand im Eingangsbereich des Wiener "Games College". Er ist einer von rund 50 jungen Menschen, die die einzige österreichische Ausbildungsstätte für Computerspiel-Entwickler besuchen. "Schon als Kind habe ich Computerspiele gespielt. Irgendwann will man einfach hinter die Kulissen blicken", gibt er seine Beweggründe an. Seit knapp einem Jahr gibt es das private Studienangebot in Meidling, am Freitag wurde zum "Tag der offenen Tür" geladen.

Selber entwicklen statt selber spielen
Nach einem Semester harter Arbeit ist für Peter von Selberspielen aber keine Rede mehr, "höchstens einmal PSP on the go", fügt der 19-jährige Lukas hinzu und widmet sich wieder seinem Playstation Portable. Daneben steht David, der nach zwei Semestern Informatik zum "Games College" gestoßen ist. "Viel zu viel Mathematik" das hat den 23-Jährigen am meisten am Hochschulstudium gestört. Zwar heißt es im ersten Semester, Grundlegendes in den vier Schwerpunkten Game Designs, Arts & Animation, Scripting und Production zu lernen. Ab dem zweiten Semester wird dann sofort in die Praxis mit dem Entwickeln eigener Spiele gestartet. In kleinen Teams hat jeder Student seine Aufgabe, ob Designer, Entwickler oder Programmierer, dafür muss man sich nach dem Grundkurs entscheiden. Nach vier Semestern kann man das "Games College" in Kooperation mit der Donauuniversität Krems mit dem Titel "Akademischer Experte" oder nach einem weiteren Jahr Studium mit "Master of Arts" abschließen.

"Machst einmal was Gscheites: Computerspiele"
Im Computerraum, vorbei an Plakaten von Werbeplakate für Spiele wie "Die Siedler" oder "Harry Potter" sitzt Christian. Er hat seine Wahl bereits getroffen und wird sich in Zukunft mit Gamedesign, der theoretische Entwicklung von Spielwelten, Regeln und Charakteren beschäftigen. Im Moment erstellt er das Marketing-Video zum neuen Spiel der Zweitsemester, mit Affen in der Hauptrolle. Clarissa und Bianca, Spezialistinnen für "Arts & Animation", entwickeln zwei Bänke dahinter die "Gegnereinheiten", Dschungeltiere, die von den Affen mit Kokosnüssen beworfen werden müssen. Im ersten Semester habe sie für einen großen roten Drachen, vom ersten Skelett bis zur letztendlichen Animation eineinhalb Monate gebraucht, "einen kleinen Dino schaff' ich heut auch schon in ein paar Stunden", sagt die 20-Jährige Clarissa stolz. Von Frisörin über Tierpflegerin bis hin zur Tatöwiererin, die Brasilianerin mit österreichischer Mutter hat in ihrem kurzen Leben bereits einige Jobs hinter sich gebracht. "Dann hab ich mir gedacht, machst einmal was Gscheites."

Seit klein auf, Computerspielen verfallen
Sechs Mädchen gibt es zurzeit im "Games College", "manche können irrsinnig gut zeichnen", sagt Peter, "aber sie stehen oft nicht so dahinter". Davon ist bei Bianca und Clarissa wenig zu merken. Seit klein auf sind auch die beiden jungen Frauen dem Computerspiel verfallen: "Zuerst hab ich meinen zwei Brüdern nur zugeschaut", danach "war ich bald besser als die Beiden", fügt Clarissa mit einem Siegerlächeln hinzu. Ihren eigenen Charakter in einer großen Produktion zu entwickeln, das ist ihr "großer Traum". Dass hinter einem professionellen Projekt am freien Markt drei bis vier Jahre Arbeit stecken, schreckt sie nicht ab: "Wenn man wirklich erschöpft nach Hause kommt, ist das ein gutes Gefühl."

"Vom Computer gar nicht wegzubekommen!"
Hans Solar, Lehrgangsleiter des "Games College", erzählt von vielen jungen Menschen, die immer wieder Jobs und Studiengänge abgebrochen hätten, weil sie nichts interessiert habe. "Jetzt sitzen sie hier zehn Stunden vorm Computer und sind gar nicht wegzubekommen", so Solar. "Soziale Kompetenz", das ist ihm das Wichtigste bei seinen Studenten. "Teamplayer" müssen sie sein, aber auch Ehrgeiz haben, um dem Druck der Industrie standzuhalten. Zwar handle es sich beim "Games College" um eine "geschützte Werkstätte", ohne Eigeninitiative gehe aber gar nichts. Das ist auch einer der Gründe, warum die Altersgrenze für neue Studenten im Herbst von 16 auf 18 Jahre angehoben wurde. Die Industrie selbst hat sich diese Ausbildung in Österreich gewünscht, erzählt der Lehrgangsleiter, "vorher haben sie immer Leute aus England, dem Osten oder sogar Amerika 'importieren' müssen".

Spiele als "Hobby und Leidenschaft"
Prinzipiell muss das Spieleentwickeln, "Hobby und Leidenschaft sein", weiß Clarissa aus eigen Erfahrung, "sonst macht man den Job nicht lang." Der gängigen Stereotype des Spieleentwickler als weltfremden Nerd kann sie wenig abgewinnen. "Aber ein bissl einen Vogel muss man schon haben", fügt sie schmunzelnd hinzu.

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