Der ehemalige Gendarmen-Mörder wurde bei einem Einbruch in eine Apotheke erwischt.
Ab kommendem Montag steht der in die Kriminalgeschichte eingegangene Gendarmen-Mörder Amyn Radwan Gindia wegen versuchten Mordes in Wien vor Gericht. Der 48-Jährige könnte im Fall eines Schuldspruchs der erste Angeklagte nach Jack Unterweger sein, der aus einer lebenslangen Freiheitsstrafe bedingt entlassen wurde, danach wieder straffällig wird und dafür ein zweites Mal lebenslang kassiert.
Höchststrafe
Gindia war im März 1992 von einem Wiener Schwurgericht wegen Doppelmordes zur Höchststrafe verurteilt worden. Er hatte 1987 einen türkischen Waffenschieber bei Hagenbrunn (Bezirk Korneuburg) in einen Hinterhalt gelockt und erschossen. 1989 tötete er in Maria Lanzendorf (Bezirk Wien-Umgebung) einen 33-jährigen Gendarmen mit zwei Kopfschüssen, der Gindia im Zuge einer Fahndung nach Einbrechern einer Personenkontrolle unterziehen wollte. Nachdem er über 24 Jahre in der Justizanstalt Krems-Stein abgesessen hatte, wurde Gindia im November 2014 bedingt entlassen.
Feuergefecht
Drei Monate später lieferte sich der 48-Jährige nach einem gescheiterten Einbruch ein regelrechtes Feuergefecht mit der Polizei. Gemeinsam mit einem alten "Häf'n"-Spezi - der 54 Jahre alte Mann hat immerhin 38 Jahre seines Lebens im Gefängnis verbracht - wollte Gindia am 23. Februar 2015 in eine in einem Shoppingcenter in Floridsdorf gelungene Apotheke eindringen. Der Anklageschrift zufolge waren die beiden Männer auf Potenzmittel und Suchtmittelpräparate aus. Sie wurden jedoch von Passanten beobachtet, als sie sich an der Rückseite des Gebäudes auffällig mit Einbruchswerkzeug zu schaffen machten. Die Zeugen verständigten die Polizei.
Als Uniformierte auf den Plan traten, ergab sich Gindias Komplize widerstandslos. Der gebürtige Libanese zog allerdings eine Glock 17, rief den Polizisten "Lasst mich gehen oder ich erschieß' euch!" zu und versuchte zu flüchten. Als ihn die Beamten verfolgten, drehte sich Gindia im Davonlaufen mehrfach um, richtete seine Waffe auf die Einsatzkräfte und gab schließlich mehrere Schüsse ab, wobei es ihm - wie Staatsanwältin Gabriele Müller-Dachler in ihrer Anklage festhält - darauf ankam, die Polizisten zu töten, um seine Festnahme zu verhindern.
"Suicide by Cop"
Gindia wird sich vor dem Schwurgericht (Vorsitz: Georg Olschak) demgegenüber mit einer Sonderform des Selbstmords, dem "Suicide by Cop" verantworten, wie sein Verteidiger Rudolf Mayer im Gespräch mit der APA ankündigte. Gindia sei ein hervorragender Schütze: "Er war Wiener Jugendmeister im Schießen, später dann Trainer für Combatschießen (kampforientiertes Schuss-Training mit Handfeuerwaffen, Anm.). Nach seiner Enthaftung hat er sofort das Schießtraining wieder aufgenommen." Dennoch habe kein einziger Schuss, den Gindia abgab, getroffen, "obwohl die Beamten gerade ein Mal drei bis vier Meter vor ihm gestanden sind", so Mayer. Für den Verteidiger ist daher klar, dass sein Mandant gezielt daneben feuerte, um die Polizisten dazu zu bringen, ihn zu erschießen. Motiv: Gindia habe den Widerruf seiner bedingten Entlassung befürchtet und nicht bis zu seinem Lebensende im Gefängnis verschwinden wollen.
Gindia wurde von drei Projektilen aus den Dienstwaffen der Polizei getroffen und dabei schwer, aber nicht akut lebensbedrohlich verletzt. Die Staatsanwältin wertet seine Darstellung als reine Schutzbehauptung: Selbst als er bereits verletzt am Boden lag, hätte sich der 48-Jährige nicht ergeben, sondern nach dem Rucksack gegriffen, den er umgehängt hatte und in dem sich eine voll funktionsfähige Handgranate befand, die er - so der Vorwurf der Anklägerin - zünden wollte. Das hätten zwei couragierte Beamte verhindert, denen es - wie der Anklageschrift zu entnehmen ist - "trotz heftiger Gegenwehr des Angeklagten gelang, dessen Arme zu fixieren".
Urteil am 27. April
Die Verhandlung ist auf zwei Tage anberaumt. 13 Zeugen und fünf Sachverständige sind geladen. Das Urteil, in dem es für Gindia um zehn bis 20 Jahre oder lebenslang sowie den Widerruf seiner offenen lebenslangen Freiheitsstrafe geht, soll am 27. April fallen.
Den Schwurprozess - eine allfällige Einspruchsfrist gegen die Anklageschrift läuft in wenigen Tagen ab - wird Richter Georg Olschak leiten. Sollte es zu einem Schuldspruch kommen, könnte der in der Justizgeschichte bisher nicht da gewesene Fall eintreten, dass ein Straftäter zwei Mal lebenslang ausfasst. Auf Mord sieht das Strafgesetzbuch zehn bis 20 Jahre oder lebenslang vor - unabhängig davon, ob der Tatbestand vollendet wurde oder es beim Versuch geblieben ist.