Die Preisunteschiede für die Nachhilfestunden sind enorm.
Der Schulbeginn rückt näher und für viele Schüler geht jetzt das große Lernen wieder so richtig los: Denn 65.000 Fünfer hagelte es im Juli in die Zeugnisse der Schüler.
Für die Fünfer-Kandidaten heißt es jetzt büffeln, um die Klasse nicht wiederholen zu müssen – zumeist wird dafür Nachhilfe in Anspruch genommen.
Fakt ist: Bereits jeder fünfte Schüler braucht Lernhilfe, um die Schule zu schaffen. Das sind in Österreich mittlerweile immerhin 240.000 Kinder.
Ihre Eltern geben mittlerweile 165 Millionen Euro jährlich dafür aus. Manche Familien überweisen bis zu 3.000 Euro im Jahr an Nachhilfeinstitute und Privatlehrer.
Nachhilfe-Kosten sind um 18 Prozent gestiegen
Dabei sind die
Kosten für private Nachhilfe im Vergleich zum Vorjahr durchschnittlich um
enorme 18 Prozent gestiegen.
Lerninstitute verlangen immerhin 14 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. „Jeder Preis wird von Angebot und Nachfrage bestimmt, offensichtlich ist die Nachfrage entsprechend hoch“, erklärt Manuela Delapina von der Arbeiterkammer.
Enorme Preisunterschiede
Die AK hat kürzlich einen
Preisvergleich bei 77 Privatanbietern und 27 Lerninstituten durchgeführt.
Neben den Preiserhöhungen zeigt die Analyse auch große Preisunterschiede. An
den Lerninstituten kostet Einzelunterricht zu 60 Minuten im Schnitt 30 Euro.
Am teuersten ist Englischnachhilfe bei „Enex – English Experts“ mit 49 Euro.
Den günstigsten Preis bekommt man beim Lerninstitut MAS mit 16,8 Euro.
Billiger ist der Unterricht in der Kleingruppe mit maximal fünf Schülern: Durchschnittlich 18 Euro. Die Preise reichen aber von 27,8 Euro beim Lernquadrat bis zu 7,50 Euro bei Club International. Grundsätzlich günstiger ist das Lernen bei privaten Anbietern. Dabei sollte man allerdings genau auf die Qualifizierung der Lehrer achten, rät die Arbeiterkammer.
Sogar Volksschüler nehmen Nachhilfe
Alarmierend ist, dass
bereits sechs Prozent der Volksschüler Nachhilfe in Anspruch nehmen.
In der Hauptschule sind es 15 Prozent, in der AHS-Unterstufe 28 Prozent. Zusätzlich müssen immer mehr Eltern (56 Prozent) ihren Kindern täglich bei den Hausübungen helfen.
„Das ist unerträglich“, sagt Bildungsministerin Claudia Schmied zu der „absurden“ Entwicklung, dass auch Volksschüler ohne Lernhilfe nicht weiterkommen.
Sie will Nachhilfeunterricht zum absoluten Ausnahmefall machen. Dazu soll es durch den Ausbau der Ganztagsschulen kommen.
Ärmere Familien besonders im Nachteil
Heftige Kritik am
Nachhilfe-Boom kommt mittlerweile von allen Seiten: „Das gehört abgestellt“,
fordert AK-Präsident Herbert Tumpel. Und Bildungsexperte Andreas Salcher
ergänzt: „Das ist schlichtweg ein Skandal.“
Christiane Humer, Geschäftsführerin von der „Schülerhilfe“, wehrt sich gegen die Kritik an der Nachhilfe. „Wir machen gute Arbeit. Wir haben eine Erfolgsquote von 95 Prozent, und unsere Qualität wird regelmäßig kontrolliert.“ Humer betont, dass besonders für die Nachprüfungen Unterstützung wichtig ist: „Man kann das ja fast nicht alleine schaffen.“
Claudia Schmied: "Entwicklung ist unterträglich" ÖSTERREICH: Die Nachhilfe boomt und wird immer teurer. Was sagen Sie dazu, dass sogar Volksschüler Nachhilfe brauchen? Claudia Schmied: Das ist unerträglich. Aus meiner Sicht hat das zwei Gründe: Möglicherweise gelingt die Vermittlung im Unterricht nicht so gut, und der enorme Notendruck, vor allem in der 4. Klasse, trägt dazu bei. Die Kinder müssen möglichst lauter Einser haben, um das Wunschziel Gymnasium zu erreichen. Wir müssen das entkrampfen und den Kindern diesen unsinnigen Druck nehmen. Daher mein Plädoyer für die gemeinsame Ausbildung bis 14 in der Neuen Mittelschule. Und dann erst muss man sich entscheiden, wie es weitergeht. Mit neun oder zehn Jahren ist das einfach zu früh und führt zu der Absurdität, dass bereits Volksschulkinder Nachhilfeunterricht bekommen. ÖSTERREICH: Was schlagen Sie vor, damit die Nachhilfekosten künftig nicht so hoch sind? Schmied: Mein Ziel als Ministerin ist, dass in der Schule die Lernvermittlung und Motivation so gut gelingt, dass Nachhilfe der absolute Ausnahmefall ist oder wirklich nur temporär notwendig wird. Aber es soll keine Dauerbelastung für die Eltern mehr sein. Ganztägige Schulformen sind hier sehr wichtig, vor allem die Abwechslung von Lernzeit, Förderung und Betreuung, Kunst, Bewegung und Sport. Das fördert die Motivation und die Leistungsbereitschaft. Der Ausbau der ganztägigen Schulformen im Sinne eines Angebots ist mein Ziel. Im September können wir österreichweit an 81 Schulen diese Ganztagsbetreuung anbieten – nur als ersten Schritt. ÖSTERREICH: Sollte es nicht in jedem politischen Bezirk eine Ganztagsschule geben? Schmied: Ich bin eine Verfechterin einer angebotsorientierten Bildungspolitik. Das Angebot muss für die Eltern da sein, die es brauchen. Ich würde es nicht an Sprengelgrenzen festmachen. Wir beginnen nun mit 81 Schulen und wollen das verzehnfachen, also auf mindestens 800 bis 1.000 Schulstandorte, vor allem im Pflichtschulbereich, in den nächsten zwei bis drei Jahren kommen. ÖSTERREICH: Ärmere Familien können sich Nachhilfe nicht leisten. Wie kann man sie unterstützen? Schmied: Wir müssen alles dafür tun, dass Nachhilfe gar nicht erst entsteht. Die Schule muss endlich chancengerechter werden. Insofern halte ich nicht so viel davon, Nachhilfe finanziell zu fördern. Ich will früher ansetzen. ÖSTERREICH: Haben Sie als Schülerin Nachhilfe gebraucht? Schmied: Ja, aber nur temporär, in Latein. |