Kriminalbeamter: "Sie wollten alles verschleiern."
Der Böller-Prozess im Grazer Straflandesgericht ist am Freitag auf den 30. November vertagt worden. Sowohl das Gutachten als auch weitere Zeugen, die bisher noch nicht gehört wurden, stehen für zumindest einen weiteren Verhandlungstag am Programm. Freitagnachmittag berichtete ein Kriminalbeamter vom Tatort, den Erhebungen und Verschleierungsversuchen. Am Vormittag gab es ein erstes Urteil.
Der Ermittler schilderte dem Schöffengericht, dass bei der Alarmierung am 17. November 2014 zuerst von einer Gasexplosion die Rede war. Erst nach Recherchen an Ort und Stelle habe sich herausgestellt, dass möglicherweise Pyrotechnik im Spiel war. Der angeforderte Entschärfungsdienst aus Wien habe schließlich weitere, noch verpackte und unversehrte Böller entdeckt. Daraufhin sei Rückzug angeordnet und der Evakuierungsradius ausgeweitet worden. "Wir haben fast einen Tag gebraucht, bis der Tatort sicher war", sagte der Beamte.
"Unrechtsbewusstsein war nie ein Thema"
Die Beschuldigten hatten sich in den Monaten der Erhebungen großteils wortkarg verhalten und immer nur das gestanden, was schon zu beweisen war. Der Ermittler meinte: "Ein Unrechtsbewusstsein war nie ein Thema - durchgehend in der Pyrotechnik-Szene. Ihnen geht es nur um Profit und Geld." "Und, dass es kracht", fügte Richterin Barbara Schwarz hinzu.
Der Beamte meinte, dass der "Mastermind" im Hintergrund der obersteirische Sprenglehrer gewesen sei: "Er brachte die Leute zusammen und täuschte die Behörden. Er ist überzeugt von dem, was er sagt." Die südsteirischen Pyrotechnik-Händler - Vater-Sohn-Gespann - gehen seiner Einschätzung nach immer davon aus, dass sie Recht haben und, dass "ihre Rechtsanwälte das schon ausbügeln werden". Anhand der abgehörten Telefongespräche sei deutlich geworden: "Sie wollten alles verschleiern."
Mit dem Kriminalbeamten im Zeugenstand wurde die Verhandlung Freitagnachmittag vertagt. Sollte das Gericht am 30. November noch zu keinem Urteil kommen, wurden auch der 1. und der 2. Dezember als mögliche weitere Termine fixiert.
Erstes Urteil gegen Ex-Polizisten
Freitagfrüh war es bereits zu einem ersten Urteil gekommen: Einer der neun Angeklagten, ein ehemaliger Polizist und nunmehriger Pyrotechniker, wurde wegen Falschaussage und versuchter Begünstigung zu vier Monaten bedingter Haft sowie einer Geldstrafe von 7.200 Euro verurteilt. Der 48-Jährige hatte bis zur Verhandlung und auch noch am ersten Prozesstag geleugnet, vom 33-jährigen Hauptangeklagten Böller gekauft zu haben. Erst am Donnerstag gestand er die Abnahme von etwa 1.500 Stück. Da er aber nicht die Berechtigung dafür hatte, habe er gelogen und bei der Einvernahme nichts davon erzählt. Richterin Schwarz rechtfertigte die "kräftige Strafe" damit, dass der frühere Polizist genau gewusst habe, dass er seinen ehemaligen Kollegen mit einer umfassenden Aussage sehr geholfen hätte.
Nach dem Urteil ging es Freitagvormittag mit Zeugen-Befragungen weiter. Einer von ihnen, ein Pyrotechnik-Händler, schilderte freimütig, dass er 2015 - und somit nach der Explosion mit zwei Toten in Kapfenstein - im Rahmen eines Lehrgangs in der Obersteiermark einen Vortrag des 33-jährigen Hauptangeklagten besucht habe. Der Beschuldigte hatte über die Herstellung von Blitzknallkörpern referiert, was dieser auch bestätigte. Dass die Wahl des Vortragenden möglicherweise eine schiefe Optik hatte, schien auch den Chef des Lehrgangs, den 44-jährigen mitangeklagten Sprenglehrer, nicht zu stören.
Ein anderer Zeuge - ebenfalls ein Pyrotechnik-Händler, aber aus Graz - hatte vom 33-Jährigen "Cobra 44"-Böller angeboten bekommen: "Ich wusste aber auch nicht, wo er produzierte." Abnehmen wollte er dem Hersteller nichts, da er vom Liefervertrag mit dem südsteirischen Händler-Duo wusste und nicht die gleiche Ware wollte. Außerdem gebe es wie überall "Sterneköche und Würstelbuden". Richterin Schwarz wollte wissen, ob das Vater-Sohn-Gespann eher "Sterne oder Würstel" sind. "Darüber möchte ich lieber kein Urteil abgeben", meinte der Zeuge.
Anhörung von Zeugen
An den ersten beiden Prozesstagen waren neben den Beschuldigten mehrere Zeugen, vor allem Nachbarn, gehört worden. Sie hatten von der Explosion, einem "Feuerball" und massiven Schäden erzählt. Einige der Angeklagten gestanden, an der illegalen Herstellung der Böller beteiligt gewesen zu sein. Das Vater-Sohn-Gespann dagegen wollte nicht gewusst haben, dass die Blitzknallsätze in nicht genehmigten Betriebsstätten in der Steiermark hergestellt wurden.
Der Bruder des getöteten 29-Jährigen gestand, drei oder vier Mal bei der Herstellung auf dem gemeinsamen Anwesen geholfen zu haben. Er wurde bei der Explosion verletzt und muss sich ebenso wie ein Großteil der anderen Angeklagten wegen Gemeingefährdung verantworten. Der Vater der Brüder kam ebenfalls am 17. November 2014 ums Leben. Er war zufällig in der Nähe, als etwa 25 Kilogramm der explosiven Masse in die Luft flogen.