First Couple im Talk

Fischers: "Jeden Monat Hochzeitstag"

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Der Bundespräsident und die First Lady im privaten Doppel-Interview.

Sie gehen gemeinsam durch dick und dünn. Und das schon fast fünf Jahrzehnte lang: Seit dem 20. September 1968 sind Bundespräsident Heinz Fischer (77) und seine Margit (72) verheiratet. Jetzt wechselt die First Lady von der zweiten in die erste Reihe.

Private Einblicke
In ihrer Autobiografie Was wir weiter geben erzählt Margit Fischer ihre ganz persönliche Geschichte, spricht ­offen über ihre Kindheit, ihre Ehe mit dem Bundespräsidenten und ihre Fa­milie, die fast zur Gänze von den Nazis ermordet wurde. Auch andere sehr private Schicksalsschläge kommen zur Sprache, etwa ihre beiden Fehlgeburten.

Im großen Doppelinterview verraten Margit und Heinz Fischer, wie ihre Liebe ein ganzes Leben lang hält, wie sie mit Schicksalsschlägen umgehen und warum sie zwölf Mal im Jahr Hochzeitstag feiern.

Das Interview

ÖSTERREICH: Herr Fischer, wie war Ihre erste Reaktion auf das Buchprojekt Ihrer Frau?
Heinz Fischer:
Sehr positiv. Ich habe gewusst, dass Margit eine interessante Geschichte zu erzählen hat. Das ist keine 08/15-Biografie, sondern ein Einblick in das zwanzigste Jahrhundert in Österreich, in eine österreichische Familie, die vieles erlebt und leider auch ziemlich viel erlitten hat. Es ist auch ein sehr politisches Buch, im besten Sinn des Wortes. Ich habe es der Margit zugetraut. Ich habe immer zu ihr gesagt: „Du kannst das ganz bestimmt.“

ÖSTERREICH: Im Buch kommt auch ein Eiskaffee vor. Wie ist der in die kulinarischen Annalen der Familie Fischer eingegangen?
Heinz Fischer zu Margit:
Du bist dran.
Margit Fischer:
Als Anekdote. Ich sehe das Bild noch vor mir. Ich sehe einen schönen Badetag im August 1968 und dass wir dann ins Schloss Laudon gegangen sind auf einen Eiskaffee und alles unglaublich harmonisch war.

ÖSTERREICH: Was sehen Sie noch vor sich, Herr Bundespräsident?
Heinz Fischer:
Ein sympathisches Gegenüber, einen ziemlich spontanen Entschluss, Margit zu fragen, ob sie einverstanden ist, wenn wir heiraten, und ­ihre positive Antwort. Wir haben uns ja nicht erst 14 Tage vorher kennengelernt, sondern kannten uns schon Jahre. So viel ich mich erinnere, habe ich am Morgen dieses Tages noch nicht geplant, am Nachmittag einen Heiratsantrag zu machen.
Margit Fischer:
Dem sind viele lange Diskussionen darüber vorausgegangen, wie man seine Karriere und seinen Platz in der Welt oder in Österreich sieht, darüber, wie man sich sein Leben einrichtet. Und dann ist alles sehr geschwind gegangen. Am 20. September haben wir geheiratet.

ÖSTERREICH: Und jetzt gibt es jedes Jahr zum Hochzeitstag Eiskaffee?
Heinz Fischer:
Nein, aber wir zelebrieren unseren Hochzeitstag jeden Monat. Das sind jetzt über 560. Das weiß auch mein Büro. Die halten mir den Abend frei. Entweder gehen wir essen, oder man schenkt sich ein Buch. Wenn der monatliche Hochzeitstag auf ein Wochenende fällt, machen wir einen Ausflug oder gehen ins Museum.
Margit Fischer:
Und in der Früh gibt es ein Extra-Bussi (schmunzelt).
Heinz Fischer:
Dass wir jeden Monat den 20. feiern, hat sich so ergeben und dann war es auf einmal ­Tradition. Und das ist in ­unserer Familie so fest verankert, dass unser Sohn auch an einem 20. geheiratet hat.

ÖSTERREICH: Frau Fischer, Sie sind 1967 nach Schweden gegangen, um dort zu arbeiten. Damals kannten Sie Heinz Fischer schon. Er hat Ihnen dann nach Schweden einen Brief geschrieben …
Margit Fischer:
Viele Briefe. Jede Woche ist einer hin und retour gegangen. Durch diese Korrespondenz haben wir uns noch besser kennengelernt. Wir haben geschaut, wo die Interessen liegen und wir haben uns erzählt, was wir machen. Es ist immer mehr herausgekommen, wie viel wir gemeinsam haben.

ÖSTERREICH: Als Sie mitbekommen haben, dass Margit Fischer gar nicht mehr in Wien ist, waren Sie da schon so weit, dass Sie wussten, dass Sie in sie verliebt sind?
Heinz Fischer:
Also, wir ­haben uns schon mehrere Jahre gekannt, aber das Wort „verliebt“ hätte noch nicht richtig gepasst. Sie ist mir sehr positiv aufgefallen und ich war ein bisschen überrascht, dass sie mir von ihrer Absicht, nach Schweden zu gehen, nichts erzählt hat. Da war es natürlich unter den damaligen Kommunikationsbedingungen naheliegend, einen Brief zu schreiben. Und wahr ist, dass ich auf den Brief in der für die Post kürzestmöglichen Zeit eine Antwort bekommen habe und sie in der für die Post kürzestmöglichen Zeit eine Antwort auf die Antwort bekommen hat. Dann hat es eine Gelegenheit gegeben, dass ich im Frühjahr dieses Jahres nach Stockholm gefahren bin und dann hat sich alles mit großer Logik und Harmonie entwickelt.

ÖSTERREICH: Frau Fischer, zu Ihrer Familiengeschichte: Der Großteil Ihrer Familie wurde von den Nazis ermordet, Ihr Vater war ein halbes Jahr in Dachau und ein halbes Jahr im Konzentrationslager Buchenwald. Wie sehr hat Sie das Schreiben dieser Geschichte bewegt?
Margit Fischer:
Natürlich hat es mich bewegt. Und fast noch mehr bewegt mich, wenn jetzt das Totenbuch über Maly Trostinec aufgelegt wird. Wenn ich mir vorstelle, dass meine Großmutter und meine Tante, die rund zehn Jahre jünger waren, als ich es jetzt bin, in Viehwaggons nach Maly Trostinec geschickt und dort ermordet worden sind … Da ist die Emotion noch stärker als bei meinem Besuch im KZ Buchenwald im September dieses Jahres, wo es unglaublich geblasen hat. Mein Vater war aber im Winter dort. Ich bin dankbar, dass er es geschafft und überlebt hat. Er hat ­immer betont, dass er die Kraft und den Willen zum Überleben hatte, weil er wusste, dass eine Annie, meine Mutter, auf ihn wartet. Durch dick und dünn.

ÖSTERREICH: Was macht so eine Familiengeschichte sonst noch mit einem? Und ab wann haben Sie Ihren Kindern davon erzählt?
Margit Fischer:
Wir sind mit diesen Fragen sehr offen, aber sensibel umgegangen. Wir haben unsere Kinder immer soweit wie möglich ernst genommen. Sie waren für uns nicht kleine Kinder, mit denen man nicht offen redet. Kinder fragen ja, Kinder sind neugierig. Sie wollen alles wissen, auch wie das war, als du klein warst. Und man muss ernsthaft antworten.
Heinz Fischer:
Dass ich in eine Schulklasse gegangen bin, wo alle von der ersten bis zur vierten Klasse in einem Raum gleichzeitig unterrichtet wurden. Und alle bloßfüßig waren. Oder dass das Klo nicht im Haus, sondern am Feld war. Dort ist immer so ein großer Gockelhahn gesessen, und ich habe mich nicht getraut, ihn zu verscheuchen. Der hat sich so aufgeplustert.

ÖSTERREICH: Sie haben viel Schönes miteinander erlebt, aber leider auch sehr Trauriges. Frau Fischer, Sie haben zwei Fehlgeburten erlitten. Wie verkraftet man das?
Margit Fischer:
Ja, das war natürlich ein großer Schmerz. Mir hat damals auch mein Arzt Dr. Rockenschaub sehr geholfen. Er hat gesagt, da ist nichts, wofür man sich schämen oder Schuldgefühle haben muss. Und wir waren dann sehr glücklich, als wir unsere Kinder Philip und Lisa bekommen haben.

ÖSTERREICH: Herr Fischer, wie sehr hat Ihre Frau zu Ihrer Karriere beigetragen?
Heinz Fischer:
Sie hat sicher alles leichter gemacht und manches überhaupt erst ermöglicht. Es ist dadurch alles viel harmo­nischer verlaufen. Margit hat dafür gesorgt, dass ich als Klubobmann oder als Minister den Rücken frei gehabt habe. Wir treffen ­alle Entscheidungen gemeinsam, auch für das Amt des Bundespräsidenten zu ­kandidieren war eine Teamentscheidung.

ÖSTERREICH: Wie oft sagen Sie Ihrer Frau „Ich liebe dich“?
Heinz Fischer:
Das ist unsere Privatsache (lächelt). 
Aber öfter, als Sie glauben. 


Interview: Alexandra Stroh

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