Schuldsprüche

Leiche im Müll: Angeklagten schuldig

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Kumpan zu Tode gequält und im Müll abgelegt – Schuldsprüche in Wien.

Der Prozess gegen vier Obdachlose, die einen Kumpanen im März 2017 zu Tode gequält und die Leiche in einem Wiener Müllcontainer abgelegt haben sollen, ist Mittwochabend mit vier Schuldsprüchen zu Ende gegangen. Die Angeklagten wurden zu 15 Monaten bis 20 Jahren wegen schwerer Körperverletzung bzw. Mordes verurteilt. Der Richterspruch ist nicht rechtskräftig.
 
Der 55-jährige Erstangeklagte wurde wegen Mordes im Sinne der Anklage zu 20 Jahren verurteilt. Er meldete sofort Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Seine Lebensgefährtin, die von Christine Wolf vertreten wurde, erhielt wegen schwerer Körperverletzung drei Jahre Haft. Sie nahm das Urteil ebenso an, wie der Straßenmusiker, der 2,5 Jahre Haft erhielt. Sein 17-jähriger Sohn muss für 15 Monate wegen schwerer Körperverletzung in Haft.
 

Drei Angeklagte darunter ein Jugendlicher

Die drei angeklagten Männer - einer davon ein Jugendlicher - und die Frau beschuldigten sich im Prozess gegenseitig. Keiner der Slowaken wollte für die tödlichen Verletzungen verantwortlich sein. Das Opfer war aufgrund massiver Verletzungen an Kopf und Hals gestorben, sagte der Grazer Gerichtsmediziner Mario Darok, der den Toten untersucht hatte. Vermutlich erlitt das 58-jährige Opfer nach Schlägen und Tritten auf die rechte Gesichtshälfte einen Schädelbruch. Zudem wurde er so heftig gewürgt, dass auch das tödliche Auswirkungen hatte. Die Leiche wurde übel zugerichtet in einem Grazer Versorgungsbetrieb entdeckt. Deshalb war die Beurteilung des Gerichtsmediziners aufgrund der Verletzungen durch die Müllpresse "massiv erschwert", sagte Darok.
 
Die fünf Obdachlosen kannten einander vom gemeinsamen Campieren im Türkenschanzpark in Währing. Als die Nächte zu kalt wurden, teilten sich die vier Angeklagten mit dem 58-Jährigen ein Hotelzimmer in Rudolfsheim-Fünfhaus. Der 55-jährige Erstangeklagte lebte mit seiner 41-jährigen Gefährtin - der Zweitangeklagten - seit neun Jahren in Wien auf der Straßen. Die weiteren Beschuldigten, ein 55-jähriger Straßenmusiker und sein 17-jähriger Sohn, kamen zum Betteln nach Wien. Am Abend des 16. März 2017 kamen zunächst die vier Angeklagten mit drei Flaschen Wodka in das Hotelzimmer. Dort tanzten die Älteren ausgelassen zu Musik, während der 17-Jährige mit seinem Handy spielte.

 

Brennende Zigarette auf Körper ausgedämpft

Kurze Zeit später kam der 58-Jährige hinzu, um - wie schon so oft - ebenfalls in dem Zimmer zu übernachten. Doch plötzlich kippte die Stimmung, als die 41-jährige Frau behauptete, dass der 58-Jährige vor ihr onaniert hätte. Ihr Lebensgefährte ging gemeinsam mit der Frau auf den Mann los, indem sie ihn festhielten, ihm die Hose hinunterzogen und brennende Zigaretten auf seinem Penis ausdämpften. "Er hat laut geschrien und gesagt, sie sollen aufhören", berichtete der 17-jährige Angeklagte dem Schwurgerichtsvorsitzenden Norbert Gerstberger. Sie begannen, ihn zu schlagen - zunächst mit der flachen Hand und dann mit den Fäusten - und traten auf den Mann ein.
 
Auch der Straßenmusiker half bei den Schlägen, sagte sein Sohn, der ebenfalls Hiebe und Tritte zugab. Im Zuge der Übergriffe in der Nacht auf 17. März 2017 soll der 58-Jährige auch heftig gewürgt worden sein. Wer für welche Tathandlungen verantwortlich ist, wollte keiner der Obdachlosen so richtig zugeben. Vielmehr beschuldigten sich die vier gegenseitig. "Im Zuge des Streits hat das eine gewisse Eigendynamik entwickelt", stellte die Staatsanwältin fest.
 
Die Gruppe schleppte den bereits mit blauen Flecken übersäten Mann ins Badezimmer und legte ihn in die Badewanne. Zunächst quälten die Angeklagten den 58-Jährigen, indem sie ihn abwechselnd mit kaltem und heißem Wasser abbrausten. Danach soll der Erstbeschuldigte ein Handtuch nass gemacht und damit dem Mann gegen das Geschlechtsteil geschlagen haben.
 
Am nächsten Tag lag der 58-Jährige tot im Zimmer. Die vier reinigten die Räumlichkeiten, holten Müllsäcke und entsorgten die blutige Bettwäsche sowie die Kleidung des Opfers. Die Leiche versteckten sie zunächst im Bettzeugkasten, um sie nach ein paar Stunden in einem Einkaufstrolley zu einem Recyclingcontainer für Plastikmüll zu bringen. Der Container wurde abgeholt und zu einem Entsorgungsbetrieb nach Graz gebracht. Fünf Tage später wurde der Tote entdeckt.
 
Mittels DNA-Spuren in der Bettwäsche konnte zunächst der Erstangeklagte ausgeforscht werden. Der Mann ist nicht nur in Österreich, sondern auch in seiner Heimat vorbestraft. Dann wurden die vier per internationalem Haftbefehl in der Slowakei festgenommen und nach Österreich ausgeliefert.
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