Disskussion

Gewaltvideos auf Schüler-Handys

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"Brutalität im Kleinformat - wenn Gewaltvideos auf Schüler-Handys landen" – Hauptsächlich männliche jugendliche Täter.

Am Mittwoch Abend lud mobilkom austria bereits zum zehnten Mal zur Diskussionsreihe ROUNDABOUT KIDS ein - diesmal ins Kinder- und Jugendkino cinemagic. Der Sozialpädagoge Alexander Unterberger hat bereits mit Jugendlichen das Thema erarbeitet und präsentierte die Ergenisse.

"Normale" reagierten teilweise mit Schadenfreude
Zunächst wurde einer Schulklasse eine Auswahl an Gewaltvideos gezeigt. Im Anschluss berichteten die SchülerInnen über ihre Gefühle und Gedanken zu den Inhalten. Erschreckendes Ergebnis: Viele empfanden die Videos als normal, einige fanden sie sogar gut oder empfanden Schadenfreude.

Betreute verhaltensauffällige Kinder sehen es klarer
Viel betroffener reagierte die zweite Gruppe - drei Burschen aus der Trainings-WG "MÜHLE", in der verhaltensauffällige Jugendliche betreut werden. "Die haben ja keine Ahnung", war ihr Kommentar, "wenn sie das bereits selbst erlebt hätten, wüssten sie, dass das nicht cool ist. " Auch als Täter käme sehr rasch nach dem emotionalen Hoch die Ernüchterung über das Geschehene, sowie Trauer und Schuldgefühle.

Gewaltvideos reines Burschenthema
Sowohl beim Workshop als auch bei der Expertendiskussion kristallisierte sich klar heraus, dass Gewaltvideos ein reines Burschenthema sind. Für Alexander Unterberger ist das logisch: "Männlichen Jugendlichen in diesem Alter ist es extrem wichtig, sich groß zu fühlen. In ihrem Alltag - unter der Obhut von Eltern und Lehrern - finden sie allerdings kaum Möglichkeiten dafür. Gewalt, auch beobachtete, sei eine Chance, sich zumindest kurz emotional groß zu fühlen. " Die Ursache dafür sieht er in der "emotionalen Abstumpfung" . Es fällt Jugendlichen schwer, sich auf andere emotional einzulassen, weil sie nie gelernt haben, über Gefühle zu sprechen. Dafür sei in der heutigen Zeit kaum Platz.

Das Verhalten ist nicht Gesellschafftsschicht spezifisch
Uneinig waren sich die Experten darüber, ob Gewaltvideos auch bestimmten Gesellschaftsschichten zugeordnet werden können. Laut Unterberger sei die Ursache - ein Mangel an Liebe und Zuneigung - statusunabhängig. Anton Schmid meinte hingegen, dass Happy Slapping, als öffentlich sichtbare Gewalt, ein Phänomen der unteren sozialen Schichten ist.

Unterschied zwischen "Happy Slapping" und "Snuff-Videos"
Der Besitz und die Weitergabe von Snuff-Videos (Gewalt-Videos) verstoßen zwar klar gegen das Jugendschutzgesetz, beim Durchführen und Mitfilmen willkürlicher Prügeleien handelt es sich aber um den Tatbestand einer Körperverletzung und damit um ein schweres Vergehen im Sinne des Strafgesetzes.
Auf die Frage, wie man Jugendliche also am besten für das Thema sensibilisieren könne, griff Prof. Kunczik auf eine amerikanische Studie zurück: "Schüler sollten dabei die Opfer-Rolle einnehmen und sich mit dieser identifizieren. Das fällt natürlich viel schwieriger als die des Täters einzunehmen, hilft aber sehr gut, um Kindern das Unrechtmäßige der Gewalt bewusst zu machen."

Experten sehen das Handy nicht als Auslöser des Verhaltens
Vielmehr handle es sich um das "alte" Problem Gewalt, das hier einen neuen Übertragungskanal gefunden hat. Prof. Kunczik ist davon überzeugt, dass lediglich eine kleine Gruppe von Jugendlichen tatsächlich gefährdet ist, Gewalthandlungen zu setzen. Seiner Meinung nach wird jedem neuen Medium zunächst der Vorwurf gemacht, die Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft zu steigern. "Solange es keine wissenschaftlichen Forschungsergebnisse gibt, bleibt viel Raum für Kulturpessimismus." Ein Problem sieht er darin, dass Eltern kaum Einfluss auf den Handykonsum ihrer Kinder haben. Elisabeth Mattes ergänzte: "Nur ein kontrollierter Konsum kann sinnstiftend sein. Diese Kontrolle ist allerdings schwierig, weil das Handy das erste Medium ist, dass Jugendlichen wirklich Privatsphäre ermöglicht."

Anton Schmid gab auch zu bedenken, dass der Inhalt von Handys unter den Datenschutz falle und nur in Absprache mit den Kindern und Jugendlichen angeschaut werden dürfe.

Verbote sind keine Lösung

Medienpädagogik soll aufklären statt verbieten Einig waren sich die Experten, dass die Problematik ein Thema der Erziehung ist. Verbote sind dabei keine Lösung, vielmehr gehe es darum, die Problematik offen anzusprechen und zu diskutieren. Ein Unterrichtsmodul Medienpädagogik könnte eine solche Gesprächsplattform sein. So sollen Jugendliche einen verantwortungsvollen, kontrollierten Umgang mit den neuen Medien wie dem Handy lernen. "Grenzen bei der Nutzung müssen dort gezogen werden, wo die Gefahr besteht, dass die persönliche Sicherheit anderer gefährdet ist ", meinte Anton Schmid. Und Alexander Unterberger ergänzte, dass dabei wirklich alle Erwachsenen gefordert seien, Eltern genauso wie PädagogInnen.

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