Temperaturen von 70 Grad sind im Sommer keine Seltenheit auf Österreichs Baustellen.
Die Bauarbeiter stehen oft den ganzen Tag in der prallen Sonne, teils in einer Umgebung, die aufgrund von Staub oder Abgasen ohnehin gesundheitsschädigend ist. Selbst, wenn es Container gibt, die in den Pausen etwas Schutz bieten, dann findet man dort Celsius-Grade vor, die mehr an eine Sauna erinnern.
„Wir haben im Hitzejahr 2018 in der Mittagszeit Messungen auf einer Baustelle in Graz durchgeführt. An dem Tag hatte es 30 Grad. Wir kamen auf einen Messwert von 60 Grad beim Asphaltieren und 70 Grad bei der Schalung“, sagt ein Gewerkschafter der Gewerkschaft Bauholz zu ÖSTERREICH.
SPÖ-Politiker fordert Hitzefrei
Jetzt fordert der erste Politiker hitzefrei für Bauarbeiter: „Arbeiten in der Hitze ist sehr gefährlich. Es schwächt die Konzentrationsfähigkeit, es passieren mehr Arbeitsunfälle und deshalb mein großer Appell an die Arbeitgeber, alle Maßnahmen zu setzen, um das Arbeiten unter Hitze für die Beschäftigten erträglich zu machen. Das heißt: Nutzen wir Trinkpausen und stellen wir auch dementsprechende Hilfsmittel zur Verfügung, wie bspw. Sonnenschutz oder verlegen wir auch die Arbeit in den Schatten, wo es möglich ist. Überall dort, wo wir die 32,5 Grad Celsius an Hitze überschreiten, mein Appell an die Arbeitgeber und die Auftraggeber: Stellt bitte die Arbeiten ein! Es hilft nichts, wenn es danach schwere Arbeitsunfälle gibt und dadurch Bauarbeiter, oder Menschen, die im Freien arbeiten, schwere Verletzungen davontragen.
Kein Schutz für Bauarbeiter
Das muss nicht sein, das ist nicht notwendig“, sagt Nationalratsabgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ), der auch oberster Baugewerkschafter ist.
Die Rechtslage bietet derzeit nicht ausreichend Schutz, bemängelt die Gewerkschaft.
Entscheidung liegt bei Arbeitgeber
„Im Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz besteht für Unternehmen derzeit die Möglichkeit ab 32,5 Grad den Mitarbeitern „hitzefrei“ zu geben. Ein Rechtsanspruch besteht aber nicht. Letzten Endes entscheidet trotzdem der Arbeitgeber. Eine dahingehend verpflichtende Regelung, egal ob über Gesetz oder Kollektivvertrag, wäre daher zum Schutz der Bauarbeiter sehr wünschenswert“, sagt Arbeitsrechtsexperte Alexander Tomanek von der AK Wien.
„Im Jahr 2019 bekamen insgesamt 39.122 Bauarbeiter aus 5.245 Baubetrieben Hitzefrei. Das zeigt, dass im Schnitt nur jede zweite Baufirma im Interesse ihrer Beschäftigten und deren Gesundheit gehandelt hat“, so der Gewerkschafter der Gewerkschaft Bauholz zu ÖSTERREICH.
Auf Nachfrage bei Arbeitsminister Martin Kocher hieß es: "Die Sozialpartner in der Baubranche diskutieren immer wieder aktuelle Themenstellungen, die sie betreffen. Das aktuelle Modell der Hitzefreistellung beruht auf einer sozialpartnerschaftlichen Einigung. Vor diesem Hintergrund liegt es in erster Linie auch an den Sozialpartnern das Modell in der Praxis anzuwenden und zu bewerten."
Das hilft bei hohen Temperaturen (Empfehlung der AK):
• Genug trinken – Bereitstellung geeigneter alkoholfreier Getränke durch den/die Arbeitgeber/in
• organisatorische Maßnahmen, wie den Arbeitsbeginn vorverlegen, die Mittagshitze meiden und zusätzliche Arbeitspausen
• Abschattung vor direkter Sonneneinstrahlung
• Nachtabkühlung nutzen: für eine intensive Durchlüftung der Räume sorgen und zwar in der Nacht – oder in den frühen Morgenstunden
• Lockerung eventuell vorhandener Bekleidungsvorschriften
• Bereitstellung von Tisch- oder Stehventilatoren (Zugluft vermeiden!)
• Zurverfügungstellung von Duschgelegenheiten
Larissa Eckhardt