Wien. Der Holocaust-Überlebende Rudolf Gelbard ist heute mit 87 Jahren verstorben. Der 1930 geborene Gelbard gehörte zu den letzten noch lebenden Zeitzeugen des Holocaust. Er wurde im Alter von 12 Jahren von den Nazis in das KZ Theresienstadt deportiert. Neunzehn Mitglieder seiner Familie wurden während der Nazizeit ermordet. Gelbard überlebte den Holocaust und setzte sich an Schulen und in Vorträgen über viele Jahre für Geschichtsaufklärung ein.
Der Wiener war Zeitzeuge und bis zuletzt antifaschistischer Aktivist. "Rudolf Gelbard war mit seinem Einsatz für ein demokratisches und antifaschistisches Österreich ein großes Vorbild für uns alle. Er hat unermüdlich über die Nazizeit aufgeklärt", so Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch.
Für seinen Einsatz für die Aufklärung über die Nazizeit wurde Gelbard heuer mit dem Ute-Bock-Preis für Zivilcourage ausgezeichnet. Das Video zeigt Gelbard bei einer Buchpräsentation. Er stellte sich bis zuletzt gegen Burschenschaften und NS-Verharmloser entgegen:
Nach der letzten Nationalratswahl im Oktober 2017 rief er in einer vielbeachteten Videobotschaft dazu auf, keine Rechtsextremen in die österreichische Bundesregierung zu holen. Seine Videobotschaft wurde auf Facebook mehr als 100.000 Mal abgerufen. Hier zum Nachsehen:
Bundespräsident würdigt Verstorbenen
Der Tod des Holocaust-Überlebenden Rudolf Gelbard hat am Mittwoch Betroffenheit auf allen gesellschaftlichen Ebenen ausgelöst. Österreich verliere "einen wichtigen Zeitzeugen der Schoah, einen wachsamen Mahner vor Antisemitismus und Intoleranz sowie einen engagierten Kämpfer für Demokratie, Humanismus und Rechtsstaatlichkeit", meinte Bundespräsident Alexander Van der Bellen in einer Aussendung.
"Seine Offenheit und Menschlichkeit haben dazu beigetragen, dass seine Stimme Gehör und seine Worte Gewicht fanden", betonte Van der Bellen und weiter: "In diesem Moment eines so schmerzlichen Verlustes ist es unsere gemeinsame Verpflichtung, das Erbe dieses großen Österreichers zu bewahren. Unser Mitgefühl ist bei seiner Familie und seinen Freundinnen und Freunden."
Auch Heinz Fischer reagierte
Auch Van der Bellens Vorgänger als Staatsoberhaupt, Heinz Fischer, reagierte auf die "erschütternde Nachricht". Gelbard sei nicht nur Zeit seines Lebens ein glaubwürdiger Anti-Faschist, sondern auch ein genauer Kenner und präziser Kritiker des Kommunismus und Stalinismus gewesen, schrieb der ehemalige Bundespräsident, der auch ein enger Vertrauter des nun Verstorbenen war.
Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG), Oskar Deutsch, schrieb in einer Aussendung: "Wir werden Rudi Gelbard als einen erfahrenen und verlässlichen Mitstreiter vermissen. Mit ihm verlieren wir eine herausragende Persönlichkeit und einen engen Freund." Die Israelitische Kultusgemeinde werde Gelbard stets ein ehrendes Andenken wahren.
Auch zahlreiche SPÖ-Reaktionen
Zahlreich waren auch die Reaktionen aus der Sozialdemokratie, Gelbards politischer Heimat. Trauerbekundungen kamen unter anderem aus der Bundespartei, der Wiener SPÖ, dem Parlamentsklub sowie der SPÖ-Delegation im Europäischen Parlament. "Mit Rudi Gelbard verlieren wir einen starken Antifaschisten, einen unermüdlichen Kämpfer für Humanität und Solidarität und wir verlieren einen großartigen Menschen", schrieb die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ).
Nicht nur Sozialdemokraten reagierten mit Betroffenheit, auch die NEOS würdigten den Zeitzeugen in einer Aussendung. Deren Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger verneigte sich "mit tiefem Respekt" und schrieb: "Gelbard hat sich sein ganzes Leben lang für Bildung und Aufklärung engagiert, hat mit Schülerinnen und Schülern gearbeitet und ist als Zeitzeuge und Mahner - auch vor der Verharmlosung von FPÖ-Einzelfällen - aufgetreten."