Wien

Freundin wegen Sex-Video erstochen: Prozess

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Die 40-Jährige hatte sich heimlich mit ihrem Partner gefilmt.

Wegen Mordes an seiner Freundin hat sich am Mittwoch ein 45-jähriger Mann vor Geschworenen im Wiener Straflandesgericht verantworten müssen. Laut Anklage hat er die 40-jährige Frau erstochen, weil sie heimlich ein Video aufgenommen hatte, das sie mit ihrem Partner beim Sex zeigt. "Ich bin unschuldig", meinte der Angeklagte.

Das Video soll die Frau im gemeinsamen Freundeskreis verbreitet haben. Allerdings wurde der Film laut Staatsanwalt Michael Schietz von der Polizei nie gefunden.

Drogen
Das Paar - beide jahrelang drogenabhängig - hatte sich in einer Beratungsstelle für Suchtgiftabhängige kennengelernt. Wie der Bruder der 40-Jährigen vor Gericht (Vorsitz: Nina Steindl) aussagte, habe es sich um eine On-Off-Beziehung gehandelt. Erst kurz vor der Tat habe er sie verlassen. Als er in die Wohnung der Frau in Margareten zurückkam, bekam er mit, dass das Video kursierte. Der gebürtige Tunesier geriet laut Anklage "in Wut, nicht zuletzt deshalb, weil das Praktizieren von Anal-Sex unter Moslems verpönt ist und weil er von seinen Bekannten abschätzig behandelt wurde".

Video als Drohung
Dem Staatsanwalt zufolge soll das Video entstanden sein, weil die Frau befürchtete, der um fünf Jahre ältere Mann könnte die Beziehung beenden. Der Beschuldigte erzählte, die 40-Jährige habe gedroht, das Video zu verbreiten, sollte sie ihn verlassen. In der Tatnacht habe sie "immer wieder davon gesprochen", erzählte der 45-Jährige. Unter Einfluss von Tabletten, u.a. nach Konsum eines ganzen Fläschchens Psychopax gegen Angstzustände, habe er zunächst versucht, sich mit dem laut Anklage 15 Zentimeter langen Küchenmesser umzubringen, indem er sich in die Herzgegend stach.

Tödliche Stiche
Die 40-Jährige wollte ihm daraufhin das Messer zu entreißen, dabei sei es zu einem Gerangel und schlussendlich zu den tödlichen Stichen im Halsbereich der Frau gekommen. Laut Gutachten wurde der 40-Jährigen durch zwei Stiche in die Drosselvene verletzt, die Frau verblutete noch im Stiegenhaus ihres Wohnhauses, wohin sie sich flüchten wollte.

Zurechnungsfähigkeit
Nach seiner Festnahme gab er zu, zugestochen und das Messer "wie einen Säbel" benutzt zu haben. Den Tötungsvorsatz stellte der von Verteidiger Philipp Wolm vertretene Tunesier in Abrede. Er habe "kein typische Nachtatverhalten" gezeigt, sagte Wolm. Er sei regungslos am Tatort gelegen. Wegen seiner Stichverletzungen musste er notoperiert und auf der Intensivstation behandelt werden. Der Anwalt stellte die Zurechnungsfähigkeit seines Mandanten zum Tatzeitpunkt und den für den Mordvorwurf notwendigen Vorsatz in Frage.

Demgegenüber stellte der Staatsanwalt die Aussage vor der Polizei, wo der 45-Jährige meinte, "bewusst zugestochen" zu haben, um die Frau auf Abstand zu halten. Die neun Zentimeter tiefen Stichverletzungen im Hals des Opfers höre sich nicht nach einem Gerangel, sondern nach "gezielten Stichen" an, meinte Richterin Steindl.

Vorverurteilungen
Dem Angeklagten drohen bei einem Schuldspruch im Sinne der Anklage zehn bis 20 Jahre oder lebenslang. Bei der Strafbemessung würden sechs gerichtliche Vorverurteilungen eine Rolle spielen. Zuletzt hatte der 45-Jährige fünf Jahre wegen Drogenhandels abgesessen. Ende Mai 2014 war er aus dem Gefängnis entlassen worden.

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