Erfolgsnachricht aus Deutschland am Rande des Europäischen Krebskongresses in Berlin: Das im Jahr 2005 begonnene Brustkrebs-Screening-Programm hat bereits in den ersten Jahren zur Entdeckung von mehr Karzinomen - auch in einem früheren Stadium - geführt. Der Wiener Mammakarzinom-Spezialist Ernst Kubista am Dienstag in Berlin gegenüber der APA: "Die Deutschen zeigen uns, wie es gemacht gehört."
Die EU fordert seit Jahren ein organisiertes Brustkrebs-Screening in allen Mitgliedsstaaten. Im Prinzip sollen Frauen im Alter zwischen 50 und 69 Jahren regelmäßig zur Mammografie persönlich eingeladen werden. Gleichzeitig soll die Qualität der Untersuchungen kontrolliert werden. Nach jahrelangen Forderungen nach einem solchen Programm in Österreich wurden in den vergangenen Jahren Pilotprojekte in einzelnen Bundesländern durchgeführt. Gesundheitsminister Alois Stöger hat vor kurzem angekündigt, dass es ein solches Programm mit dem Jahr 2010 auch in Österreich geben soll. In Österreich erkranken pro Jahr rund 4.800 Frauen an Brustkrebs, es gibt jährlich rund 1.500 Todesfälle. Laut Studien könnte ein solches Screening die Todesrate um etwa ein Drittel senken.
Deutschland ist hier Österreich bereits voraus. Im Jahr 2005 wurde ein landesweites Screening-Programm auf Brustkrebs für Frauen etabliert. Am Montag wurde in Berlin die erste Auswertung der Ergebnisse für die Jahre 2005 bis 2007 präsentiert.
Das Ergebnis laut der Evaluierung durch die deutschen Krankenkassen und den Bundesausschuss der deutschen Ärzte: Durch die systematischen Reihenuntersuchungen (Mammografie) wurde bei acht von 1.000 Frauen ein Tumor entdeckt. Vor Etablierung des Programms war das nur bei drei von 1.000 Untersuchten der Fall.
Bei 76,6 Prozent der Mammakarzinome handelte es sich um Tumore, die so früh entdeckt wurden, dass sich der Krebs noch nicht auf die Lymphknoten in der Nähe der Geschwulst ausgebreitet hatte. Das erhöht die langfristigen Heilungschancen. Vor dem Screening war das nur bei 49 Prozent der neu entdeckten Krebspatientinnen der Fall. 57,4 Prozent der entdeckten Karzinome waren noch kleiner als 1,5 Zentimeter, was mit einer mehr als 90-prozentigen Heilungschance verbunden ist.
Für den österreichischen Pionier in der Brustkrebs-Versorgung aufseiten der Gynäkologie, den Leiter der Abteilung für Spezielle Gynäkologie am Wiener AKH, Ernst Kubista, stellen die deutschen Daten eine Bestätigung seiner seit fast 20 Jahren vehement geäußerten Forderungen nach einem solchen Programm in Österreich dar: "In der Behandlung von Brustkrebs mit den jeweils neuesten Chemotherapeutika etc. erhöhen wir die Überlebensraten um drei, fünf, manchmal um zehn Prozent. Mit dem Screening schaffen wir 30 Prozent. Natürlich stellt sich der endgültige Effekt erst in acht bis zehn Jahren heraus. Aber wir müssen das tun. Die Deutschen haben später als wir mit diesen Überlegungen begonnen, sie aber früher durchgesetzt." In Österreich würde der Föderalismus im Gesundheitswesen oft als Bremsschuh wirken.
In Deutschland erkranken pro Jahr rund 57.000 Frauen an Brustkrebs. Es gibt jährlich etwa 17.500 Todesfälle. Auch die modernste Therapie kann die Nachteile einer späten Entdeckung eines Karzinoms nicht egalisieren. Das deutsche Modell zeigt aber auch, dass man möglichst intensiv für eine Beteiligung aller in Frage kommenden Frauen werben muss. So nahmen im Bundesland Sachsen 85 Prozent aller eingeladenen Frauen an dem Programm teil, im Bundesland Schleswig-Holstein waren es nur 40 Prozent. Im Österreich benachbarten Bayern waren es im Jahr 2007 nur rund 50 Prozent.