Konzert-Aufreger

Roger Waters: Publikumsbeschimpfung bei ''Darkside''-Premiere

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Roger Waters brachte am Sonntag in London seine umstrittene Neuaufnahme von ''The Darkside of the Moon'' erstmals auf die Bühne. Mit ignorantem Programm und Publikumsbeschimpfung. ÖSTERREICH war live dabei. 

Mit „The Dark Side of the Moon“ schrieben Pink Floyd Musikgeschichte. Über 45 Millionen verkaufte Alben und unglaubliche 981 Wochen in den Billboard Charts. Jetzt hat Roger Waters sein Meisterwerk als depressives Hörspiel neu eingespielt: „The Darkside of the Moon Redux“. Eines der umstrittensten Werke des Jahres, dem der Rock-Grantler jetzt auch zwei Konzert-Aufführungen folgen lässt. ÖSTERREICH war am Sonntag bei der brisanten Weltpremiere in London live dabei.

Roger Waters: Publikumsbeschimpfung bei ''Darkside''-Premiere
© RogerWaters.com
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Er hat es neu erfunden. Er muss verrückt sein! 

„He‘s gone and done it. He‘s re-imagined it. He must be mad!“ (Er ist gegangen und hat es getan. Er hat es neu erfunden. Er muss verrückt sein!) Schon die Werbung am Weg zum ehrwürdige Palladium Theatre, wo einst schon Ella Fitzgerald, Dean Martin oder die Beatles aufgetreten sind, machte es klar: hier lag auch für Pink Floyd Fans viel Zündstoff in der Luft! 2.286 von ihnen waren aus der ganzen Welt angereist. Einige auch aus Österreich. Beim feuchtfröhlichen Fachsimpeln im nahen Pub schwankten die Meinungen zwischen „Gänsehaut“, „würdiger Ergänzung“, „Sakrileg“ und „völlig unnötig“. Eines war aber allen klar: Das wird kein Gute-Laune-Abend. Vor allem im Schatten der kriegerischen Eskalation in Israel. Ein Thema, das Waters ja immer besonders poltern lässt.

Roger Waters: Publikumsbeschimpfung bei ''Darkside''-Premiere
© zeidler
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Mischung aus Barry Manilow und Rudi Carrell 

Wohl auch deshalb mussten im Palladium alle Handys weggesperrt werden. Dabei hätte es durchaus spannendes Filmmaterial gegeben! Waters, der im rosa Jacket und mit schrägen Tanzschritten an eine schlechte Mischung aus Barry Manilow und Rudi Carrell erinnerte, und den ganzen Abend nicht zum Bass griff, stellte sein Publikum nämlich auf die ganz große Geduldsprobe. Diesmal nicht so sehr mit seinen fragwürdigen Politik-Ansichten und -Aussagen - der Krieg in Israel wurde nur mit einem „Fuck them“ kommentiert, dafür in einem längeren Monolog die Freilassung von Assange gefordert - sondern mit dem Aufbau der Show: „Im ersten Teil gibt es zwei Songs. Dafür liefere ich jetzt mal ein paar Auszüge aus meiner kommenden Biografie „Memoirs of a Lanky Prick“ - „Die Memoiren eines schlaksigen Scheißkerls“.

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© oe24
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Bei Zwischenrufen wurde er laut 

Für Viele war das durchaus wörtlich zu nehmen. Ignorant rezitierte Waters auf einem Tisch mit Laptop, Spickzettel und Weinflasche 3 Kapitel lang nebulöse Nichtigkeiten. Auch über sein Haustier, eine Ente (!). Bei Zwischenrufen wurde er laut: „Schreien nützt nichts wenn ich lese. Das ist meine Vorstellung. Macht das in eurem eigenen Theater.“ Als immer mehr Menschen das Auditorium verließen, entlockte ihm das bloß ein zynisches „Auf Wiederschauen!“ Erst nach 35 Minuten, die sich wie 35 Stunden anfühlten, holte er die 13-köpfige Band auf die Bühne. Für die „Weltpremiere“ des spröden weit über 15 Minuten dauernden Sprechgesang „The Bar“ bei dem er u.a. Pianist Johnny Shepherd und Sängerin Azniv Korkejian Schauspielrollen zuwies. Teile davon hat Waters ja schon im Frühjahr bei seiner letzten, umstrittene Europa-Tour „This Is Not A Drill“ gespielt.

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Endlich Stimmung. Aber nur kurz 

Mit der Ansage „Das war ein Song über Daddy. Jetzt kommt einer über Mami“ ließ er dann endlich erstmals Jubel aufkommen. Der Klassiker „Mother“ aus dem Kult-Album „The Wall“ wurde in der spannenden Unplugged-Version der im Vorjahr veröffentlichten „Lockdown Sessions“ dargeboten. Endlich Stimmung. Aber nur kurz „Wir machen jetzt eine Pause und dann spielen wir Darkside Redux“ Jubel. „Nein nach der Pause spielen wir zuerst eine 20 Minütigen Film über meine neue Darkside und danach die Redux-Version.“ Im Pausenfoyer sah man dann eher verwunderte Gesichter. „Ich habe ein Ticket für ein Konzert gekauft und nicht für eine verdammte Lesung.“

Roger Waters: Publikumsbeschimpfung bei ''Darkside''-Premiere
© Zeidler
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ÖSTERREICH-Reporter Thomas Zeidler-Künz traf Waters in London.

Redux: Live besser als auf CD

Etliche Besucher bekamen daher den Filmstart gar nicht mit. Versäumt wurde nicht all zu viel: Ein selbstherrliche Song-By-Song-Erklärung über die Neuaufnahmen, die dann gleich eher unspektakulär gestartet wurden, dann aber für vieles entschädigten. Die neue Live-Version, bei der Korkejian den auf CD so schmerzvoll vermissten legendären Vocal-Part von „The Great Gig In The Sky“ intonieren durfte, die Texte der vielen Sprechpassage auf eine Leinwand-projiziert wurden und sogar das neue „Money“ wieder hörenswert war, stellte die aktuelle Redux-CD sowohl in Punkto Stimme, als auch musikalischer Brillanz deutlich in den Schatten.

Roger Waters: Publikumsbeschimpfung bei ''Darkside''-Premiere
© RogerWaters.com

Nach dem Finale mit „Brain Damage“, wo Waters zu den Worten „Er muss verrückt sein“ theatralisch den Vogel zeigte und „Eclipse“ gab’s dafür zurecht lange Ovationen. Ein doch noch versöhnliches Ende.  

Das war die Setlist in London:
Lesung
The Bar
Mother

The Darkside of the Moon Redux Film
Speak To Me
Breathe
On the Run
Time
The Great Gig In The Sky
Money
Us And Them
Any Colour You Like
Brain Damage
Eclipse  

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