Arbeiterkammer kritisiert Online-Händler

So skandalös arbeiten Amazons Subfirmen

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Rund 130 Subunternehmen sind für den Online-Händler in Österreich tätig - AK prangert Missstände an, Amazon kontert.

Arbeiterkammer (AK) und Wirtschaftsuniversität (WU) Wien haben die Arbeitsbedingungen migrantischer und geflüchteter Zusteller bei  Amazon  hierzulande unter die Lupe genommen - ihr Fazit: Diese arbeiten unter besonders schlechten Arbeitsbedingungen, wenig Anerkennung und extra geringer Bezahlung. Dies zeige sich auch in der arbeitsrechtlichen Beratung der AK Wien und der Gewerkschaft vida.

Die Arbeiterkammer wie die vida fordern eine Subunternehmerhaftung, wie es sie beispielsweise am Bau gibt. "Ohne eine gesetzliche Versenderhaftung können Dumpingpreise im Hintergrund und ohne Verantwortung weiter von Konzernen diktiert werden und das Ausbeuterkarussell kann sich weiterdrehen", so vida-Bereichsexperte Karl Delfs.

Zahlreiche Missstände

"Die häufigsten Anliegen, mit denen sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus dem Bereich Kleintransportgewerbe an uns gewandt haben, waren Lohnrückstände, unberechtigte Abzüge von Beträgen, unbezahlte Überstunden, nicht eingehaltene Ruhezeiten oder fehlendes Tagesgeld. Der Druck auf die Beschäftigten ist immens, die Angst um den Verlust des Arbeitsplatzes groß", so AK-Arbeitsrechtsexpertin Bianca Schrittwieser heute vor Journalisten.

Amazon würde sich durch das Auslagern der Zustellung an Subunternehmen im Kleintransportgewerbe der Verantwortung entziehen. Darum fordere die AK auch schon lange eine Haftung des Erstauftraggebers für Löhne. Rund 400 Fahrer seien für 130 Subunternehmer im Bereich des US-Onlinekonzerns tätig, wobei die Zahlen aufgrund der Fluktuation stark schwanken würden.

Keine geregelte Arbeitszeit 

Als Beispiel für die Arbeitsbedingungen wurde am Freitag bei einem Pressegespräch von AK und WU angeführt: Wartezeiten im Lager oder die Zeit, die benötigt wird, um die leeren Amazon-Taschen wieder zu retournieren, würden weder als Arbeitszeit gewertet noch bezahlt. Auch genaue Arbeitszeitaufzeichnungen fehlten oft. Außerdem würden Dienste kurzfristig gestrichen oder angeordnet. Arbeitnehmern würden willkürlich Beträge vom Lohn abgezogen. In einigen Fällen sei Urlaub abgezogen worden, obwohl für den Zeitraum eine ordentliche Krankmeldung vorgelegen habe.

Razzia mit zahlreichen Verstößen  

Einmal fand bereits eine  Großrazzia im Amazon-Verteilzentrum Großebersdorf  bei Wien statt. Im Visier stand nicht Amazon selbst, sondern die Subfirmen, die im Großraum Wien die Pakete ausliefern. Die Finanzpolizei ging dem Verdacht der gewerbsmäßigen Schwarzarbeit nach. Laut Ermittlungsergebnissen der Finanzpolizei von Jahresbeginn heuer gab es 987 Beanstandungen, darunter Schwarzarbeit und Abgabenhinterziehung. "Ich kann mich an keine Kontrolle erinnern, bei der wir auf derartig viele Gesetzesübertretungen gestoßen sind", sagte der Leiter der Finanzpolizei im BMF, Wilfried Lehner. "Das ist einmalig. Bei einem korrekten Beschäftigungsverhältnis geht sich die Kalkulation fast nicht aus", fasste Lehner zusammen.

So reagiert Amazon

Ein Sprecher von Amazon hielt heute zu den Vorwürfen von AK und vida fest: "Die Studie basiert auf nur 15 Interviews von handverlesenen Personen, die für ihre Teilnahme bezahlt wurden. Sie kann daher gar nicht die Erfahrungen der Hunderten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kleiner und mittlerer Zustellunternehmen in ganz Österreich widerspiegeln, die jeden Tag Pakete zu Kunden bringen. Wir erwarten ein erstklassiges Arbeitserlebnis, führen eigene Nachforschungen durch und ergreifen Maßnahmen, falls ein Lieferpartner die Erwartungen nicht erfüllt."

Er betonte, dass Amazon in Österreich mit weniger als 30 Lieferservicepartnern zusammenarbeite, die wiederum aktuell rund 500 Arbeitsplätze sicherten. Zu der Razzia der Finanzbehörden 2020 nahe Wien meinte der Sprecher zur APA, dass bei einer zweiten Untersuchung "fast keine Verstöße" mehr festgestellt worden seien.
 

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