Als Ursache nennen die Schulbehörden den "Zeitgeist", der uns unter anderem das Happy Slapping beschert hat.
Jährlich werden Hunderte Schüler in Österreich bei "Gefahr im Verzug" von ihrer Schule suspendiert, also für maximal vier Wochen von der Schule verwiesen. Dieser Maßnahme kann ein Ausschluss von der Schule ("Schulverweis") folgen, was aber nur in Einzelfällen erfolgt. Diese Disziplinarmaßnahme kommt in den vergangenen Jahren allerdings tendenziell häufiger zum Einsatz.
"Gipfel der physischen Gewalt"
So wird im Burgenland,
in Oberösterreich, Kärnten, Tirol, Salzburg und Vorarlberg von den
Landesschulräten von einer leichten Zunahme berichtet. Das Gros an Maßnahmen
betrifft Pflichtschüler. Das entspreche allen Studien zum Gewaltverhalten,
so die Wiener Bildungspsychologin Christiane Spiel Schließlich erreichten
Kinder zwischen 10 und 14 Jahren den "Gipfel der physischen Gewalt".
Ausnahme bestätigen Regel
An den AHS-Oberstufen und
Berufsbildenden Höheren Schulen (BHS) gibt es Suspendierungen und
Schulverweise nur in Einzelfällen. Schließlich sind die Jugendlichen in
diesem Alter nicht mehr schulpflichtig und "freiwillig" da. Eine
spektakuläre Ausnahme war jener Bub, der 2004 mit einer Bombendrohung seinen
Ausschluss von der Handelsakademie Steyr provoziert hatte, weil er von den
Eltern zum Besuch der Schule gedrängt und davon überfordert war.
OÖ nur leicht steigend
An den Pflichtschulen gibt es in
Oberösterreich jährlich zwischen 50 und 100 Kinder, die suspendiert werden -
eine Zunahme im Vergleich zu früher. Im Landesschulrat begründet man das
damit, dass die Kinder heute extremer agierten. Und Lehrer, die schließlich
keine Therapeuten seien, könnten nur so auf Verhaltensauffälligkeiten
reagieren. Schulausschlüsse gebe es dennoch keine.
Andere Länder ärger
Im Burgenland spricht der
Landesschulrat ebenfalls von einem Anstieg der Suspendierungen an
Pflichtschulen: von drei im Schuljahr 1997/98 auf 16 im Schuljahr 2007/08.
In Kärnten haben die Suspendierungen von 2005/06 auf 2007/08 von 26 auf 34
zugenommen. In Tirol gibt es an Pflichtschulen jedes Schuljahr zwischen 50
und 100 Suspendierungen, was ein leichtes Plus bedeutet. An Vorarlberger
Pflichtschulen mussten 2005/06 noch 55 Schüler in die "Zwangspause", 2007/08
waren es 83.
Zeitgeist und Happy Slapping
Aus Salzburg wurden keine absoluten
Zahlen geliefert. Seit 2003 ist allerdings laufend eine Zunahme
feststellbar. Als Grund wird eine "Änderung in der Schulhauskultur" genannt,
Fehlverhalten werde schneller geahndet. Schuld sei auch der "Zeitgeist" der
Jugendlichen mit Phänomenen wie "Happy slapping", bei dem Gewalttätigkeiten
gegen andere per Handy gefilmt und verbreitet werden.
Wien und NÖ konstant
Kein Plus wird aus Niederösterreich
gemeldet. Dort wurden zwischen 2003/2004 und 2007/2008 insgesamt etwa 60
Pflichtschüler der Schule verwiesen. In Wien werden seit Jahren konstant
zwischen 70 und 110 Pflichtschüler pro Jahr suspendiert. Zu den steirischen
Pflichtschulen gibt es kein Zahlenmaterial, laut Landesschulrat werden dort
keine eigenen Statistiken geführt.
Laut Schulunterrichtsgesetz (§ 49 Absatz 1) kann ein Schüler von der Schule verwiesen werden, wenn er "seine Pflichten in schwerwiegender Weise verletzt und die Anwendung von Erziehungsmitteln erfolglos bleibt oder wenn das Verhalten eines Schülers eine dauernde Gefährdung anderer Schüler hinsichtlich ihrer Sittlichkeit, körperlichen Sicherheit oder ihres Eigentums darstellt". Pflichtschüler dürfen nur dann ausgeschlossen werden, wenn auch danach "die Erfüllung der Schulpflicht gesichert ist", also eine andere Schule für ihn erreichbar ist. Bei "Gefahr im Verzug" kann der Landesschulrat eine Suspendierung aussprechen, die maximal vier Wochen dauern darf. Wird im Verfahren gegen einen Schulausschluss entschieden, ist die Suspendierung aufzuheben. |