Der Schwindler bekannte sich bei seinem Prozess "nicht schuldig".
Der falsche Notarzt, der im vergangenen Sommer in der Bundeshauptstadt infolge unzureichender medizinischer Behandlung den Tod einer Patientin verursacht und eine weitere ins Koma befördert haben soll, hat am Montag im Straflandesgericht den Vorwurf der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen und der fahrlässigen Körperverletzung zurückgewiesen. Zur Kurpfuscherei und dem Betrug - dabei ging es um die einkassierten Honorare von insgesamt 4.400 Euro - war der 38-Jährige geständig.
Zahlreich vorbestraft
Der in Deutschland wegen diverser Betrügereien zahlreich vorbestrafte Mann räumte ein, kein Medizinstudium abgeschlossen und ein solches auch gar nie begonnen zu haben. Dennoch hatte er keine Bedenken, im Notarztwagen mitzufahren. "Ich bin mir sicher, dass ich nicht überfordert war", sagte der Angeklagte und machte in diesem Zusammenhang "praktische Erfahrung, die ich mir während der vergangenen Dekaden zugelegt habe" geltend. Dabei verwies der 38-Jährige auf seine Zivildienst-Tätigkeit, im Rahmen derer er einen Sanitäter-Kurs besucht habe, sowie Tätigkeiten als Krankenpfleger, in der Altenpflege und bei einem Bestattungsinstitut.
Nach seinem Umzug nach Österreich hatte sich der Mann, dessen beruflicher Werdegang ursprünglich bei der Polizei begonnen hatte, gezwungen gesehen, dringend Geld zu verdienen. Von seiner Schauspielerei konnte er nicht leben, nach seinen eigenen Angaben waren mehr als Komparsen-Rollen ("Ich war einer von hundert Leuten, die im Hintergrund einmal durchs Bild laufen") nicht drinnen. Zu diesen Kurzauftritten zählte übrigens auch eine Rolle als Chefarzt in einer "Kommissar Rex"-Folge.
Kurs im Heeresspital
Also beschloss er, Notarzt zu werden, indem er zunächst beim Heeresspital mit einer total gefälschen Approbationsurkunde, die ihn als Arzt auswies, einen Kurs für Notfallmedizin belegte. "Der Kurs war Vollzeit gestaltet, sechs Tage die Woche, zwölf Stunden am Tag. Ich denke, dass man ein umfassendes medizinisches Tiefenwissen braucht, um diesen Kurs zu bestehen", legte der Angeklagte dar.
Dies war dem Schwindler aber erst im zweiten Anlauf gelungen. Beim ersten Prüfungstermin wollte er etwa eine Defibrillation direkt auf einem Herzschrittmacher durchführen und flog "mit Bomben und Granaten" durch, wie Richter Stefan Apostol wörtlich aus dem Akt zitierte. Bei der Nachprüfung genügte dann die Beantwortung von 20 statt zunächst 80 Fragen. Der 38-Jährige erlangte so ein Zeugnis mit dem er sich beim Arbeitersamariterbund vorstellte und unter neuerlicher Vorlage des falschen Approbationszeugnisses unverzüglich auf Honorarbasis angestellt wurde. Daneben wurde er auch für das Landesklinikum Mostviertel, die Polizeisportvereinigung Linz und die Österreichische Cartsportvereinigung als vermeintlicher Notarzt tätig.
Schwer belastet
Der Angeklagte wurde von dem dreiköpfigen Sanitäter-Team, das ihn bei den anklagegegenständlichen Vorfällen begleitet hatte, schwer belastet. Im Fall einer Patientin, die am 23. August 2010 ins Spital überstellt werden sollte und dabei einen Kreislaufstillstand erlitt, erklärte einer der Zeugen, der 38-Jährige wäre "nur dabei gestanden". Obwohl die Patientin nur mehr einen Puls von 30 hatte, habe der vermeintliche Arzt erklärt: "Passt schon, sie ist stabil". "Ein paar Sekunden später haben wir sie reanimieren müssen", sagte der Sanitäter. Die 63-Jährige liegt seither im Koma.
Die 68 Jahre alte Patientin, die am 24. August 2010 wegen akuter Kreislaufprobleme die Rettung gerufen und den Notarzt-Einsatz nicht überlebt hatte, habe nur mehr eine Sauerstoffsättigung von 75 Prozent aufgewiesen: "Eine Intubation wäre absolut indiziert gewesen". Von einer solchen nahm der falsche Notarzt Abstand. Er schlug stattdessen vor, man möge der Frau vier Liter Sauerstoff zuführen. "Das war a bissl a Blödsinn. Wir sind mit 15 Liter reing'fahren und haben damit nur einen Sättigungsgrad von 85 Prozent erreicht", so einer der Zeugen.
"A bissl komisch"
Einer der Sanitäter hatte sich auch beim Betriebsrat über den vermeintlichen Notarzt beschwert, weil ihm dieser "a bissl komisch" vorkam, wie der Mann nun im Zeugenstand deponierte. Richter Stefan Apostol machte in diesem Zusammenhang aus seiner Verwunderung kein Geheimnis, dass der Arbeitersamariterbund die Approbationsurkunde, die den 38-Jährigen als Arzt auswies, ohne weiteres akzeptiert hatte. Wie Apostol zu verstehen gab, wäre dieses Dokument insofern relativ leicht als Fälschung zu erkennen gewesen, als es weder einen Stempel noch ein Siegel aufwies. Auch die Machart an sich sah für Apostol nicht unbedingt glaubwürdig aus.
Als er dies einem Vertreter des Arbeitersamariterbunds vorhielt, der den 38-Jährigen eingestellt hatte, erwiderte der Zeuge: "Ich habe selten Approbationsurkunden aus Deutschland. Das ist das Problem." Er habe "nicht den geringsten Zweifel gehabt, dass das passt." Außerdem habe der 38-Jährige "einen sehr seriösen Eindruck gemacht".
Die Verhandlung wird am Dienstag fortgesetzt.