Die verhafteten Tschetschenen schweigen weiter. Es wird aber immer mehr über sie bekannt. Die Tschetschenen-Community outete nun "alten Freund" als Todesschützen.
Bei dem Haupttäter, der den Youtube-Blogger Mamikhan U. alias „Anzor aus Wien“ alias „Martin Beck“ (so sein Deckname) zum fingierten Autokauf in Gerasdorf in die Todesfalle gelockt hat, soll es sich um den siebenfachen Vater Sar-Ali A. handeln, der als Flüchtling in Haid bei Linz lebt und in der Community sowie auf Facebook als „alter Freund“ bzw. „Kumpel“ (übersetzt aus dem Russischen) bekannt ist. Jetzt wird er geoutet als „Schlampe, die unseren Bruder getötet hat“. Der Sozialhilfeempfänger und Leiharbeiter wurde Samstagabend auf der Flucht in seinem silbernen Audi geschnappt.
Auch Bruder getötet?
Sar-Ali A. soll gegen einen Killer-Sold von mindestens 10.000 Euro den vehementen Kritiker des totalitären tschetschenischen Machthabers Ramsan Kadyrow in die Falle gelockt und erschossen haben. Das Opfer schrieb einem Freund, dass sogar fünf Millionen Dollar auf ihn ausgesetzt wären. Fünf Kugeln trafen den 43-jährigen Regimekritiker, eine davon in den Kopf. Laut einem anderen bekannten Kadyrow-Gegner wurde Mamikhan U.s Bruder zuvor getötet und seine Mutter gefoltert, um den Aufenthaltsort des Sohnes herauszufinden, der selbst aber Polizeischutz ablehnte, gleichzeitig allerdings Freunde fragte, wo er eine kugelsichere Weste bekommen könnte.
Patronen
Sein mutmaßlicher Killer ist als Waffenschmuggler vorbestraft, der einst 1.000 Patronen des Kalibers 45 für Automatikpistolen von Russland in die Ukraine bringen wollte.
Er behauptet von sich – wie auch das Opfer und der zweite verhaftete mutmaßliche Mittäter Salman M. – in Tschetschenien Polizist gewesen zu sein. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.
Hinrichtung von Blogger wird jetzt zum Polit-Thriller
Die Hauptspur, wer die Hinrichtung von Mamikhan U. in Auftrag gegeben und bezahlt hat, führen zu Tschetscheniens Machthaber Kadyrow. Gegen den hatte „Anzor von Wien“ auf wütende und wüste Weise gewettert. Bis zu 500.000 User sahen die Youtube-Videos, in den er den Putin-Freund und „Kaukasus-Tyrannen“ sowie seine Familie heftigst durch den Kakao zog.
In einem ukrainischen Online-TV-Kanal behauptete das spätere Mordopfer (das mit unserem Staatsschutz zusammengearbeitet haben will) im Februar überdies 2014 bzw. 2015 mit drei Morden in der Ukraine beauftragt worden zu sein, die Attentatspläne bezüglich eines Ehepaars und eines Politikers aber an den ukrainischen Geheimdienst und angeblich die österreichischen Behörden verraten zu haben. Ist hier das wahre Motiv zu suchen?
(kor)